Wie umgehen mit den Folgen einer erratischen Wirtschaftspolitik?
Das Jahr 2025 bedeutet eine Zäsur für Unternehmen in vielen Ländern der Welt. Eine verlässliche, durch den Westen dominierte Weltwirtschaftsordnung und eine berechenbare Politik besonders der größten Volkswirtschaft der Welt, ist mit Donald Trump und seiner Regierungsmannschaft wohl Vergangenheit. Stattdessen wird erratisch agiert und regiert getreu dem Motto: „Nichts ist verlässlicher als die Unzuverlässigkeit der eigenen Politik“.
Warum eine erratische Wirtschaftspolitik eine große Gefahr darstellt
Unvorhergesehen werden Zölle erhöht, gesenkt oder ausgesetzt. Alte Gewissheiten zu Handelspartnerschaften werden in Frage gestellt. So prüft die amerikanische Regierung derzeit kritisch die Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) und hat aktuell sogar die Zahlungen für 2024 und 2025 ausgesetzt.
Doch man sollte nicht nur die aktuelle amerikanische Regierung nennen, wenn von erratischer (Wirtschafts-)Politik die Rede ist. Auch die „Ampel-Regierung“ in Deutschland kann hier genannt werden. Drei Beispiele von vielen zeigen, wie schwierig es für die deutsche Wirtschaft in der letzten Regierungsperiode war, eine verlässliche Orientierung von der Politik zu bekommen:
- Verbrenner-Aus oder doch nicht? Zunächst stimmt die Bundesregierung dem EU-Verbrenner-Aus zu, dann gab es auf Druck der Regierungspartei (!) FDP eine halbe Rolle rückwärts und die bekannte Ausnahme mit den E-Fuels.
- Im gleichen Jahr sorgte das Bundeswirtschaftsministerium um Robert Habeck mit dem Gebäudeenergiegesetz für Verwirrung. Es entstand der Eindruck, als ob es kaum mehr eine Flexibilität bzgl. der genutzten Heizung gibt und es einen Zwang zum Einbau einer ökologischen Heizungsvariante bei Bestandsgebäuden geben wird. Das Gesetz hat für große Verunsicherung bei Hauseigentümern, Sanitärbetrieben und Heizungsherstellern gesorgt und wurde nach viel Kritik mehrfach angepasst.
- Ein weiterer Fall war der abrupte Ausstieg der Bundesregierung aus dem Förderprogramm für E-Autos (inkl. Hybrid) im Dezember 2023, das eigentlich bis Ende 2024 laufen sollte.
Auswirkungen erratischer Wirtschaftspolitik auf Unternehmen
Schauen wir nun auf die Auswirkungen eines erratischen Politikstils auf die Wirtschaft. Inwieweit sind Unternehmen von einer erratischen Wirtschaftspolitik betroffen und welche Auswirkungen sind in der Regel zu erwarten?
- Ein erster Aspekt ist die Unsicherheit hinsichtlich der Planung und Budgetierung. So hat etwa der erwähnte abrupte Ausstieg aus dem Förderprogramm für E-Autos den Absatz in 2024 massiv beeinflusst. Langfristig betrachtet verlieren aber nicht nur kurz- und mittelfristige Budgets an Haltbarkeit, sondern auch damit verbundene Strategien. Diese orientieren sich auch an politischen Rahmenbedingungen. Ändern sich diese plötzlich und unerwartet, dann werden zum Beispiel strategische Investitionen riskanter und die ursprüngliche bewertete und akzeptierte Strategie führt dann nicht mehr zum Erfolg (siehe das Beispiel Zölle bei Exporten in die USA).
- Ein zweiter Aspekt ist der geänderte Entscheidungsrahmen für das Management. Die mit einer erratischen Politik verbundene Volatilität erhöht das Risiko bei unternehmerischen Entscheidungen, speziell dann, wenn dies in stark regulierten Industrien der Fall ist. Unternehmen müssen sich intensiver mit denkbaren (und auch undenkbaren – siehe die Zollpläne USA!) –Szenarien beschäftigen, dafür Expertise entwickeln und Ressourcen bereitstellen.
- Ein weiterer Aspekt ist der Vertrauensverlust bei den Stakeholdern. Obwohl die Ursachen nicht von den Unternehmen selbst verantwortet werden, wirken sich die Folgen einer erratischen Politik direkt auf die Vertrauensbeziehung zu Mitarbeitern, Gesellschaftern oder Banken aus. Bei Unsicherheit könnten besonders qualifizierte Mitarbeiter sich beispielsweise zu Unternehmen wegbewerben, die in einem sicheren und weniger von der Politik beeinflussten Umfeld agieren.
Mögliche Maßnahmen zur Anpassung der Planung und Steuerung
Wie sollen Unternehmen auf solche Auswirkungen einer erratischen Politikführung reagieren? Meine Antwort darauf, und das wird wenig überraschen, zeigt, dass das Controlling hierbei eine zentrale Rolle spielt, indem Planung und Steuerung den neuen politischen Gepflogenheiten angepasst werden. Fünf mögliche Maßnahmen zeigt Tab. 1 auf.
Mögliche Maßnahmen zu Anpassungen | Beschreibung der Anpassung |
Strategien flexibler ausgestalten | Starre Ausrichtung z.B. auf einen Standort oder |
Szenarioplanungen erweitern | Die klassischen Szenarioplanungen um die |
Risikomanagement anpassen | Bei der Risikoidentifikation und -bewertung die |
Kulturelle und organisatorische Resilienz | Unternehmen und deren Mitarbeitende sollten |
Rolling Forecasts und flexible | Über ein angepasstes Forecasting einen stets |
Tab. 1: Mögliche Maßnahmen auf die Herausforderungen einer erratischen Wirtschaftspolitik
Zentrale Controlling Themen sind hierbei die Erarbeitung einer angepassten operativen Planung und Steuerung, in der Rolling Forecasts sowie eine flexible Budgetierung forciert werden, um schneller und flexibler unterjährig agieren zu können. Dies ist für die Controlling-Community nichts Neues, da diese Lösungen bereits seit Jahren Gegenstand der Diskussionen um die Weiterentwicklung der Planung und Budgetierung sind. Trotzdem gibt es in der Praxis besonders bei Rolling Forecasts noch deutlich Aufholbedarf.
Auch die Erweiterung der Szenarioplanung um Aspekte der nationalen und internationalen Wirtschaftspolitik sollte selbstverständlich sein und fällt in den Aufgabenbereich des Controllings. Man darf sich sicher sein, dass verschiedene Zollsätze für den Export deutsche Industriegüter neuerdings Gegenstand von Szenarioplanungen z. B. in der Automobilindustrie, dem Maschinenbau oder der Pharmabranche sind. Andere unerwartete, aber mögliche wirtschaftspolitische Entscheidungen sollten ebenfalls in die Szenarioplanungen eingearbeitet werden (z. B. was passiert auf Unternehmensebene aufgrund eines dramatischen Dollarverfalls wegen falscher und unerwarteter politischer Entscheidungen der US-Regierung?).
Schließlich liegt nahe, auch das Risikomanagement an mögliche Auswirkungen anzupassen. Auch hier sollte das Controlling, sofern das Risikomanagement nicht vom Controlling Bereich selbst betrieben wird, mitwirken und Einfluss nehmen. Es gelten im Großen und Ganzen die ähnlichen Empfehlungen wie bei der Anpassung der Szenarioplanung.
Auch hinsichtlich der Maßnahmen Strategie und Resilienz sollte das Controlling Impulse geben und an den notwendigen Anpassungen mitwirken.
Im Übrigen sind auch im Kontext der erratischen Wirtschaftspolitik die Empfehlungen aus meiner Kolumne in CM 4/2025, S. 52, die sich mit makroökonomischen Herausforderungen beschäftigt hat, unverändert richtig. Dort habe ich die dazu von der ICV-Ideenwerkstatt erarbeiteten Ideen skizziert und aufgezeigt, wie wichtig Resilienz, Flexibilität und Prognosefähigkeit zur Bewältigung geopolitischer Verwerfungen und daraus abgeleiteter ungeplanter Änderungen der Regierungspolitik sind.
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