Controller als Co-Pilot: Planungsprozesse mit kleinen Veränderungen optimieren


Controller als Co-Pilot: Planungsprozesse optimieren

Wie lässt sich eine unternehmensweite Planungslösung gezielt weiterentwickeln? Sebastian Hergenhahn berichtete über die Erfahrungen von Henkell Freixenet. Schwerpunkt des Vortrages waren die Erhöhung der gruppenweiten Transparenz und die strategiekonforme sowie effiziente Definition von Zielen.

Henkell Freixenet ist mit einem Nettoumsatz von ca. 1,2 Mrd. Euro und über 3.600 Mitarbeitenden (Quelle: Henkell Freixenet, Geschäftsjahr 2023) ein führender internationaler Hersteller von Schaumweinen, Weinen und Spirituosen. Grundsätzlich agiert Henkell Freixenet in einem stabilen Umfeld, das aufgrund geringer Marktvolatilität ein hohes Maß an Kontinuität bietet. Allerdings haben die multiplen Krisen der letzten Jahre zu einer hohen Volatilität auf der Verbraucher- und Beschaffungsseite sowie zu signifikanten Kostensteigerungen geführt. Aufgrund dieser Entwicklung wird eine erhöhte Transparenz und Vergleichbarkeit bezüglich der Märkte und Produktionsstandorte erforderlich, um die zukünftige gruppenweite, strategische Zieldefinition sowie Entscheidungsfindung zu optimieren. Sebastian Hergenhahn, Head of Controlling bei Henkell Freixenet, berichtet, welche Optimierungsmaßnahmen hierfür gewählt wurden.

Erweiterung des Berichtswesens

Um die notwendige Transparenz zu erhalten und die gruppenweite Vergleichbarkeit zu erhöhen, werden die bisher berichteten Legal Entities zukünftig in vier Blöcke untergliedert:

  • Cost Center
  • Profit Center
  • Unit for international functions (anteilige Overheads)
  • Reconciliation Unit (Überleitung und Sonstiges)

Die Summe dieser vier Blöcke ergibt die Legal Entity, wodurch historische Brüche vermieden werden können. Aufgrund des gewählten Ansatzes, basierend auf den bereits verfügbaren Informationen, können die neuen Perspektiven ohne nennenswerte Mehraufwände durch die meldenden Gesellschaften generiert werden. Anhand eines konkreten Beispiels (inkl. entsprechendem Berichtsauszug) wurde die automatisierte, regelbasierte Differenzierung in Profit Center und Cost Center verdeutlicht. Bei den Umsätzen wird beispielsweise in einem Cost Center der Gesamtumsatz abgebildet, wohingegen die IC-Umsätze bei den Profitcentern extrahiert werden, um ausschließlich den externen Umsatz darzustellen.

Der größte Mehrwert der neuen Untergliederung liegt darin, dass Profit Center und Cost Center übergreifend verglichen werden können. Somit kann beispielsweise ein Benchmarking der Produktivität der Werke erfolgen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die neuen Perspektiven nicht nur Transparenzgewinne für das Beteiligungscontrolling bieten, sondern auch die Basis für Maßnahmen in der zentralen Steuerung und Planung bilden. 

Entwicklung der neuen Planungslösung "House of Budget"

Für die zentrale Planung und Steuerung auf Gruppenebene wurden in der Gruppenstrategie vier strategische Key Performance Indicators (KPI) definiert:

  • Contribution Margin (CM)/Deckungsbeitrag
  • Marketing Budget,
  • Net Revenue/Nettoumsatz und
  • EBITA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände). 

Allerdings standen die einzelnen Tochtergesellschaften größeren Herausforderungen bei der Integration dieser KPIs in die operative Steuerung gegenüber. Deshalb wurde das "House of Budget" entwickelt, um die strategischen Ziele effizient in operative Ziele zu überführen. Dafür wurde ein Gegenstromverfahren konzipiert, welches einen Top-down-Ansatz mit aggregierten Zielen und einen Bottom-up-Ansatz für die operative Planung kombiniert. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Unternehmen geeignete operative Ziele definieren, welche an der langfristigen Strategie der Gruppe ausgerichtet sind.

Die strategischen Gruppenziele der definierten Kennzahlen werden zunächst auf die zu planenden Jahre und die Marken heruntergebrochen. Dabei sind die Kennzahlen eng miteinander verknüpft, um die Auswirkungen im Hinblick auf die Bedeutung und Relevanz für die einzelnen Marken aufzuschlüsseln. Im nächsten Schritt wird die erwartete Marktstärke der Marken abgeleitet und die Kennzahlen in Bezug auf die Markenunterstützung bewertet. 

Darauf aufbauend können abschließend volumen- und wertorientierte Treiber definiert werden, welche als strategische Top-Down-Ziele für die folgenden operativen Teilpläne dienen:

  • Brand Power Circle: Operatives Marketing-Budget
  • Sales Power Circle: Operative Vertriebsplanung
  • Supply Power Circle: Beschaffungsplanung
  • Finance Power Circle: Ableitung der Finanzplanung aus den Teilplänen

Budgetplanungen und Budgetanalysen

Die Bottom-up erstellten Budgetplanungen werden dann mit den strategischen Zielwerten verglichen und im Rahmen von Budgetanalysen diskutiert. Dabei liegt der Fokus auf den Kennzahlen und Perioden, welche signifikant von den Zielkorridoren (z.B. Umsatzwachstum) abweichen. Die Zielkorridore werden durch einen Matrix-Ansatz auf Basis von definierten Hypothesen und den Top-Down-Treibern abgeleitet und stehen in der Jedox-Planungslösung zur Verfügung. Direkt nach dem Upload der operativen Planungen durch die Gesellschaften wird das Ergebnis integriert und automatisiert mit dem Zielkorridor verglichen. Ausreißer können in Echtzeit identifiziert und kommentiert werden.

Abschließend wurden im Rahmen des Vortrags noch die Jedox-Planungsmasken inkl. Funktionalitäten (z.B. Splashing und Echtzeit-Visualisierung) vorgestellt sowie Beispiele für die Budgetanalyse verschiedener Kennzahlen auf Basis der abgeleiteten Zielkorridore präsentiert.

Verbesserte Qualität der Entscheidungen

Durch die neu gewonnene Transparenz, die sich aus der Nutzung verfügbarer interner (historischer) Daten, der Anreicherung mit externen Daten (z.B. Marktentwicklung) und der Schaffung von Vergleichbarkeit ergibt, wird die Qualität der Entscheidungen nachhaltig verbessert. Zudem werden mögliche Erweiterungen um KI-Funktionalitäten, wie beispielsweise eine automatisierte Monatsverteilung der Planwerte, diskutiert. Grundsätzlich ist dies basierend auf historischen Daten möglich, jedoch bringt es Herausforderungen mit sich, wie beispielsweise

  • Umgang mit Ausnahmen (z.B. Abschluss eines neuen Großvertrags), 
  • fehlendes Commitment ("Wer trägt die Verantwortung bei Zielverfehlungen?"),
  • Nachvollziehbarkeit der Verteilungsparameter.

Seit der Entscheidung zur Einführung von Jedox im Jahr 2012 haben sich sowohl die internen Planungs- und Steuerungslösungen als auch das Tool selbst kontinuierlich weiterentwickelt. Dabei wurden Limitationen insbesondere hinsichtlich der Performance des Tools und des internen Know-How-Aufbaus zur Weiterentwicklung der implementierten Lösungen identifiziert. Eine weitere Herausforderung stellt der Wechsel ("Change") von einer reinen Bottom-up-Planung zu einem Matrix-Ansatz dar. Die legal autonomen Einheiten werden zukünftig bereits in der operativen Planung mit der strategischen Gruppenerwartung konfrontiert und die Abweichungen werden entsprechend diskutiert.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass durch die genannten Veränderungen – Erhöhung der gruppenweitern Transparenz sowie die strategiekonforme Zieldefinition – die Qualität der strategischen Entscheidungen und die Effizienz der Planung von Henkell Freixenet wirkungsvoll optimiert werden konnten und die Basis für kontinuierliche Weiterentwicklungen bilden.

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Schlagworte zum Thema:  Planung, Prozessoptimierung, Kennzahl, Strategie, Steuerung