Bezugsgrößen in Berichten können Verwirrung stiften

Wenn sich Vergleichswerte auf unterschiedliche Größen beziehen, kann ein Bericht den Leser verwirren. Wie können Controller mit unkontrollierbaren Vergleichen im Reporting umgehen? 

Eine besondere Form unterschiedlicher Definitionen stellen unterschiedliche Bezugsgrößen in den Vergleichen dar. Die inhaltlichen Definitionen stimmen überein, also Umsatz ist Umsatz, die Ausschussquote ist der Anteil der schlechten Ergebnisse an allen Ergebnissen und die Produktionsleistung ist die Leistung aller Maschinen. Verwirrung stiftet die Situation, in der sich Vergleichswerte auf unterschiedliche Größen beziehen. Dann stimmen z. B. die Zeiträume nicht überein oder die Berechnungen betreffen verschiedene Bereiche.

Wenn der Controller auf Vergleichswerte keinen Einfluss hat 

Dieses Durcheinander ist typisch für Berichte, in denen Vergleichswerte verwendet werden, auf die der Controller keinen Einfluss hat.

  • Alte Werte aus früheren Jahren können andere Zeiträume beinhalten oder andere Objekte in die Berechnung einschließen (z. B. die Anlagen der Hauptkostenstellen und die Anlagen aller Kostenstellen).
  • Beim Vergleich von Kennzahlen zwischen Unternehmen ist nicht immer klar, worauf sich die einzelnen Werte beziehen (z. B. Anzahl Mitarbeiter inklusive oder exklusive der Leiharbeitnehmer).
  • Werden Durchschnittswerte aus Veröffentlichungen mit eigenen Daten verglichen, steht nicht sicher fest, welche Unternehmen die Zahlen für die Durchschnittsberechnung geliefert haben (z. B. Kostenzahlen aus dem Unternehmensverband).

Vergleichswerte vage halten 

Jeder Controller wird in seiner Karriere immer wieder mit solchen unkontrollierbaren Vergleichen konfrontiert. Meist ist damit der Vorwurf verbunden, das eigene Unternehmen schneide im Vergleich schlecht ab. Das Argument dagegen, nämlich die unbekannte Bezugsgröße des Vergleichswerts, hilft auch dem Zahlenjongleur, verlangte Vergleichszahlen möglichst vage zu halten.

Beispiel: Unternehmensvergleich

Der Controller eines mittelständischen Unternehmens der Textilindustrie hat zur Festlegung des Werts „Umsatz pro Mitarbeiter”, der mit dem Branchenwert verglichen werden soll, alle Optionen aufgeführt. Er bezieht sich auf die folgende Datenbasis:

Umsatz brutto

104

Mio. Euro

Umsatz netto

100

Mio. Euro

Anzahl Mitarbeiter (Köpfe)

756

ohne Leiharbeitnehmer und ohne Azubis

Anzahl Mitarbeiter (FTE)

706

ca. 100 Teilzeitkräfte

Anzahl Leiharbeitnehmer

75

regelmäßig

Anzahl Azubis

25

alle Bereiche

Der Nettoumsatz ergibt sich nach der Verbuchung von Werbekostenzuschüssen und Boni. Von den 756 tatsächlich zu zählenden Mitarbeitern arbeiten 100 in Teilzeit. Umgerechnet in Vollzeitstellen ergeben sich 706 FTE (Full Time Equivalents). Außerdem werden ständig 75 Leiharbeitnehmer und 25 Auszubildende beschäftigt.

Aus diesen Daten lassen sich durch den Bezug auf die unterschiedlichen Größen auch mehrere Kennzahlen errechnen.

Umsatz pro Mitarbeiterbruttonetto

Köpfe

137.566

132.275

FTE

147.309

141.643

Köpfe + Azubis

133.163

128.041

Köpfe + Azubis + Leiharbeitnehmer

121.495

116.822

FTE + Azubis

142.271

136.799

FTE + Azubis + Leiharbeitnehmer

129.032

124.069

Der Branchenwert liegt nach einer Angabe des Unternehmensverbandes bei 130.000 Euro. Da nicht feststeht, wie die einzelnen Unternehmen gemeldet haben, ist die Bezugsgröße unbekannt. Je nach Wunsch kann der Controller jetzt eine seiner Kennzahlen dagegen vergleichen. Soll der Erfolg des Unternehmens betont werden, dann kann er z. B. mit 147.000 Euro Umsatz pro Mitarbeiter einen wesentlich höheren Wert melden. Will das Unternehmen eher bescheiden sein, wird ein Wert in der Nähe des Branchendurchschnitts berichtet.

Richtige Bezugsgröße auswählen 

Dieses Beispiel zeigt, dass Vergleichswerte nicht immer vom Controller kontrolliert werden können. Gleichzeitig hat der Controller die Möglichkeit, die Bezugsgröße auszuwählen, die dem Interesse des Unternehmens am besten dient. Eine Situation mit unkontrollierten Bezugsgrößen kann auch intern im Unternehmen entstehen.

Controller müssen Plausibilität der Daten prüfen 

Wenn der Controller einen Vergleich mit unbekannten Bezugsgrößen vornimmt, sollte er zunächst die Plausibilität der Daten prüfen. Stimmt die Größenordnung? Stimmt die Entwicklungsrichtung? Nur so können allzu auffällige Ergebnisse, die zu intensiven Nachfragen führen könnten, vermieden werden.

Beispiel: Wechsel des Geschäftsjahrs

Das Unternehmen, das der Controller untersuchen soll, hat vor drei Jahren sein Geschäftsjahr auf das Kalenderjahr umgestellt. Dadurch entstand ein Rumpfjahr von nur 10 Monaten Länge. Jetzt muss der Controller über den Umsatz berichten und versucht, einen Umsatzvergleich mit den Vorjahren zu erstellen.

JahrLänge (Monate)Umsatz (TEuro)

t

12

1.200

t-1

12

1.100

t-2

12

1.010

t-3

10

980

t-4

12

900

Um den Bericht mit einem korrekten Zeitbezug fertigzustellen, könnte der Controller aus dem Umsatz der 10 Monate einen Umsatz für 12 Monate errechnen. Das würde aber nicht den Tatsachen entsprechen, da dieser Umsatz definitiv nicht erzielt wurde. Die Verwendung der unveränderten Vergleichswerte lässt die gute Leistung in t-3 verschwinden. Ein Hinweis auf die unterschiedlichen Bezugsgrößen für die Kennzahl geht im Bericht oft unter. Hier muss der Controller mit Blick auf den gewünschten Effekt seines Berichtes entscheiden.

Bericht gestalten 

Wenn der Controller keinen Einfluss auf die Bezugsgrößen seiner Vergleichswerte hat, muss er seinen Bericht "um die Verwirrung herum" gestalten. Er kann unterschiedliche Bezugsgrößen aber auch für seine Zwecke einsetzen. Das macht er, um besondere Entwicklungen zu betonen.

Beispiel: Unterschiedliches Wachstum

Der Controller hat einen wesentlichen Anteil daran, dass ein neuer Produktbereich vor einem Jahr aufgenommen wurde. Er entwickelt sich sehr positiv, glaubt der Controller, was allerdings von vielen Seiten im Unternehmen angezweifelt wird. Um dennoch die Richtigkeit der Entscheidung zu beweisen, veröffentlicht der Controller zum Wachstum der Unternehmensbereiche den folgenden Bericht:

Bereich 1 (bisheriges Programm)

+ 3 %

Bereich 2 (neues Programm)

+ 10 %

Nach einiger Kritik aus der Geschäftsführung musste der Controller seinen Bericht um die Bezugsgröße erweitern. Jetzt wird die Aussage des größeren Wachstums relativiert.

UnternehmensbereichUmsatz aktuellWachstum EuroWachstum %

Bereich 1 (bisheriges Programm)

100 Mio. Euro

2,9 Mio. Euro

+ 3 %

Bereich 2 (neues Programm)

5 Mio. Euro

0,45 Mio. Euro

+ 10 %

Das obige Beispiel, der Vergleich mit Bezügen zu unterschiedlichen Datenräumen, zeigt zwei Gesichtspunkte für den Controller auf: Zum einen können seine Tricks auch auffallen und müssen dann schmerzlich korrigiert werden. Zum anderen bedeutet die korrekte Darstellung unterschiedlicher Bezugsgrößen einen erheblichen Aufwand. Der zweite Bericht ist wesentlich umfangreicher, da die Bezugsgröße erklärt werden muss. Das bedeutet mehr Aufwand für den Controller, aber auch mehr Aufwand für den Leser des Berichts.

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