Vorbemerkung

Die Kommentierung bezieht sich auf ESRS E2 zum Rechtsstand 31.7.2023 gem. Delegierter Verordnung 2023/2772, ABl. EU L v. 22.12.2023. Ergänzungen der Kommentierung beziehen sich insbes. auf die Überarbeitung der Industrieemissionsrichtlinie (Rz 9a), die Ausführungen zur Definition besorgniserregender Stoffe (Rz 24) und die Sektorleitlinien der TNFD (Rz 36a). Neu sind auch Ausführungen zur Bruttobetrachtung negativer Auswirkungen und Risiken inkl. Beispiel (Rz 36b).

1 Grundlagen

1.1 Zielsetzung und Inhalt

 

Rz. 1

ESRS E2 adressiert Angabepflichten zu Umweltverschmutzung. Die Definition von Umweltverschmutzung ist in Anhang II der delegierten Verordnung enthalten: "Die durch menschliche Tätigkeiten direkt oder indirekt bewirkte Freisetzung von Schadstoffen in Luft, Wasser oder Boden, die der menschlichen Gesundheit und/oder der Umwelt schaden oder zu einer Schädigung von Sachwerten bzw. zu einer Beeinträchtigung oder Störung von Annehmlichkeiten und anderen legitimen Nutzungen führen können."[1] Diese Definition ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 der Industrieemissionsrichtlinie (Rz 7).[2] Auch andere zentrale Definitionen, wie z. B. Emissionen, ergeben sich aus dieser Richtlinie.

In dieser Kommentierung werden die Begriffe Umweltverschmutzung und Verschmutzung synonym verwendet.

 

Rz. 2

Verschmutzung ist eines der zentralen Umweltthemen, weshalb die ESRS diesem den Themenstandard ESRS E2 widmen. Die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden stellt eine große Gefahr für die menschliche Gesundheit und Umwelt dar. Lt. WHO stehen jährlich 6,7 Mio. vorzeitige Todesfälle alleine i. V. m. Luftverschmutzung. Luftverschmutzung im Freien, die u. a. durch Industrie, Transport und Energieerzeugung verursacht wird, führte in 2019 zu 4,3 Mio. vorzeitigen Todesfällen, von denen 89 % in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auftraten.[3] In der EU haben Regulierungen zur Verringerung der Verschmutzung in den letzten Jahrzehnten bereits deutliche Erfolge erzielt. Lt. der europäischen Umweltagentur hat sich die Zahl der vorzeitigen Todesfälle in Europa aufgrund von Luftverschmutzung im Vergleich zu den frühen 1990er Jahren mehr als halbiert, die Industrie in der EU verursacht weniger Verschmutzung, und fortschrittliche Abwasserbehandlung ist in mehr und mehr Regionen implementiert, um nur ein paar Beispiele zu nennen.[4] Dennoch bleibt Verschmutzung eine besorgniserregende Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt.

Daher nimmt auch die CSRD das Thema Verschmutzung auf und erklärt in Erwägungsgrund 48: "Die Ziele einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft ohne Verschmutzung aus diffusen Quellen können nur erreicht werden, wenn es gelingt, sämtliche Wirtschaftszweige uneingeschränkt zu mobilisieren."[5] Dies verdeutlicht die sektorübergreifende Relevanz des Themas bzw. des Ziels der Vermeidung und Verminderung von Verschmutzung (ESRS E2.BC4).

 

Rz. 3

Ziel dieses Offenlegungsstandards ist es nach ESRS E2.1, dass Nutzer des Nachhaltigkeitsberichts verstehen,

  • wie das Unternehmen die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden beeinflusst, und zwar in Form von wesentlichen positiven und negativen tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen;
  • welche Maßnahmen das Unternehmen ergreift und was das Ergebnis dieser Maßnahmen ist, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen zu verhindern oder abzuschwächen sowie um Risiken und Chancen anzugehen;
  • welche Pläne und Fähigkeit das Unternehmen besitzt, um seine Strategie und sein Geschäftsmodell im Einklang mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Notwendigkeit der Vermeidung, Kontrolle und Beseitigung von Umweltverschmutzung anzupassen; damit soll eine schadstofffreie Umwelt ohne Umweltverschmutzung geschaffen werden, auch zur Unterstützung des EU-Aktionsplans "Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden";
  • was die Art, der Typ und das Ausmaß der wesentlichen Risiken und Chancen des Unternehmens sind im Zusammenhang mit den verschmutzungsbezogenen Auswirkungen und Abhängigkeiten des Unternehmens sowie die Verhinderung, Verminderung, Beseitigung oder Verringerung der Verschmutzung, einschl. der Fälle, in denen sich dies aus der Anwendung von Vorschriften ergibt, und wie das Unternehmen damit umgeht;
  • welche finanziellen Auswirkungen auf das Unternehmen kurz-, mittel- und langfristig durch die wesentlichen Risiken und Chancen, die sich aus den verschmutzungsbezogenen Auswirkungen und Abhängigkeiten des Unternehmens ergeben, zukommen.
 

Rz. 4

Diese Zielvorgaben werden z. T. in einzelnen Angabepflichten adressiert oder sind übergreifend in mehreren Angabepflichten verankert. U. a. wird die Vorgabe zur Darstellung der Maßnahmen, die das Unternehmen implementiert, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen zu verhindern, abzuschwächen oder zu beseitigen und welche Ergebnisse mit diesen Maßnahmen erzielt wurden (ESRS E2.1(b)), durch Angabepflicht ESRS E2-2 konkretisiert (Rz 48 ff.). Auch wird die Zielvorgabe aus ESRS E2.1(e) zur Darstellung der finanziellen Effekte in Angabepflicht ESRS E2-6 konkretisiert (...

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