Rz. 6

In den ESRS sollen diverse EU-Richtlinien und Verordnungen sowie weitere unionsrechtliche Instrumente, die mit den verschiedenen Themenbereichen zusammenhängen, eingebunden werden.[1] Daher ergibt sich dieser Standard aus den einschlägigen Bestimmungen der CSRD, aus der bestehenden EU-Gesetzgebung (Rz 7 ff.) sowie aus dem EU-Aktionsplan "Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden" (Rz 16) und der Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (2020) (Rz 17; ESRS E2.BC6, BC8), die im Folgenden kurz vorgestellt werden. Darüber hinaus werden diese an den entsprechenden Stellen innerhalb der Kommentierung eingeführt und, soweit relevant, vertiefend dargestellt.

Die nachfolgenden Gesetzgebungen sind solche, die explizit in den Basis for Conclusions genannt werden und daher einen erheblichen Einfluss auf den Standard haben. Darüber hinaus werden in der Kommentierung vereinzelt weitere Gesetzgebungen genannt, die u. a. als Grundlage für Definitionen dienen, aber nicht weiter vorgestellt werden.

 

Rz. 7

Eine der zentralen EU-Gesetzgebungen, die in ESRS E2 eingebunden wurde, ist die Industrieemissionsrichtlinie – RL 2010/75/EU über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung).[2] Diese dient als Neufassung diverser ehemaliger Richtlinien zum Umweltschutz, die von wesentlichem Änderungsbedarf betroffen waren. Ziel der Richtlinie ist es, die Umweltverschmutzung durch Industrietätigkeiten zu vermeiden und, wo nicht möglich, zu vermindern. Außerdem soll sie das Vorsorge- und Verursacherprinzip unterstützen.[3] Das Vorsorgeprinzip drückt aus, dass es das oberste Ziel sein sollte, Umweltverschmutzung zu verhindern bzw. zu mindern, so dass sie gar nicht erst entsteht, statt sie zu bekämpfen. Nach dem Verursacherprinzip soll der (potenzielle) Verursacher einer Umweltverschmutzung auch die Kosten für dessen Vermeidung oder Beseitigung tragen.[4] Konkret sieht die Industrieemissionsrichtlinie vor, dass Unternehmen für große Industrieanlagen und Tierhaltungsbetriebe Genehmigungen einholen müssen, welche Emissionsgrenzwerte für die Anlagen festlegen. Darüber hinaus haben die Unternehmen die Umweltleistung ihrer Anlagen zu überwachen und darüber zu berichten.[5] Diverse in den ESRS enthaltene Definitionen beziehen sich auf die Industrieemissionsrichtlinie (Rz 1).

Die Industrieemissionsrichtlinie wurde in Deutschland durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen (IndEmissRLUG) umgesetzt und hat v. a. Änderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrwG) herbeigeführt. Von der Richtlinie sind ca. 9.000 Anlagen in Deutschland betroffen.[6] Das BImSchG spricht von genehmigungspflichtigen Anlagen und enthält für diese Gruppe von Anlagen spezifische Regelungen.[7] Welche Art von Anlagen eine Genehmigung benötigen, definiert Anhang I der 4. BImSchV. Die genannten Anlagen werden in zehn Bereiche eingeteilt:

  • Wärmeerzeugung, Bergbau und Energie,
  • Steine und Erden, Glas, Keramik, Baustoffe,
  • Stahl, Eisen und sonstige Metalle einschl. Verarbeitung,
  • Chemische Erzeugnisse, Arzneimittel, Mineralölraffination und Weiterverarbeitung,
  • Oberflächenbehandlung mit organischen Stoffen, Herstellung von bahnenförmigen Materialien aus Kunststoffen, sonstige Verarbeitung von Harzen und Kunststoffen,
  • Holz, Zellstoff,
  • Nahrungs-, Genuss- und Futtermittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse,
  • Verwertung und Beseitigung von Abfällen und sonstigen Stoffen,
  • Lagerung, Be- und Entladen von Stoffen und Gemischen,
  • Sonstige Anlagen.

I. R. d. Grünen Deals der EU wurde eine Überarbeitung der Richtlinie angekündigt. Ein Vorschlag der EU-Kommission sowie die Stellungnahme des EU-Rats hierzu liegen bereits vor. Vorgesehen ist u. a. eine Ausweitung der genehmigungspflichtigen Anlagen, insbes. im Bereich Intensivtierhaltung.[8]

Die Industrieemissionsrichtlinie führt außerdem das Konzept der besten verfügbaren Techniken (BVT) ein, welche in den ESRS Anwendung finden. Der Begriff "beste verfügbare Techniken" wird in der Industrieemissionsrichtlinie definiert als effizientester und fortschrittlichster Entwicklungsstand der Tätigkeiten und entsprechenden Betriebsmethoden. Diese dienen dazu, die Emissionsgrenzwerte und Genehmigungsauflagen für die Anlagen zu bestimmen, um Umweltauswirkungen zu vermeiden bzw. zu vermindern. Der Begriff "Techniken" bezieht sich auf "die Art und Weise, wie die Anlage geplant, gebaut, gewartet, betrieben und stillgelegt"[9] wird. Im Deutschen wird auch der Begriff "Stand der Technik" verwendet; auch wenn sich die Begrifflichkeiten i.E. unterscheiden, werden im BImSchG beide Begriffe ohne eine klare Unterscheidung verwendet. Es wird klargestellt, dass die Anforderungen der BVT mind. mit dem Stand der Technik erfüllt sind, diese teilw. sogar darüber hinausgehen.[10] Das BImSchG definiert den Stand der Technik als den "Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische ...

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