Rz. 36

In Phase 2 "Auswerten" führt das Unternehmen die Auswertung der Auswirkungen und Abhängigkeiten für jeden wesentlichen Standort oder Sektor/Bereich, einschl. der Auswertung der Schwere und Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit, durch (ESRS E2.AR6).

Nach der TNFD umfasst Phase 2 "Auswerten" die folgenden Leitfragen für Unternehmen:

  • E1: Identifizierung von Umweltgütern, Ökosystemleistungen und Einflussfaktoren

    Was sind die Sektoren, Geschäftsprozesse und Aktivitäten, die analysiert werden müssen? Welche Umweltgüter, Ökosystemleistungen und Einflussfaktoren sind mit diesen Sektoren, Geschäftsprozessen, Aktivitäten und Bewertungsstandorten verbunden?

  • E2: Identifizierung von Abhängigkeiten und Auswirkungen

    Welche naturbedingten Abhängigkeiten und Auswirkungen haben wir?

  • E3: Messung von Abhängigkeiten und Auswirkungen

    Messung von Abhängigkeiten: Welches Ausmaß und welchen Umfang haben unsere Abhängigkeiten von der Natur?

    Messung von Auswirkungen: Wie groß ist der Schweregrad unserer negativen Auswirkungen auf die Natur? Welches Ausmaß und welchen Umfang haben unsere positiven Auswirkungen auf die Natur?

  • E4: Bestimmung der Wesentlichkeit der Auswirkungen

    Welche der identifizierten Auswirkungen sind wesentlich?[1]

Zur Durchführung der Abhängigkeits- und Wirkungsanalyse verweist die TNFD wiederum auch auf andere Werkzeuge wie das Natural Capital Protocol und SBTN (Rz 18), die ebenfalls an anderen Stellen in ESRS E2 verankert sind. Außerdem verweist die TNFD auf "ENCORE" (Exploring Natural Capital Opportunities, Risks and Exposure), ein Tool zum Verstehen und Visualisieren der Auswirkungen von Umweltveränderungen auf die Wirtschaft.[2] Mögliche Ergebnisse dieser Phase umfassen z. B. eine Liste relevanter Umweltgüter an den vorrangigen Standorten, eine Liste der relevanten naturbedingten Abhängigkeiten und Naturauswirkungen oder eine Bewertung dieser Abhängigkeiten und Auswirkungen.[3]

 

Rz. 36a

Die TNFD bietet bereits eine Auswahl an Sektorleitlinien an, die sich derzeit zwar noch im Entwurfsstadium befinden, aber Unternehmen der verfügbaren Sektoren bei der Anwendung des LEAP-Ansatzes unterstützen können. Derzeit stehen Entwürfe für die folgenden Sektoren zur Verfügung: Öl und Gas, Metalle und Bergbau, Forstwirtschaft und Papier, Lebensmittel und Agrarwirtschaft, Stromversorgungsunternehmen und Stromerzeuger, Chemikalien, Biotechnologie und Pharmazeutika, Aquakultur sowie für Finanzinstitute.[4]

Zur Unterstützung in der zweiten Phase bei der Identifizierung der Umweltgüter, Ökosystemleistungen und Einflussfaktoren sowie naturbedingten Abhängigkeiten und Auswirkungen enthalten die Sektorleitlinien diverse Beispiele für die verschiedenen typischen Aktivitäten des Sektors. Die Leitlinie für den Lebensmittel- und Agrarsektor enthält z. B. in Bezug auf Leitfrage E2 eine Übersicht der wichtigsten Einflussfaktoren, die mit den üblichen Geschäftstätigkeiten im Lebensmittel- und Agrarsektor verbunden sind, und die dadurch betroffenen Umweltgüter und Ökosystemleistungen (siehe für einen Auszug von praktischen Beispielen zum Thema Verschmutzung Tab. 3).

 
Geschäftsaktivität Einflussfaktoren Parameter Betroffene Umweltgüter Betroffene Ökosystemleistungen
Verwendung von Pestiziden Umweltverschmutzung/Beseitigung von Umweltverschmutzung: Schadstoffe im Boden In den Boden freigesetzte Schadstoffe, einschl. Pestizide nach Toxizitätsgrad
  • Land
  • Süßwasser-Ökosysteme
  • Meeresökosysteme
  • Atmosphärische Systeme
  • Genetisches Material
  • Bereitstellung von Biomasse
  • Bestäubung
  • Biologische Kontrolle
  • Baumschulpopulation und Lebensraumerhaltung
  • Regulierung der Bodenqualität

Tab. 3: Auszug aus den Sektorleitlinien der TNFD für den Lebensmittel- und Agrarsektor zur Unterstützung bei Leitfrage E1[5]

 

Rz. 36b

Bei Ermittlung der negativen Auswirkungen sowie Risiken und deren anschließender Bewertung stellt sich häufig die Frage der Brutto- oder Nettobetrachtung. Insgesamt tendieren die ESRS eher zu einer Bruttobetrachtung negativer Auswirkungen und Risiken, d. h., eingeführte Maßnahmen zur Minderung bzw. Begrenzung von negativen Auswirkungen und Risiken dürfen bei der Betrachtung und Ermittlung der negativen Effekte nicht gegengerechnet werden (§ 3 Rz 64).[6] Es stellt sich jedoch die Frage, welche Maßnahmen zur Reduzierung der negativen Auswirkungen und Risiken auch bei einer Bruttobetrachtung bereits als gesetzt angenommen werden dürfen. U.E. sind dies zumindest die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen bei den tatsächlichen Auswirkungen und bestehenden Risiken. Die Betrachtung von potenziellen Auswirkungen, wenn gegen die vorgeschriebenen Maßnahmen verstoßen wird, wäre dann eine gesonderte Betrachtung.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmen mit hohen Unfallgefahren unterhält umfangreiche und effektive gesetzlich geforderte Unfallverhütungsprozesse, die das Austreten gefährlicher Stoffe verhindern.

In diesem Fall sind die gesetzlich geforderten Unfallverhütungsprozesse bereits in die Betrachtung der Auswirkungen einzubeziehen...

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