Rz. 72

Vor dem Hintergrund der künftigen Prüfung der im (Konzern-)Lagebericht enthaltenen Nachhaltigkeitserklärung sind insbes. die in Anlage B zu ESRS 1 (§ 3 Rz 18 ff.) aufgeführten qualitativen Informationscharakteristika von Bedeutung. Diese beinhalten die:

  • Relevanz (ESRS 1.QC1 bis QC4),
  • wahrheitsgetreue Darstellung (ESRS 1.QC5 bis QC9),
  • Vergleichbarkeit (ESRS 1.QC10 bis QC12),
  • Überprüfbarkeit (ESRS 1.QC13 bis QC15) und
  • Verständlichkeit (ESRS 1.QC16 bis QC20) von Nachhaltigkeitsinformation.
 

Rz. 73

Ebendiese qualitativen Informationscharakteristika sind überwiegend deckungsgleich mit jenen Merkmalen, welche bereits im Zuge der Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung seitens Wirtschaftsprüfer zur Feststellung der Eignung von Kriterien i. R. d. pflichtgemäßen Ermessens heranzuziehen sind. Diese Kriterien, wie bspw. das angewandte Berichtsrahmenwerk[1], dienen als Maßstab für die Messung und Beurteilung des Sachverhalts. Das Zusicherungsniveau der prüferischen Aussage hat keinen Einfluss auf die Eignung der Kriterien. Das bedeutet, wenn Kriterien für eine Prüfung zur Erlangung einer hinreichenden Sicherheit (Rz 15) ungeeignet sind, sind diese ebenfalls nicht für eine Prüfung zur Erlangung einer begrenzten Sicherheit (Rz 14) heranzuziehen.[2] Die Anwendbarkeit der Kriterien hängt ferner von den spezifischen Umständen des Auftrags ab. Somit können für den gleichen zugrunde liegenden Sachverhalt unterschiedliche Kriterien zur Anwendung kommen.[3] Kriterien sind u. a. dann als geeignet zu betrachten, wenn alle der folgend beschriebenen Merkmale erfüllt sind:[4]

  • Relevanz: "Nur relevante Kriterien führen zu den Sachverhaltsinformationen, die den Entscheidungsprozess der vorgesehenen Nutzer unterstützen."[5] Der Entwurfsprüfstandard IDW EPS 352 (08.2022) hält ergänzend hierzu fest, dass aufgrund der teils erhöhten Mess- oder Bewertungsunsicherheit von in nichtfinanziellen Erklärungen aufgenommenen Angaben, Kriterien nur dann relevant sein können, wenn diese "[…] zusätzliche unterstützende Informationen über die Art und das Ausmaß der Unsicherheit erfordern."[6]
  • Vollständigkeit: "Kriterien sind ausreichend vollständig, wenn sämtliche relevanten Faktoren, die im Rahmen des Auftrags die zusammenfassende Beurteilung beeinflussen könnten, berücksichtigt werden."[7]
  • Verlässlichkeit: "Verlässliche Kriterien ermöglichen eine angemessen konsistente Einschätzung des zugrunde liegenden Sachverhalts, wenn sie unter ähnlichen Umständen von Personen mit ähnlicher Qualifikation angewandt werden, wobei vollständige Kriterien, sofern relevant, Bezugsgrößen für Darstellung und Angaben beinhalten."[8]
  • Neutralität: "Neutrale Kriterien tragen zu zusammenfassenden Beurteilungen bei, die frei von verzerrenden Einflüssen sind."[9] Unter einem verzerrenden Einfluss wäre bspw. Einseitigkeit zu verstehen.[10]
  • Verständlichkeit: "Verständliche Kriterien tragen zu zusammenfassenden Beurteilungen bei, die eindeutig und umfassend sind und nicht wesentlich unterschiedlich ausgelegt werden können."[11]
 

Rz. 74

Analog zu den in Rz 73 beschriebenen Merkmalen sind jene allgemeinen Grundsätze, welche der Aufstellung des Konzernlageberichts zugrunde liegen, zu verstehen. Diese sind i. S. d. DRS 20.12 ff. wie folgt definiert:

  • Vollständigkeit und Verständlichkeit,
  • Verlässlichkeit und Ausgewogenheit,
  • Klarheit und Übersichtlichkeit,
  • Vermittlung der Sicht der Konzernleitung,
  • Informationsabstufung.

Diese allgemeinen Grundsätze der (Konzern-)Lageberichterstattung werden entsprechend auch für die künftige offenzulegende Nachhaltigkeitserklärung gelten. Um sicherzustellen, dass u. a. die Grundsätze der Vollständigkeit, Verlässlichkeit und Ausgewogenheit erfüllt werden, müssen die gesetzlichen Vertreter die entsprechenden konkretisierenden Kriterien festlegen und diese Kriterien in ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung mitaufnehmen.[12]

 

Rz. 75

Ferner sollten die Kriterien den Adressaten der Berichterstattung, demnach künftig den Nutzern der Nachhaltigkeitserklärung, zur Ermöglichung der Erlangung eines Verständnisses für die Messung oder Evaluierung der Nachhaltigkeitsinformation auf eine oder mehrere Arten zugänglich gemacht werden. Hierzu zählen bspw.:[13]

  • öffentliche Zugänglichkeit,
  • Zugänglichkeit mittels klarer Kriteriendarstellung in der Berichterstattung des beauftragten Wirtschaftsprüfers oder des unabhängigen Erbringers von Bestätigungsleistungen bzw. in den Sachverhaltsinformationen,
  • Zugänglichkeit mittels allgemeinen Verständnisses,
  • für den Fall, dass die Zugänglichkeit der Kriterien nur für einen bestimmten Kreis von Berichtsadressaten gegeben ist, so ist die Zusicherung des Wirtschaftsprüfers bzw. des unabhängigen Erbringers von Bestätigungsleistungen nur für jene Adressaten bestimmt, die Zugang zu den Kriterien haben.
[1] Vgl. IDW EPS 352 (08.2022), Tz. 21; IDW EPS 990 (11.2022), Tz. 25; IDW EPS 991 (11.2022), Tz. 25.
[2] Vgl. KFS/PG 13, Rz. 16.
[3] Vgl. KFS/PG 13, Rz. 19.
[4] Vgl. IDW EPS 352 (08.2022), Tz. 21(c)i; IDW EPS 990 (11.2022), Tz. 20(c)i; I...

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