Rz. 18

In einem gesonderten Kapitel enthält ESRS 1 Ausführungen zu "qualitativen Merkmalen" ("qualitative characteristics") von Nachhaltigkeitsinformationen. Diese werden eingeteilt in:

  • grundlegende qualitative Merkmale von Informationen (fundamental qualitative characteristics of information): Relevanz (relevance) und wahrheitsgetreue Darstellung (faithful representation) sowie in
  • sich verbessernde qualitative Merkmale von Informationen (enhancing qualitative characteristics of information)[1]: Vergleichbarkeit (comparability), Überprüfbarkeit (verifiability) und Verständlichkeit (understandability),

wobei für alle weitergehenden Abgrenzungen dieser Begrifflichkeiten auf Anlage B zu ESRS 1 verwiesen wird.

 

Rz. 19

Nähere Erläuterungen zu dieser Kategorisierung der angeführten qualitativen Merkmalen fehlen in ESRS 1. Da sie sich offensichtlich am Conceptual Framework der IFRS orientieren, kann das dortige Begriffsverständnis für die Auslegung herangezogen werden. Zur Abgrenzung zwischen den "fundamental qualitative characteristics of information" und den "enhancing qualitative characteristics of information" wird festgehalten: "If […] information is to be useful, it must be relevant and faithfully represent what it purports to represent. The usefulness of financial information is enhanced if it is comparable, verifiable, timely and understandable" (IFRS CF.2.4[2]). Daraus lässt sich u. a. ableiten:

  • Die "enhancing qualitative characteristics" sind den "fundamental qualitative characteristics" nachgeordnet. Insbes. können Defizite im Hinblick auf Letztere nicht durch eine Verbesserung der Ersteren erzielt werden (siehe auch IFRS CF.2.37).
  • Häufig kann es zu Konflikten zwischen den Zielsetzungen hinter den verschiedenen qualitativen Merkmalen kommen. Auch hier zeigt sich im Zweifelsfall die Vorrangigkeit der "fundamental qualitative characteristics": "For example, a temporary reduction in comparability as a result of prospectively applying a new standard may be worthwhile to improve relevance or faithful representation in the longer term. Appropriate disclosures may partially compensate for non-comparability" (IFRS CF.2.38).
 

Rz. 20

Die Ausführungen des Conceptual Framework der IFRS rücken für die internationale Finanzberichterstattung das Konzept der Entscheidungsnützlichkeit von Informationen in den Fokus: "The qualitative characteristics of useful financial information […] identify the types of information that are likely to be most useful to the existing and potential investors, lenders and other creditors for making decisions about the reporting entity on the basis of information in its financial report (financial information)" (IFRS CF.2.1[3]). Dieses Konzept wird in einer solchen Deutlichkeit nicht als Ziel der Nachhaltigkeitsberichterstattung gem. ESRS festgelegt; an zahlreichen Stellen kommt es jedoch letztendlich gleichermaßen zum Ausdruck. Hier sind insbes. die Ausführungen zur geforderten Wesentlichkeitsanalyse zu nennen (Rz 57 ff.). Und auch bei den Erläuterungen des qualitativen Merkmals "Relevanz" wird an erster Stelle festgehalten: "Nachhaltigkeitsinformationen sind relevant, wenn sie bei Entscheidungen der Nutzer im Rahmen des Ansatzes der doppelten Wesentlichkeit […] eine bedeutende Rolle spielen könnten" (ESRS 1.QC1).

 

Rz. 21

"Relevanz" ist die erste Dimension der beiden grundlegenden qualitativen Merkmale von Informationen und wird in ESRS 1, App. B dargestellt. Dieses Kriterium zielt unmittelbar auf die übergeordnete Zielsetzung der Entscheidungsnützlichkeit ab. Damit eine Information also entscheidungsnützlich ist, muss sie einen der beiden folgenden Werte (oder auch beide gemeinsam) vermitteln:

  • Prädiktiver Wert (predictive value): Eine Information ist dann von prädiktivem (auch: prognostischem) Wert für die Nutzer der Nachhaltigkeitsberichterstattung, wenn sie dafür genutzt werden kann, Einschätzungen und Erwartungen über zukünftige Ergebnisse abzuleiten (ESRS 1.QC2).
  • Bestätigender Wert (confirmatory value): Eine Information ist dann von bestätigendem Wert für die Nutzer der Nachhaltigkeitsberichterstattung, wenn sie demgegenüber Einschätzungen und Erwartungen, die in der Vergangenheit angestellt wurden, bestätigen oder widerlegen kann – somit dient sie der Evaluation (ESRS 1.QC3).
 

Rz. 22

Im Zusammenhang mit "Relevanz" und der damit angestrebten Entscheidungsnützlichkeit wird auch das Konzept der Wesentlichkeit begründet. Dieses ist die Anwendung des qualitativen Merkmals der "Relevanz" auf einen unternehmensspezifischen Anwendungsfall: "Die Wesentlichkeit ist ein relevanter unternehmensspezifischer Aspekt, der auf der Art und/oder des Umfangs der Elemente basiert, auf die sich die Informationen beziehen, und wird im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung des Unternehmens bewertet" (ESRS 1.QC4). Damit wird v. a. die grundlegende Bedeutung des Wesentlichkeitsgrundsatzes für die gesamte Berichterstattung gem. ESRS konzeptionell begründet.

 

Rz. 23

"Wahrheitsgetreue Darstellung" ist das zweite g...

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