Rz. 37

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Wurde die Gegenleistung dagegen bereits entrichtet, mindert sich nach der Rechtsprechung des BFH die Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG erst im Besteuerungszeitraum der tatsächlichen Rückgewähr des Entgelts (vgl. BFH vom 18.09.2008, Az: V R 56/06, BStBl II 2009, 250 im Anschluss an EuGH vom 29.05.2001, Rs. C-86/99, Freemans plc/England, UR 2001, 349). Konkret führt der BFH aus: "Bei einer Besteuerung nach vereinbarten Entgelten bildet die Solleinnahme zwar zunächst die Bemessungsgrundlage. Hat der leistende Unternehmer das Entgelt aber einmal insgesamt vereinnahmt, bleibt für eine Sollbesteuerung kein Raum. Die Bemessungsgrundlage kann in diesem Fall nicht mehr durch (bloße) Vereinbarung, sondern nur durch tatsächliche Rückzahlung des vereinnahmten Entgelts geändert werden. Erst im Besteuerungszeitraum, in dem das Entgelt tatsächlich zurückbezahlt ist, ist die Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zu berücksichtigen."

 

Rz. 38

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Diese Rechtsprechung wurde durch entsprechende Änderung des Umsatzsteuererlasses von der Finanzverwaltung übernommen (vgl. Abschn. 17.1 Abs. 2 S. 3 UStAE). Die Rückzahlung wird somit in diesen Fällen zum ungeschriebenen Tatbestand der Berichtigung (vgl. Hafner, UR 2012, 261). Praktisch relevant wird dies insbesondere, wenn sich die Bemessungsgrundlage für eine Leistung aufgrund einer Mängelrüge nachträglich mindert. Auch gewährte Rabattgutschriften oder Preisnachlässe mindern das Entgelt für die Lieferungen erst im Moment der Auszahlung oder Verfügung des Kunden in anderer Weise (vgl. EuGH vom 29.05.2001, Rs. C-86/99, Freemans plc/England, UR 2001, 349).

 

Beispiel 2:

Unternehmer A liefert an Unternehmer B Waren im Wert von 5.000 EUR netto zzgl. 19 % = 950 EUR USt. Die Waren werden B am 10.10. mit beiliegender ordnungsgemäßen Rechnung geliefert. Noch im Oktober zahlt B die 5.000 EUR zzgl. 19 % USt an A. Bei der Kontrolle der Waren stellt B später jedoch Mängel fest. Er macht diese gegenüber A geltend und einigt sich schließlich am 11.11. mit A auf eine Minderung des Kaufpreises i. H. v. 40 %. Die Rückzahlung des zu viel gezahlten Kaufpreises i. H. v. 40 % = 2.000 EUR zzgl. 380 EUR USt durch A erfolgt am 12.12. A unterliegt der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung, § 16 Abs. 1 S. 1 UStG) und gibt monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen ab (§ 18 Abs. 2 S. 2 UStG).

Lösung:

Für A entsteht USt i. H. v. 950,- EUR nach dem Sollprinzip mit Ablauf des VZs Oktober (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 1 UStG). B kann nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG aus der Rechnung des A im VZ Oktober Vorsteuern i. H. v. 950 EUR geltend machen.

Erst mit Rückzahlung des zu viel gezahlten Kaufpreises im VZ Dezember mindert sich die Bemessungsgrundlage für die Steuer und den Vorsteuerabzug um 40 % = 380 EUR. A und B müssen daher erst im VZ Dezember die Umsatzsteuer und die Vorsteuer entsprechend berichtigen.

 

Rz. 39

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Die dargestellten Grundsätze bei nachträglicher Entgeltsminderung gelten entsprechend auch für den Fall der nachträglichen Erhöhung des Entgelts (vgl. Abschn. 17.1 Abs. 2 S. 4 UStAE). So hat der BFH mit Urteil vom 19.11.2009 (Az: V R 41/08, DStR 2010, 159) entschieden, dass auch die Berichtigung der Vorsteuer bei einer nachträglichen Erhöhung der Bemessungsgrundlage von der tatsächlichen Zahlung des Entgelts abhängt. Der BFH verweist insofern ausdrücklich auf das Urteil vom 18.09.2008 (BStBl II 2009, 250) und bezeichnet eine entsprechende Behandlung für den Fall des Vorsteuerabzugs bei Erhöhung der Bemessungsgrundlage als folgerichtig. Wird nach Erbringung der Leistung eine Erhöhung des Entgelts vereinbart, dürfen USt und Vorsteuer somit erst im VZ der Nachzahlung korrigiert werden (vgl. Hafner, UR 2012, 261, 263). Voraussetzung ist zudem eine entsprechende Berichtigung der Rechnung (vgl. Rn. 26).

 

Rz. 40

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Auch für Rückvergütungen, Boni, Skonti und Rabatte folgt aus der Rechtsprechung des BFH mit Urteil vom 18.09.2008 (Az: V R 56/06, BStBl II 2009, 250), dass diese erst mit dem Zufluss beim Leistungsempfänger zu berücksichtigen sind, wenn sie nach der Zahlung der Gegenleistungen gewährt werden. Nur wenn die Vergütung noch nicht vereinnahmt wurde, begründet bereits die bloße Vereinbarung der Entgeltsminderung eine Berichtigungspflicht. Auch Über- oder Doppelzahlungen können erst mit Zurückzahlung der übersteigenden Beträge berichtigt werden (vgl. auch BFH vom 19.07.2007, Az: V R 11/05, BStBl II 2007, 966).

 

Rz. 41

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Aus diesen Prämissen des BFH folgt auch bei Verbrauchsabrechnungen und Abschlagsrechnungen, dass bei einem Guthaben in der Endabrechnung eine Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG erst bei Rückzahlung bzw. Verrechnung des Guthabens möglich ist. Ergeben sich dagegen Nachzahlungen des Leistungsempfängers, entsteht die Steuer erst mit Abrechnung über den Differenzbetrag, so dass es keiner Bericht...

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