3.3.5.5.1 Das Grundproblem

 

Rz. 103

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Das unmittelbare Gelangen i. S. d. § 3 Abs. 6 S. 5 UStG setzt grundsätzlich

  • eine Beförderung oder Versendung
  • durch einen am Reihengeschäft beteiligten Unternehmer

voraus; diese Voraussetzung ist bei der Beförderung oder Versendung durch mehrere beteiligte Unternehmer nicht erfüllt (sog. gebrochene Beförderung oder Versendung). Die Bestimmungen über das Reihengeschäft wären dann lediglich auf eine Teilreihe anzuwenden.

 
Praxis-Beispiel

Die Brennerei Schwips (S) bestellt Zucker bei B. Dieser bestellt den Zucker seinerseits bei A. Da auch A den Zucker nicht vorrätig hat, bestellt er ihn bei R. Zwischen B, A und R wird vereinbart, dass R den Zucker selbst mit eigenem Lkw oder unter Beauftragung eines Spediteurs/Frachtführers zu B bringt; B bringt den Zucker dann mit eigenem Lkw zu S.

Lösung:

Die Vorschriften über das Reihengeschäft sind nur auf die Teilreihe B-A-R und damit auf die Liefergeschäfte 1 und 2 anzuwenden; für die Lieferung des B an S gelten die allgemeinen Bestimmungen.

 

Rz. 104

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Derzeit strittig ist, ob sich die Warenbewegung auch dadurch brechen lässt, dass alle zum Transport Verpflichteten den gleichen Frachtführer/Spediteur beauftragen.

 
Praxis-Beispiel

Sachverhalt wie vorheriges Beispiel. Den Gesamttransport von R nach S übernimmt ein einziger Spediteur mit R als Auftraggeber für die Teilbeförderung R – B und B als Auftraggeber für die Restbeförderung zu S.

 

TIPP

  • Nochmals: Die seit dem 01.01.1997 gültigen Lieferortvorschriften führen dazu, dass durch die Beteiligung an internationalen Reihengeschäften steuerliche Pflichten im Ausland ggf. neu begründet werden können. Dies führt zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand durch Umstellung der Buchführung, Einrichtung der EDV, Bestellung eines Steuerberaters etc., der bereits bei der Kalkulation eines Auftrages und damit von den (in der Regel mit steuerlichen Fragen wenig befassten) Ein- und Verkaufsabteilungen berücksichtigt werden muss.
  • Ein Steuerberater muss den Mandanten auf die Problematik hinweisen; Schulungen und sichere Verfahrensabläufe (Controlling) für den Ein- und Verkauf sind vorzuschlagen.
  • In der absichtlichen "Brechung" der Warenbewegung ist keine echte Gestaltungsmöglichkeit zu sehen, da sie den Transport zwangsläufig verteuern wird (anderer Ansicht: Röck, LSW Gruppe 7, 125 = Heft 4/2005; ders., StWK Gruppe 8, 203 = Heft 16/2005).

3.3.5.5.2 BMF vom 07.12.2015

 

Rz. 104a

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Das BMF hat sich erstmals zu der Frage positioniert, welche Folgen es für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder Ausfuhrlieferung hat, wenn Lieferant und Kunde den Transportweg aufteilen und jeder für ein Teilstück die Verantwortung übernimmt (BMF vom 07.12.2015, III C 2 – S 7116-a/13/10001 / III C 3 – S 7134/13/10001, 2015/1097870, a. a. O.; vgl. dazu auch Hiller, MwStR 2018, 290; Weimann, GStB 2016, 207).

 

Rz. 104b

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Wird Ware aus Deutschland in das europäische oder außereuropäische Ausland verkauft,

  • teilen sich Lieferant und Kunde häufig die Transportverantwortung und es
  • übernehmen beide ein Teilstück des Transports

(sog. "gebrochener Transport").

 

Rz. 104c

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Dies wird aus den unterschiedlichsten Gründen so vereinbart:

  • Die Kosten der Streckenanteile im Ausland lassen sich für den Verkäufer im Vergleich zu Inlandsstrecken weit weniger sicher kalkulieren und einpreisen. Aus diesem Grund werden Transporte bis zur deutschen Grenze vereinbart; dort übernimmt der Kunde die Ware.
  • Sind Bestimmungsländer durch besonders häufige Fahrzeugdiebstähle und/oder -beschädigungen aufgefallen, findet der deutsche Lieferant in der Regel keinen Spediteur oder Frachtführer – aus Angst vor Beschädigungen an den Lastzügen des Transporteurs. Auch dann wird ein Transport bis zur letzten deutschen oder zumindest letzten sicheren Grenze vereinbart; sodann ist der Kunde für den Transport verantwortlich.

Bilaterale Geschäfte vs. Reihengeschäfte

 

Rz. 104d

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Das BMF unterscheidet die Geschäfte mit zwei Beteiligten (bilaterale Geschäfte) von den Geschäften mit drei oder mehr Beteiligten (Reihengeschäfte) und sieht für beide Umsatzarten bei gebrochenem Transport unterschiedliche Rechtsfolgen vor.

Bilaterale Geschäfte (zwei Teilnehmer)

 

Rz. 104e

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

An einem Transport (Beförderung oder Versendung) können

  • entweder nur der Lieferer und
  • nur der Abnehmer oder
  • in deren jeweiligen Auftrag ein Dritter

beteiligt sein.

Bei diesen Geschäften ohne Transportbrechung sind keine Besonderheiten zu beachten; es gilt das Übliche.

 

Rz. 104f

Stand: 5. A. Update 1 – ET: 10/2019

Möglich ist aber auch, dass sowohl der Lieferer als auch der Abnehmer in den Transport des Liefergegenstands eingebunden sind.

 

Beispiel 1:

Großhändler D aus Dortmund beauftragt einen Frachtführer, die verkauften Fahrzeuge zum Hafen Duisburg zu bringen. Von Duisburg aus wird die Ware im Auftrag des D eine Woche später an Abnehmer A verschifft. A holt die Ware am Zielhafen ab und befördert sie mit eigenem Lastzug zum ei...

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