Rz. 161

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz 11.01.2007, Az: 6 K 1423/05, EFG 2007, 965 lag folgender Sachverhalt zur Beurteilung vor:

 

Sachverhalt:

Eine Erbengemeinschaft (nachfolgend kurz: ErbGem) veräußert ohne Ausweis von Umsatzsteuer einen Pkw, den Erblasser E im Unternehmensvermögen hatte. Aus den Anschaffungskosten und den laufenden Kosten hat E bis zu seinem Tode die Vorsteuern gezogen.

Das Finanzamt änderte die Umsatzsteuerfestsetzung des Streitjahres, die bisher nur die von E bis zum Todeszeitpunkt getätigten Umsätze erfasste, dahingehend, dass der Verkauf des Pkw einen Eigenverbrauch (Streitjahr 1998, jetzt unentgeltliche Wertabgabe, § 3 Abs. 1b UStG) darstellt und damit die Umsatzsteuer erhöht.

Der an die Erbengemeinschaft gerichtete Änderungsbescheid beinhaltet damit sowohl die Umsatzsteuer für Leistungen des E bis zu seinem Tode als auch die Umsatzsteuer für die Veräußerung des Pkw durch die Erbengemeinschaft.

 

Rz. 162

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Das FG Rheinland-Pfalz hat darauf erkannt, dass eine Erbengemeinschaft auch ohne eigene unternehmerische Tätigkeit Schuldner der Umsatzsteuer für einen von ihr an einen Dritten veräußerten Unternehmensgegenstand des Erblassers ist, weil die Veräußerung eines vorsteuerentlasteten Gegenstands systemgerecht der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist (FG Rheinland-Pfalz vom 11.01.2007, Az: 6 K 1423/05, EFG 2007, 965). Der BFH hat die Revision der Erbengemeinschaft zurückgewiesen und das FG im Ergebnis bestätigt (BFH vom 13.10.2010, Az: V R 24/07, BStBl II 2011, 241).

2.7.1 Erbengemeinschaft wurde nicht selbst zum Unternehmer

 

Rz. 163

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die Unternehmereigenschaft ist im Umsatzsteuerrecht an die Person des Unternehmers geknüpft und endet daher mit seinem Tod. Sie kann nicht im Erbgang durch Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben übergehen; auch § 45 AO führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis (BFH vom 24.11.1992, Az: V R 8/89, BStBl II 1993, 379; BFH vom 19.11.1970, Az: V R 14/67, BStBl II 1971, 121). Letzterer wird damit nur dann zum Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG, wenn er in eigener Person selbständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht – z. B. durch Fortführung des Unternehmens des Erblassers – tätig wird. Nach diesen Grundsätzen ist im Urteilsfall die Erbengemeinschaft nicht zum Unternehmer geworden; insbesondere fehlt es bei der bloßen Veräußerung einzelner Unternehmensgegenstände – hier des Pkw – an einer Nachhaltigkeit.

2.7.2 Keine Vorsteuerkorrektur nach § 15a Abs. 8 UStG

 

Rz. 164

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Der Übergang des Vermögens vom Erblasser auf die Erben ist mangels Leistungsaustauschs nicht umsatzsteuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Der Vermögensübergang beruht auf einem erbrechtlichen Vorgang, der in die private und damit die außerunternehmerische Sphäre fällt. Die Erben wenden keine Gegenleistung auf, sondern erwerben kraft Gesetzes. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 8 UStG nicht vor. Zwar sind bei einer Gesamtrechtsnachfolge die Verhältnisse beim Rechtsvorgänger auch für den Rechtsnachfolger uneingeschränkt maßgebend (vgl. Abschn. 15a.2 S. 5 ­UStAE). Letzteres führt aber – unter den weiteren Voraussetzungen des § 15a UStG – nur dann beim Rechtsnachfolger zu einer Vorsteuerkorrektur, wenn dieser selbst zum Unternehmer wird. Im Urteilsfall hat die Erbengemeinschaft die Unternehmereigenschaft weder geerbt noch selbst begründet (s. o.); damit kommt eine Vorsteuerberichtigung nicht in Betracht.

2.7.3 Veräußerung eines vorsteuerentlasteten Wirtschaftsguts als ein der Erbengemeinschaft zuzurechnender Umsatz

 

Rz. 165

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG wird die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt. (Hinweis: Für das Streitjahr 1998 galt im Urteilsfall freilich noch der – insoweit identische – § 1 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. a UStG.) Einen Entnahmetatbestand kann der Erblasser nach dem Tode nicht mehr verwirklichen; eine willentliche Entnahmehandlung ist nicht mehr möglich. Deshalb ist zu prüfen, ob die Erben den Entnahmetatbestand erfüllen können.

 

Rz. 166

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Nach Art. 16 S. 1 MwStSystRL ist es nicht zulässig, dass ein Stpfl., der beim Kauf eines seinem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes die Umsatzsteuer abziehen konnte, der Zahlung der Umsatzsteuer dadurch entgeht, dass er den Gegenstand aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf entnimmt; ein Unternehmer würde so einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber einem gewöhnlichen Verbraucher erhalten. Gleiches gilt nach dem Besprechungsurteil auch für einen Erben, der eben diesen ungerechtfertigten Vorteil durch den Erbfall erlangen würde. Der Erbe muss sich daher bei der Verwertung des Nachlassgegenstandes wie ein Unternehmer behandeln lassen. Der Erbe verwirklicht mit dem Ende der Unternehmensbindung den Entnahmetatbestand, wenn er das Unternehmen des Erblassers nicht fortführt und den Nachlassgegenstand für private Zwecke verwendet. Umgekehrt verbietet es sich, zeitgleich mit dem Erbfall eine die Umsatzsteuer auslösende Entnahme aller Unternehmens...

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