Rz. 107

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Der Vergütungsanspruch setzt gem. § 18 Abs. 9 S. 1 UStG zunächst voraus, dass es sich um einen im Ausland ansässigen Unternehmer handelt (§ 59 Abs. 1 i. V. m. § 51 Abs. 3 S. 1 UStDV). Als nicht im Inland ansässiger Unternehmer gilt nach Art. 1 der RL 79/1072/EWG derjenige Steuerpflichtige, der im Inland weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind.

 

Rz. 108

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Eine den Anforderungen des § 61 Abs. 3 UStDV entsprechende Bescheinigung, die die in Art. 3 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 der RL 79/1072/EWG genannten gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Gestalt des entsprechenden Musters in Anhang B der RL 79/1072/EWG erfüllt, begründet nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich die Vermutung, dass der Betreffende nicht nur in dem Mitgliedstaat, dessen Steuerverwaltung ihm die genannte Bescheinigung ausgestellt hat, mehrwertsteuerpflichtig ist, sondern dass er dort auch ansässig ist (EuGH vom 28.06.2007, Rs. C-73/06, Planzer Luxembourg Sarl, Slg. 2007, I-5655).

 

Rz. 109

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Diese Vermutung ist aber widerlegbar und kann im Einzelfall tatsächlich entkräftet werden (BFH vom 14.05.2008, Az: XI R 58/06, BStBl II 2008, 831). Denn der EuGH hat in der genannten Entscheidung zugleich hervorgehoben, dass es der Steuerverwaltung des Landes, in dem die Erstattung der Vorsteuer beantragt wird, nicht verwehrt werden darf, sich bei Zweifeln an der wirtschaftlichen Realität des Sitzes, dessen Anschrift in dieser Bescheinigung angegeben ist, zu vergewissern, ob diese Realität tatsächlich gegeben ist, indem sie auf die Verwaltungsmaßnahmen zurückgreift, die die Gemeinschaftsregelung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer hierzu vorsieht. Insoweit stellt der EuGH darauf ab, dass die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist (vgl. EuGH in Slg. 2007, I-5655, Rn. 43, und BFH vom 06.12.2007, Az: V R 61/05, BFH/NV 2008, 907).

 

Rz. 110

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Außerdem ist nach ständiger Rechtsprechung eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt. Eine solche liegt nach der Rechtsprechung des EuGH vor, wenn ein Steuerpflichtiger nach den in der RL 79/1072/EWG des Rates aufgestellten Bedingungen in den Genuss des Erstattungssystems zu kommen versucht, obwohl der Sitz, dessen Anschrift in der dem Muster in Anhang B dieser RL entsprechenden Bescheinigung genannt wird, im Ausstellungsstaat keiner wirtschaftlichen Realität entspricht. Hat die Steuerverwaltung des Erstattungsstaats beispielsweise im Falle eines Verdachts auf Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten Zweifel an der wirtschaftlichen Realität des in dieser Bescheinigung angegebenen Sitzes, kann sie zwar aufgrund der beschriebenen sich aus dieser Bescheinigung ergebenden Vermutung nicht ohne weitere vorherige Nachprüfung gegenüber dem Steuerpflichtigen die Erstattung verweigern. Ihr steht dann nach Art. 6 der RL 79/1072/EWG aber die Möglichkeit offen, den Steuerpflichtigen zu zwingen, ihr die Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob der Erstattungsantrag begründet ist, so etwa Informationen, von denen anzunehmen sind, dass sie es ihr ermöglichen, die wirtschaftliche Realität des in der Bescheinigung über die Steuerpflichtigeneigenschaft genannten Sitzes zu bewerten. Der Verwaltung stehen insoweit auch die gemeinschaftsrechtlichen Instrumente der Verwaltungskooperation und der Amtshilfe zu Gebote, die zur korrekten Festsetzung der Mehrwertsteuer und zum Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerumgehung auf diesem Gebiete erlassen worden sind (vgl. im Einzelnen EuGH-Urteil in Slg. 2007, I-5655, Rn. 48).

 

Rz. 111

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Geht aus den erhaltenen Informationen hervor, dass die in der Bescheinigung über die Steuerpflichtigeneigenschaft angegebene Anschrift weder dem Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen entspricht, noch die einer festen Niederlassung ist, von der aus dieser Steuerpflichtige seine Umsätze tätigt, so ist die Steuerverwaltung des Erstattungsstaats berechtigt, die vom Steuerpflichtigen beantragte Erstattung zu verweigern (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2007, I-5655, Rn. 44 bis 49, jeweils m. w. N.).

 

Rz. 112

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Der Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit einer Gesellschaft ist dabei der Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung dieser Gesellschaft getroffen und die Handlungen zu deren zentraler Verwaltung vorgenommen werden (EuGH-Urteil in Slg. 2007, I-5655, Rn. 63). Diese Definition hat der EuGH zwar im Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 1 Nr. 1 der 13. RL 86/560/EWG des Rates vom 17.11.1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerp...

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