OFD Niedersachsen, 30.5.2011, S 7300 - 628 - St 173

Die in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG aufgeführten Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug müssen insgesamt erfüllt sein. Nach dem BFH-Urteil vom 19.4.2007, V R 48/04 (BStBl 2009 II S. 315) trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen. Der Unternehmer muss also nachweisen, dass alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind. Ist dies der Fall, so kann der Vorsteuerabzug nicht mit der Begründung versagt werden, dass der Unternehmer in einen vom Verkäufer begangenen Umsatzsteuerbetrug einbezogen war, wenn er dies weder wusste noch wissen konnte (vgl. Abschn. 15.2 Abs. 2 Sätze 4 bis 6 UStAE). Hieraus ist keinesfalls zu entnehmen, dass der Vorsteuerabzug aus Billigkeitsgründen gewährt werden kann, wenn ein Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (z.B. Unternehmereigenschaft des Verkäufers, tatsächliche Durchführung einer Lieferung oder sonstigen Leistung, Ausstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung) nicht erfüllt ist.

Nach dem BFH-Urteil vom 30.4.2009, V R 15/07 (BStBl 2009 II S. 744) ist der gute Glaube an die Erfüllung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht geschützt, so dass bei Fehlen einer Tatbestandsvoraussetzung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die geltend gemachten Vorsteuerbeträge auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes abziehbar sind. Der BFH lässt aber den Vorsteuerabzug aus Billigkeitsgründen zu, wenn die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug wegen unzutreffender Rechnungsangaben nicht vorliegen. Hierfür ist Voraussetzung, dass der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer gutgläubig war und alle Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu überzeugen und seine Beteiligung an einem Betrug ausgeschlossen ist.

Bei Anwendung des o.b. BFH-Urteils V R 15/07 kann somit der Vorsteuerabzug aus Billigkeitsgründen in Betracht kommen, soweit Unterlagen für den Vorsteuerabzug nicht vorhanden sind und auch nicht vorhanden waren oder soweit die Unterlagen unvollständig sind (s. hierzu im Einzelnen Abschn. 15.11 Abs. 7 UStAE). Dabei kann es sich z.B. um nicht mehr vorhandene Eingangsrechnungen sowie um Rechnungen handeln, die für den Unternehmer nicht erkennbare unzutreffende Angaben enthalten. Fehlt es dagegen an einer der übrigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, kommen Billigkeitsmaßnahmen grundsätzlich nicht in Betracht. Ein Vorsteuerabzug ist daher nicht zulässig, wenn der Leistende die Steuer nach § 14c UStG schuldet (Abschn. 15.2 Abs. 1 Satz 2 UStAE). Dies gilt auch dann, wenn der Leistungsempfänger alle vernünftigerweise verlangbaren Maßnahmen getroffen hat, dass seine Umsätze nicht in einen Umsatzsteuerbetrug einbezogen sind.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1

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