Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit einer Ausfuhrlieferung bei Fälschung des Zollstempels auf dem Ausfuhrnachweis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Kann ein Unternehmer keinen ordnungsgemäßen Ausfuhrnachweis vorlegen, weil der Zollstempel auf dem Ausfuhrnachweis nach einem Gutachten des Zollkriminalamtes gefälscht worden ist, erfordert die Annahme einer steuerfreien Ausfuhrlieferung, dass der Unternehmer auf die Richtigkeit des Zollstempels vertrauen durfte.

2. Ist nicht erkennbar, welche Maßnahmen der Unternehmer hätte ergreifen sollen, um eine nicht offenkundige Fälschung des Zollstempels zu erkennen, kann der Unternehmer unter Bezugnahme auf das EuGH, Urteil v. 21.2.2008, C-271/06 einen Vertrauensschutz auf die Echtheit des Zollstempels geltend machen, so dass die Ausfuhrlieferung umsatzsteuerfrei bleibt.

 

Normenkette

UStG 1999 § 6 Abs. 4 S. 1, § 4 Nr. 1 Buchst. a; UStDV 1999 § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.11.2009; Aktenzeichen V R 8/09)

BFH (Urteil vom 19.11.2009; Aktenzeichen V R 8/09)

 

Tenor

1. Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom 17. Juni 2002, 4. August 2004 und der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2005 sowie der Änderungsbescheide vom 18. April und 17. Mai 2006 wird die Umsatzsteuer für das Jahr 2001 auf einen negativen Betrag von 168.406,25 EUR festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt das Finanzamt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob vier PKW-Lieferungen des Klägers zu Recht vom Finanzamt (FA) aufgrund von Umsatzsteuer-Sonderprüfungen als steuerpflichtig behandelt worden sind.

Der Kläger betreibt einen Kraftfahrzeughandel und beanspruchte im Rahmen seiner Umsatzsteuererklärung für 2001 u.a. für den am 12. Juli 2001 erfolgten Verkauf eines BMW X 5 zum Kaufpreis von 110.000 DM die Steuerfreiheit für eine Ausfuhrlieferung in ein Drittland. Das Fahrzeug ist nach der Lieferung des Klägers am 27. Oktober 2001 in der Ukraine angemeldet und danach dort mehrfach umgemeldet worden.

Das FA versagte der Lieferung die Steuerfreiheit, weil der Zollstempel auf dem Ausfuhrnachweis nach einem Gutachten des Zollkriminalamtes vom 11. März 2002 gefälscht war. Das Zollkriminalamt stellte fest, dass der EG-Dienststempel „Hauptzollamt A (ODER) 282 am 25. Juni 2001 ungültig geworden sei”. Außerdem sei die vorgeschriebene Stempelfarbe „Zollblau” nicht verwendet worden, die Kontrollzahl entspreche nicht der vorgeschriebenen Angabe für den Zeitraum und die Randkerben seien nicht richtig wiedergegeben. Das FA setzte daraufhin mit Bescheid vom 17. Juni 2002 die Umsatzsteuer für 2001 auf einen negativen Betrag von 314.552 DM (= 160.827,88 EUR) fest.

Aufgrund des hiergegen eingelegten Einspruch traf das FA im Einspruchsverfahren im Rahmen einer weiteren Umsatzsteuer-Sonderprüfung darüber hinausgehende Feststellungen und kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger für zwei weitere Fahrzeuglieferungen der Marke BMW (Kaufpreis 107.758,62 DM und 86.206,89 DM) an die spanische Firma B Importacion (nachfolgend: Firma B) zu Unrecht die Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung geltend gemacht hat, obwohl er sich u.a. die Umsatzsteuer-IdNr. beim Bundesamt für Finanzen habe bestätigen lassen. Die Lieferungen seien umsatzsteuerpflichtig, weil es sich bei dieser Firma um einen sog. „Missing Trader” gehandelt habe. Die Firma B sei eine zwar rechtlich existente, aber wirtschaftlich völlig inaktive Firma gewesen. Sie sei somit als reine Briefkastenfirma oder als Nichtunternehmer zu qualifizieren und scheide somit als Leistungsempfänger aus. Außerdem habe der Kläger bei der Lieferung an die Firma B nicht die aktuelle und postalisch nachprüfbare Anschrift des Kfz-Abholers, Herrn C D (nachfolgend: P), aufgezeichnet. Die Nachreichung der Anschrift reiche nicht zur Erfüllung der in § 17c UStDV geforderten Unterlagen aus. Aufgrund dieser Feststellungen setzte das FA mit Umsatzsteuerbescheid vom 4. August 2004 die Umsatzsteuer für 2001 auf einen negativen Betrag von 287.798 DM (= 147.148,78 EUR) fest.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2005 wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Nach Klageerhebung fanden Ermittlungen in einer Steuerstrafsache statt, in der dem Kläger vorgeworfen wurde, für eine weitere Lieferung an die Firma E Car srl (nachfolgend: Firma E) zu Unrecht eine Steuerbefreiung in Anspruch genommen zu haben.

Das FA setzte daher mit dem Umsatzsteuerbescheid vom 18. April und 17. Mai 2006 die Umsatzsteuer für 2001 auf einen negativen Betrag von 280.418,00 DM (= 143.375,45 EUR) fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Auch bei dieser Lieferung an die Firma E kam das FA aufgrund der Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle zu dem Ergebnis, dass diese ein sog. „Missing Trader” gewesen sei, also eine Briefkaste...

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