Berechnung des Betriebsausgabenabzugs bei Dreiecksfahrten
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG ist zur Abgeltung von Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen. Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6 Satz 2 EStG gilt für die Ermittlung von betrieblichen Gewinneinkünften § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG für Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte entsprechend. Bei Steuerberatern oder Rechtsanwälten ist es beispielsweise nicht selten, dass der Weg ins Büro oder von dort nachhause schon mal mit dem Besuch eines Mandanten verbunden wird. Da die Fahrten für eine betriebliche Strecke in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, während es für den Weg zwischen Wohnung und Betrieb lediglich 0,30 EUR pro Entfernungskilometer gibt, stellt sich die Frage, in welcher Höhe eine solche gemischte Fahrt (sog Dreiecksfahrt) steuerlich zu berücksichtigen ist.
Beispiel: Der selbstständige Steuerberater A ist an 200 Tagen jährlich in seiner 12 km von der Wohnung entfernten Kanzlei tätig. Für sämtliche Fahrten nutzt er seinen privaten PKW. Die betrieblichen Fahrten setzt er aus Vereinfachungsgründen anstatt mit den tatsächlichen Kosten mit 0,30 EUR je km als Betriebsausgabe an. In 2014 hat A an allen 200 Tagen während der Fahrten von der Wohnung zur Kanzlei Mandanten besucht. Der durchschnittliche Umweg an diesen Tagen betrug 8 km (20 km gesamt zwischen Wohnung – Mandant – Büro). Die Heimfahrten vom Büro zur Wohnung erfolgten ohne Mandantenbesuche.
Nach der Auffassung des Finanzamts im Rahmen eines Verfahrens beim FG (Urteil v. 19.12.2012, 11 K 1785/11 F) Münster wäre hier folgender Betriebsausgabenabzug zulässig:
Dienstreisen | Fahrten Wohnung - Betrieb | Gesamt |
200 Tage x 20 km x 0,30 EUR = 1.200 EUR | + 200 Tage x 12 km x 0,15 EUR = 360 EUR | 1.560 EUR |
Begründung: Die Anwendung der Entfernungspauschale mit 0,30 EUR je Entfernungskilometer setze voraus, dass der Steuerpflichtige auch tatsächlich eine Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnung und Betriebsstätte an diesem Tag absolviert habe (H 9.10 LStH).
Hinsichtlich der Dienstreisen ist auch das FG Münster der Auffassung, dass der Unternehmer, der seine Fahrt zwischen Wohnung und Betrieb durch die Einschiebung eines betrieblichen Termins unterbricht, den vollen Betriebsausgabenabzug geltend machen kann, weil betriebliche Fahrten vorliegen. Der Dienstreisecharakter der Fahrt soll danach ausreichen, um für die Gesamtstrecke bis zur Kanzlei bzw. Wohnung den vollen Betriebsausgabenabzug zu gewähren. Zusätzlich vertritt das FG die Auffassung, dass auch bei nur einen direkten Fahrt zwischen Wohnung und Betrieb zusätzlich die volle Entfernungspauschale von 0,30 EUR zu gewähren ist, weil sich für eine Halbierung der Entfernungspauschale bei einer an einem Tag durchgeführten Dreiecksfahrt im Gesetz keine Hinweise finden lassen. Aus Vereinfachungsgründen sehe das Gesetz unabhängig der tatsächlichen Fahrten und der Höhe des tatsächlich getragenen Aufwands eine Pauschalregelung mit Abgeltungswirkung vor. Danach könnte A hier zusätzlich zu den 1.200 EUR für die Dienstreisen noch die volle Entfernungspauschale i. H. von 720 EUR geltend machen (200 Tage x 12 km x 0,30 EUR).
Praxis-Tipp: Der BFH hat im anschließenden Revisionsverfahren (Urteil v. 19.5.2015, VIII R 12/13) die Rechtsauffassung des FG hinsichtlich der Entfernungspauschale im Ergebnis bestätigt. Die volle Entfernungspauschale ist allerdings deshalb zu gewähren, weil es sich bei der Dreiecksfahrt, trotz Unterbrechung durch einen Mandantenbesuch, um Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb handelt, da als Ziel und Zweck der Fahrt das Erreichen der Wohnung oder der Betriebsstätte im Vordergrund steht. Die Aufwendungen für diese Fahrten sind ungeachtet der Fahrtunterbrechung schon nach dem Gesetzeswortlaut Aufwendungen "für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer (oder Unternehmer) die erste Tätigkeitsstätte (oder Betriebsstätte) aufsucht", die mit der typisierenden Entfernungspauschale abgegolten werden sollen, so der BFH. Daraus folgt dann aber auch, dass für die weitere Fahrtstrecke zu dem jeweils aufgesuchten Mandanten bei Hin- und/oder Rückfahrt, die über die bei der Entfernungspauschale berücksichtigte Entfernung zwischen Wohnung und Betriebsstätte hinausgeht (hier 20 km ./. 12 km = 8 km), nur die Mehrkosten der Fahrt allein durch das Dienstgeschäft veranlasst sind und deshalb (nur) auf diese Strecke entfallenden tatsächlichen Kosten bei den Betriebsausgaben abziehbar sind. A kann daher hier folgende Betriebsausgaben geltend machen:
Dienstreisen | Fahrten Wohnung - Betrieb | |
200 Tage x 8 km x 0,30 EUR = 480 EUR | + 200 Tage x 12 km x 0,30 EUR = 720 EUR | |
Gesamt | 1.200 EUR |
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