Rz. 40

[Autor/Stand] § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG fungiert als Auffangtatbestand für die Fälle, in denen ein Feststellungsbedürfnis besteht, ohne dass der Wert von Grundbesitz oder Betriebsvermögen festzustellen ist.[2] vorliegt. Das ist der Fall, wenn z.B. Anteile an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen wird. Besteht das Vermögen der Gesellschaft allein aus Grundbesitz (ohne Schulden oder sonstige Vermögenswerte), ist der Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG festzustellen und den Gesellschaftern zuzurechnen. Die Schulden der Gesellschaft können nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG nicht gesondert festgestellt und den Gesellschaftern zugerechnet werde. Dies erfolgt nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG greift auch für die sog. Vorgründungsgesellschaft einer gewerblichen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft oder die Vorgründungsgesellschaft einer Kapitalgesellschaft.[3] Bei einer vermögensverwaltenden Stiftung & Co. KG sind die Werte nach § 151 Abs. 1 Nr. 4 BewG und nicht nach § 151 Abs. 1 Nr. 2 BewG festzustellen, denn die Stiftung & Co. KG ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft.[4]

 

Rz. 41

[Autor/Stand] Im Einzelnen läuft das Verfahren wie folgt ab: Gehören zum Vermögen einer vermögensverwaltenden Gesellschaft inländischer Grundbesitz, inländisches Betriebsvermögen oder Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, teilt das Verwaltungsfinanzamt dies unter Bezeichnung der wirtschaftlichen Einheit und der Lage, bzw. des Sitzes dem für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt mit.[6] Dieses Finanzamt leitet dann die erforderlichen Feststellungsverfahren bei dem jeweiligen Lagefinanzamt bzw. Betriebsfinanzamt ein. Das Verwaltungsfinanzamt fordert die erforderliche Erklärung zur Feststellung des übrigen Vermögens einschließlich des Auslandsvermögens und der Schulden von der Gesellschaft an.

 

Rz. 42

 

Beispiel 5

Der Erblasser ist an einer vermögensverwaltenden GbR beteiligt. Das Vermögen der GbR umfasst ein vermietetes Grundstück in C, zwei vermietete Grundstücke in D, ein Bankkonto und ein vermietetes Grundstück in Italien. Zur Anschaffung des Grundstückes in Italien hat die GbR bei einer Bank in Deutschland einen Kredit aufgenommen, der am Tage des Todes des Erblassers A noch nicht getilgt war.

Die Wirtschaftsgüter der GbR sind nach § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG anteilig den Gesellschaftern zuzurechnen:

Grundstück in C: Lagefinanzamt C stellt auf Anforderung der Erbschaftsteuerstelle den Wert fest (§§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. 152 Nr. 1 BewG).

Grundstücke in D: Lagefinanzamt D stellt auf Anforderung der Erbschaftsteuerstelle die Werte fest (§§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. 152 Nr. 1 BewG).

Bankkonto und Kredit: Verwaltungsfinanzamt am Sitz der GbR stellt auf Anforderung der Erbschaftsteuerstelle den auf den Erblasser A entfallenden Anteil fest (§§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. 152 Nr. 4 BewG).

Grundstück in Italien: Eine Feststellung des Grundstückswertes unterbleibt da es sich Auslandsvermögen handelt (§ 151 Abs. 4 BewG). Das Verwaltungsfinanzamt am Sitz der GbR schätzt den Wert des Grundstücks und bezieht den auf den Erblasser entfallenden Anteil in die Feststellung des Anteils des A ein (§§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. 152 Nr. 4 BewG).

 

Rz. 43

[Autor/Stand] Dem zur Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG berufenen Finanzamt obliegt auch die verbindliche Entscheidung über die Qualifikation des Feststellungsgegenstands nach den Kategorien des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG.[8] In der Praxis hat dies besonders in den Fällen Bedeutung, in denen um die Bewertung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG (inländisches Betriebsvermögen) oder nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG (Anteil am Wert mehreren zustehender Vermögenswerte) bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften gestritten wird.[9]

 

Rz. 44

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Loose, Stand: 01.04.2024
[2] Volquardsen in Daragan et al., Praxiskommentar ErbStG und BewG4, § 151 BewG Rz. 32.
[3] Volquardsen in Daragan et al., Praxiskommentar ErbStG und BewG4, § 151 BewG Rz. 32; Einzelheiten zur Vorgründungsgesellschaft vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 69 AO Rz. 49 ff.
[Autor/Stand] Autor: Loose, Stand: 01.04.2024
[6] H B 151.7 ErbStH 2019.
[Autor/Stand] Autor: Loose, Stand: 01.04.2024
[9] BFH v. 27.4.2022 – II R 9/20, BFHE 277, 442, BStBl. II 2022, 541 zur Bewertung eines Anteils an einer Stiftung & Co. KG.
[Autor/Stand] Autor: Loose, Stand: 01.04.2024

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