Rz. 115

[Autor/Stand] Bei der Bewertung einer Baustelle wird der gemeine Wert nach den Wertverhältnissen vom Hauptfeststellungszeitpunkt angesetzt, somit ein Verkauf im Hauptfeststellungszeitpunkt unterstellt. Die Baustelle ist nicht deshalb weniger wert, weil der Eigentümer sie nicht sofort zum üblichen Preis veräußern oder durch Bebauung nutzbar machen kann oder will. Ein Abschlag für Zinsverlust wegen nicht sofortiger Ausnutzbarkeit wird deshalb regelmäßig abzulehnen sein; denn diesem Umstand trägt der gegenwärtige Verkaufspreis, aus dem der gemeine Wert zu ermitteln ist, schon Rechnung.[2]

 

Rz. 116

[Autor/Stand] Der Umstand, dass Grundbesitz sich von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen zu Grundvermögen umwandelt oder auch umgekehrt (z.B. Ackerland wird Bauland), betrifft die tatsächlichen Verhältnisse des Grundbesitzes. Diese Änderung in der Vermögensart ist, soweit sie nicht zu einem Hauptfeststellungszeitpunkt akut wird, durch eine Artfortschreibung ggf. i.V.m. einer Wertfortschreibung (§ 22 BewG) zu berücksichtigen.[4]

 

Rz. 117

[Autor/Stand] Die Bewertungssenate des RFH und des BFH mussten sich wiederholt mit der Frage befassen, inwieweit ein Grundstückseigentümer unter Berücksichtigung der Wahrung des Steuergeheimnisses Auskunft über Bewertungsgrundlagen verlangen kann. Der RFH hat hierzu ausgeführt, dass dem Steuerpflichtigen die Vergleichsgrundlagen mitgeteilt werden müssen, soweit dies bei Wahrung des Steuergeheimnisses möglich ist, auch die Kaufpreise, wenn der gemeine Wert aufgrund von Vergleichsgrundstücken ermittelt worden ist.[6] Weiter entschied der RFH, dass – unter Wahrung des Steuergeheimnisses – dem Steuerpflichtigen wenigstens die Hauptgesichtspunkte, von denen bei der "Zonung" ausgegangen worden ist, die Wertzahlen der Vergleichsgrundstücke und die Art und Weise der Ableitung des gemeinen Werts mitzuteilen sind.[7]

 

Rz. 118

[Autor/Stand] Eine eindeutigere Stellungnahme brachte die Entscheidung des BFH betreffend Mietspiegel und Steuergeheimnis.[9] Danach würde die Befugnis des FA zur Bekanntgabe der Vergleichsmiete überschritten, wenn es die Mieten, aus denen die übliche Miete abgeleitet wurde, bei der Bekanntgabe der Vergleichsobjekte jeweils einem bestimmten Grundstück zuordnen würde, so dass einem Dritten bekannt würde, welche Mieten ein bestimmter Grundstückseigentümer im Einzelfall mit seinem Mieter vereinbart hat.[10]

 

Rz. 119

[Autor/Stand] Entsprechendes gilt hinsichtlich der Bekanntgabe von Kaufpreisen über unbebaute Grundstücke. Denn bei einer Grundstücksschätzung braucht dem Grundstückseigentümer nicht stets die genaue Lage der Vergleichsobjekte mitgeteilt zu werden.[12]"Es ist vielmehr nach dem jeweiligen Verfahrensstand zu entscheiden, ob im Verfahren wegen Einheitsbewertung eines unbebauten Grundstücks glaubhaft gemacht ist, dass der zum Sachverständigen bestellte Gutachterausschuss für Grundstückswerte die genaue Lagebezeichnung von Vergleichsobjekten verweigern darf. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere die Geheimhaltungspflicht des Gutachterausschusses (§ 138 Abs. 2 BBauG) und das Interesse an einer zutreffenden Besteuerung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles gegeneinander abzuwägen."[13] Danach kann die Finanzbehörde sogar die Bezeichnung der Lage von Vergleichsgrundstücken verweigern, wenn sie bei der angeführten internen Abwägung glaubt, die Bekanntgabe ablehnen zu müssen. Hierzu bemerkt Rudolf in der Anmerkung zu dem Beschluss[14], dem Steuerpflichtigen würde es kaum möglich sein, vor Gericht zu beweisen oder glaubhaft darzulegen, dass die Verwaltung in ihrer internen Abwägung z.B. den Ermessensspielraum überzogen hat. So würden Argumente, auf die der Steuerpflichtige vielleicht kommen würde, wenn ihm die Vergleichsgrundstücke bekannt wären, unter Umständen unberücksichtigt bleiben. Dies sei unbefriedigend.

 

Rz. 120

[Autor/Stand] Die angeführte Rechtsprechung zeigt die Problematik der Wahrung des Steuergeheimnisses für die Finanzverwaltung und auch für den betroffenen Steuerpflichtigen. Nach § 30 Abs. 2 AO wird das Steuergeheimnis verletzt, wenn "Verhältnisse eines anderen" bekannt gemacht werden. Deshalb sind nur Offenbarungen zulässig, die nicht erkennen lassen, um wessen Verhältnisse es sich handelt. Darum dürfen Richtwerte, Vergleichsobjekte, Richtsätze, Betriebsergebnisse und dergleichen nur insoweit bekannt gegeben werden, als nicht erkennbar ist, wessen Verhältnisse diesen Angaben (Werten) zugrunde liegen. Sind jedoch solche allgemeinen Mitteilungen geeignet, sichere oder mindestens auf hoher Wahrscheinlichkeit beruhende Rückschlüsse auf Einzelverhältnisse zuzulassen, so würde dadurch das Steuergeheimnis berührt.

[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.01.2017
[2] RFH v. 9.3.1933 – III A 409/32, RStBl. 1933, 793.
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.01.2017
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.01.2017
[6] RFH v. 18.12.1935 – III A 74/35, RStBl. 1936, 275.
[7] RFH v. 7.10.193...

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