Rz. 80

[Autor/Stand] § 6 Abs. 2 Satz 5 ErbStG enthält weiter einen Progressionsvorbehalt: Die Aufsplittung des Erwerbs in zwei Erwerbe soll nicht zu einer Progressionsminderung führen.[2] Aus diesem Grund ist der jeweilige (Teil-)Erwerb nach dem Steuersatz zu versteuern, der sich für einen Erwerb in Höhe des Gesamterwerbs ergeben würde. Hierfür sind die nach Abzug der anwendbaren Freibeträge jeweils steuerpflichtigen Erwerbe zusammenzufassen und die Steuersätze bezogen auf diesen Betrag nach Maßgabe der Steuerklasse zu ermitteln.

 

Rz. 81

 

Beispiel (wie eben Fall 1)

Der steuerpflichtige Gesamterwerb beläuft sich auf 80.000 EUR (0 + 80.000 EUR Der Steuersatz nach § 19 ErbStG beläuft sich in der Steuerklasse I auf 11 %, in der Steuerklasse II auf 20 %. Die festzusetzende Steuer beträgt deshalb:

 
Steuerklasse I: 11 % von 0 EUR 0 EUR
Steuerklasse II: 20 % von 80.000 EUR 16.000 EUR
festzusetzende Steuer:   16.000 EUR
 

Rz. 82

 

Beispiel (wie eben Fall 3)

Der steuerpflichtige Gesamterwerb beläuft sich auf 125.000 EUR (25.000 EUR + 100.000 EUR). Der Steuersatz nach § 19 ErbStG beläuft sich in der Steuerklasse I auf 11 %, in der Steuerklasse II auf 20 %. Die festzusetzende Steuerbeträgt deshalb:

 
Steuerklasse I: 11 % von 25.000 EUR 2.750 EUR
Steuerklasse II: 20 % von 100.000 EUR 20.000 EUR
festzusetzende Steuer:   22.750 EUR
 

Rz. 83

[Autor/Stand] Die Vermeidung der Progression durch § 6 Abs. 2 Satz 5 ErbStG bei Berücksichtigung unterschiedlicher Steuerklassen führte schon bislang häufig in den Anwendungsbereich der Härteausgleichsregelung nach § 19 Abs. 3 ErbStG. Für Besteuerungsstichtage im Jahre 2009 dürfte sich diese Konstellation in den Steuerklassen II und III seltener ergeben. Denn die Steuersätze in diesen Steuerklassen bei Erwerben bis einschließlich 6.000.000 EUR betrugen einheitlich 30 % und bei den darüber hinausgehenden Erwerben einheitlich 50 %. Ab 1.1.2010 weichen die Steuersätze in den Steuerklassen II und III wieder deutlich voneinander ab. Damit ist der vor 2009 geltende Zustand wieder hergestellt.

 

Rz. 84

[Autor/Stand] Soweit es den Härteausgleich, § 19 Abs. 3 ErbStG, betrifft, ist für die Praxis durch den BFH entschieden, dass allein der Wert des gesamten Erwerbs in die nach § 19 Abs. 1 ErbStG dafür vorgesehenen Wertstufe zuzuordnen und zusammen mit der Steuerklasse für die Bestimmung der Steuersätze für die fiktiven Einzelerwerbe maßgebend ist.[5] Unerheblich für die Besteuerung ist es deshalb, welcher der Wertstufen diese Einzelerwerbe für sich allein zuzuordnen wären. Dies schließt es auch aus, den Härteausgleich nach § 19 Abs. 3 ErbStG auf die fiktiven Einzelerwerbe des Schlusserben vorzunehmen. Der Härteausgleich nach § 19 Abs. 3 ErbStG ist vielmehr nur zu gewähren, soweit der Wert des gesamten Erwerbs eine der in § 19 Abs. 1 ErbStG bestimmten Wertgrenzen überschreitet und in einen Bereich fällt, in dem der Wertausgleich vorzunehmen ist.[6]

 

Rz. 85

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021
[2] Reich in von Oertzen/Loose2, § 6 ErbStG Rz. 40.
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021
[6] BFH v. 9.7.2009 – II R 42/07, ZEV 2010, 81; vgl. dazu Weinmann in Moench/Weinmann, § 6 ErbStG Rz. 29; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 6 ErbStG Rz. 40.
[Autor/Stand] Autor: Esskandari, Stand: 01.06.2021

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