a) Qualifikation der Sachverständigen

 

Rz. 79

[Autor/Stand] Aus der einschränkenden Formulierung "regelmäßig" kann auch abgeleitet werden, dass in der Praxis vorrangig auf die Qualität des Gutachtens und erst in zweiter Linie auf die formelle Qualifikation des Gutachtenden abzustellen ist. Während in den Erbschaftsteuer-Richtlinien 1999[2] zunächst regelmäßig ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erforderlich war[3] ist der Kreis der Sachverständigen, deren Gutachten grundsätzlich anerkannt werden, zwischenzeitlich von der Finanzverwaltung ausgeweitet worden. So erkennt die Finanzverwaltung auch Gutachten von zertifizierten Sachverständigen oder Vermessungsingenieuren an. Nach Tz. 2 der gl. lt. Erl. v. 2.4.2007[4] ist regelmäßig ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken ausreichend. Obwohl Tz. 2 der gl. lt. Erl. v. 2.4.2007[5] die Formulierung zur Qualifikation des Nachweisenden abgeschwächt hat, darf in der Praxis nicht übersehen werden, dass in Streitfällen die Finanzgerichte u.U. auf die formelle Qualifikation des Gutachters abstellen könnten.

 

Rz. 80

[Autor/Stand] In der Vergangenheit ließ die Finanzverwaltung beim Gutachternachweis i.d.R. nur ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder ein Gutachten des Gutachterausschusses als nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert zu (R 163 Satz 2 ErbStR 1999).[7] Durch diese Beschränkung sollte die uneingeschränkte Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit sowie die Unparteilichkeit des Sachverständigen sichergestellt werden. Darüber hinaus dürfte in diesem Zusammenhang von Bedeutung gewesen sein, dass auch im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich derartige Sachverständigengutachten anerkannt werden.

 

Rz. 81

[Autor/Stand] Wurde das Gutachten durch einen zertifizierten Sachverständigen erstellt, war die Anerkennung von der Qualität des Gutachtens im Einzelfall abhängig. Hierzu vertrat die Finanzverwaltung[9] die Auffassung, dass Gutachten von Grundstückssachverständigen, die nicht öffentlich bestellt und vereidigt waren, anerkannt würden, wenn sie den rechtlichen Vorgaben der Wertermittlungsverordnung und der Wertermittlungsrichtlinie entsprechen. Die Bewertungsstelle war aufgefordert, solche Gutachten auf ihre inhaltliche Richtigkeit und Schlüssigkeit zu prüfen. Soweit die Finanzverwaltung in der Vergangenheit Gutachten öffentlich bestellter Vermessungsingenieure sowie anderer Grundstückssachverständiger nicht anerkannt hatte[10], ist sie von dieser Auffassung mit Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg v. 3.8.2000[11] abgerückt.

 

Rz. 82

[Autor/Stand] In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung war die Beschränkung bei der Gutachtererstellung auf den öffentlich bestellten und vereidigten Grundstückssachverständigen unterschiedlich beurteilt worden. So hat das Hessische FG im Urteil v. 11.12.2000[13] den Nachweis durch Vorlage einer Schätzungsurkunde des Ortsgerichts für den Nachweis i.S.d. § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG nicht anerkannt, weil sich die Wertfindung im Wesentlichen auf Indexzahlen stützte, ohne einen Bezug zu den Verhältnissen auf dem unmittelbaren örtlichen Grundstücksmarkt herzustellen. Dagegen sieht es das FG Rheinland–Pfalz im Urteil v. 24.7.2001[14] als sachgerecht an, den Kreis der Gutachter, die ein Gutachten über den niedrigeren Verkehrswert für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG erstellen können, nicht auf die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen und den örtlich zuständigen Gutachterausschuss zu beschränken, sondern auch nicht öffentlich bestellte und vereidigte Grundstückssachverständige zuzulassen, soweit davon ausgegangen werden kann, dass diese Gutachter nicht parteiisch sind. Ebenso hat das FG Nürnberg im Urteil v. 29.3.2001[15] entschieden, in dem es darauf hingewiesen hat, dass ein Gutachten für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht notwendig von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellt werden müsse. Allerdings gelte dies nur dann, wenn das vorgelegte Gutachten inhaltlich richtig und schlüssig sei und den allgemein anerkannten Grundsätzen der Wertermittlung genüge, wie sie insbesondere in der Wertermittlungsverordnung 1991/1996 niedergelegt seien.[16]

 

Rz. 83

[Autor/Stand] Das FG Rheinland-Pfalz weist in seinem Urteil v. 24.7.2001[18] außerdem darauf hin, dass sich aus dem Wortlaut des § 145 Abs. 3 Satz 3 bzw. § 146 Abs. 7 BewG nicht ergebe, wie der dem Steuerpflichtigen obliegende Nachweis des niedrigeren Verkehrswerts im Einzelnen zu führen sei. Da das Gesetz von Nachweis und nicht von Glaubhaftmachung spreche, sei es sachgerecht, so das Hessische FG im Urteil v. 11.12.2000[19], dass die Finanzverwaltung für einen solchen Nachweis i.d.R. ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken o...

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