3.2.1 Aufbewahrung bei schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers

Neben den gesetzlich geregelten Aufbewahrungspflichten bestehen weitere Fälle, in denen Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben könnten, Daten und Unterlagen ihrer Arbeitnehmer aufzubewahren. So kann eine Löschung unterbleiben, wenn dadurch schutzwürdige Interessen des Betroffenen – sprich des Arbeitgebers – beeinträchtigt werden würden.[1]

Besonders relevant ist dies für allgemeine Personalunterlagen. Für deren Aufbewahrung besteht keine gesetzliche Verwahrungsfrist.[2] Dennoch können berechtigte Interessen des Arbeitgebers an der Verarbeitung auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbestehen. Beschäftigtendaten dürfen daher auch verarbeitet werden, soweit dies im Zusammenhang mit seiner Beendigung erforderlich ist. Eine solche Notwendigkeit kann zur Erfüllung von mit der Beendigung entstandenen nachträglichen Vertragspflichten bestehen, wozu z. B. die Erstellung eines Zeugnisses gehört.[3]

Für die Aufbewahrung von Daten, die später noch einmal für eine mögliche Rechtsverfolgung von Bedeutung sein könnten (beispielsweise im arbeitsrechtlichen Prozess), besteht ebenfalls ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers. Begründen lässt sich dies damit, dass datenschutzrechtliche Anforderungen nicht überspannt werden dürfen und insbesondere nicht dazu führen sollen, dass die Rechtsverteidigung des Arbeitgebers vereitelt wird.[4]

Unverzüglich nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu löschen sind allerdings die Daten, die für eine materiell-rechtliche Rechtsverfolgung nicht in Betracht kommen können. Veröffentlichte Mitarbeiterdaten, z. B. in Blogs, Social-Media-Kanälen oder auch beispielsweise auf der Homepage sind grundsätzlich unverzüglich mit dem Ausscheiden zu löschen, auch wenn der Arbeitnehmer hierzu seine schriftliche Einwilligung erteilt und diese auch nicht ausdrücklich widerrufen hat. Aus dem Zweck der Einwilligung wird hergeleitet, dass diese grundsätzlich nur auf den Zeitraum des Beschäftigungsverhältnisses beschränkt ist.[5]

[2] Linck in Schaub ArbR-HdB, § 149, Rz. 9.
[3] Gola in Heckmann/Gola/Pötters, BDSG § 26, Rz. 192.
[4] Haußmann/Karwatzki/Ernst, DB 2018, S. 2697.
[5] Francke in MHdB ArbR, § 139, Rz. 26.

3.2.2 Problem: Aufbewahrungsfristen

Unklar ist, wie lange der Arbeitgeber die Unterlagen aufbewahren darf bzw. wann er die Daten spätestens zu löschen hat. Hierzu werden verschiedene Ansichten vertreten. Ausgangsüberlegung ist dabei, dass es dem Arbeitgeber zu gestatten ist, Unterlagen des Arbeitnehmers so lange aufzubewahren, bis er nicht mehr mit der Geltendmachung von Ansprüchen des Arbeitnehmers oder Dritter rechnen muss oder Verfahren um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis rechtskräftig abgeschlossen sind.

Wahrscheinlichkeit der Anspruchsgeltendmachung contra beeinträchtigte Arbeitnehmerbelange

Teilweise wird vertreten, dass sich die Aufbewahrungsfrist aus einer Abwägung zwischen der Wahrscheinlichkeit der Geltendmachung von Ansprüchen einerseits und den beeinträchtigten Belangen des Arbeitnehmers durch die weitere Speicherung der Daten andererseits ergeben sollte.[1]

Dies führt allerdings zu Rechtsunsicherheit und wird als praxisfremd kritisiert.[2]

Zivilrechtliche Verjährungsfristen

Als geeigneter Maßstab für die arbeitgeberseitige maximale Speicherdauer von Daten dürfte bei nicht tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen die allgemeine 3-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gelten; in Bezug auf tarifliche Ansprüche die jeweils geltende tarifliche Ausschlussfrist.[3]

Daraus ergibt sich eine allgemeine Aufbewahrungsfrist von bis zu 3 Jahren.

Weitere Besonderheiten bezüglich etwaiger Aufbewahrungsfristen

Ähnlich den allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsfristen bei Arbeitnehmerunterlagen sollte mit Unterlagen aus dem Bewerbungsverfahren von abgelehnten Bewerbern verfahren werden. Hier sollten die Unterlagen i. d. R. bis zu 2 Monaten aufbewahrt werden dürfen, da in dieser Zeit mit etwaigen Klagen des Bewerbers noch zu rechnen ist.

 
Praxis-Beispiel

Bewerbungsverfahren

Ein Bewerber wurde im Bewerbungsverfahren abgelehnt und ist hierüber sehr verärgert. Er geht wegen eines behaupteten Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gegen das Unternehmen vor, weil die Stelle nur für Bewerberinnen, aber nicht ausdrücklich auch für männliche Bewerber ausgeschrieben wurde. Ein solches Vorgehen ist bis zu 2 Monate nach der Absage zulässig. Bis zum Ablauf dieser 2 Monate muss das Unternehmen noch die Möglichkeit haben, auf die Daten aus dem Bewerbungsverfahren zuzugreifen.[4]

Teilweise wird auch von einer 6-monatigen Aufbewahrungsfrist ausgegangen. Diese Gesamtfrist setzt sich aus der 2-monatigen gesetzlichen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG, der 3-monatigen Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG und einem Sicherheitszuschlag von einem Monat zusammen.

Bei denkbaren Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder Freiheit beruhen, gilt eine 30-jährige Verjährungsfrist.[5] Kommen solche Ansprüche des Arbeitnehmers in Betracht, hat der...

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