Rz. 143

Wechselt der Unternehmer von der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten zur Regelbesteuerung nach vereinbarten Entgelten, muss ebenfalls sichergestellt werden, dass Umsätze nicht doppelt erfasst oder Umsätze gar nicht der Besteuerung unterworfen werden. Dabei ist es unerheblich, aus welchem Grund die Änderung des Besteuerungsverfahrens vorgenommen wird. Als Grund für einen Wechsel zur Besteuerung nach vereinbarten Entgelten kann insbesondere infrage kommen:

  • Freiwillige Rückkehr zur Berechnung der USt nach vereinbarten Entgelten oder
  • Rückkehr zur Berechnung nach vereinbarten Entgelten nach Widerruf der Gestattung der Finanzverwaltung. Regelmäßig wird dies in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen für die Gestattung nach § 20 S. 1 UStG nicht mehr vorliegen[1], bzw. nach einer Änderung der Rechtsprechung und der Auffassung der Finanzverwaltung, wie bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten bei freiwilliger Führung von Büchern durch Freiberufler.[2]
 

Rz. 144

Kehrt der Unternehmer freiwillig wieder zur Berechnung der USt nach vereinbarten Entgelten zurück, wird auch ein rückwirkender Übergang zur Regelbesteuerung möglich sein. Diese Rückwirkung wird aber nach den derzeitigen Erkenntnissen nur soweit zurückreichen, als die Umsatzsteuer-Festsetzungen formell noch nicht bestandskräftig sind.[3] Dies gilt auch insoweit der Steuerbescheid noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO steht. Allerdings bestehen zumindest aus systematischen Gründen keine Bedenken, die Änderung auch bis zur materiellen Bestandskraft vornehmen zu können; vgl. Rz. 94. Widerruft die Finanzverwaltung die Gestattung zur Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten, wird sich der Widerruf regelmäßig nur auf die Zukunft beziehen.

 

Rz. 145

Bei einem Wechsel der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten zur Regelbesteuerung muss insbesondere darauf geachtet werden, dass eine Nichterfassung von Umsätzen vermieden wird. Es besteht insbesondere die Gefahr, dass Umsätze gar nicht der Besteuerung unterliegen, wenn die Leistung noch unter Anwendung der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten ausgeführt wurde, die Vereinnahmung aber erst zum Zeitpunkt der Anwendung der Regelbesteuerung erfolgt. Die USt entsteht aber erst dann, wenn die Gegenleistung vereinnahmt wurde und nicht schon mit der ersten Voranmeldung nach Wechsel des Besteuerungsverfahrens. Die Finanzverwaltung war früher davon ausgegangen, dass die USt nach Wechsel zur Regelbesteuerung für alle bisher noch nicht besteuerten Umsätze in der ersten Voranmeldung, die unter der Regelbesteuerung abzugeben war, angemeldet werden müsste. Nach einem anderslautenden Urteil des BFH[4] musste die Finanzverwaltung diese Auffassung aber aufgeben.

 

Beispiel: Keine sofortige Nachversteuerung nach Wechsel des Besteuerungsverfahrens

Spediteur S aus Freiburg hat bis Ende 01 zulässigerweise die USt nach vereinnahmten Entgelten berechnet. Da sein Gesamtumsatz nach Übernahme eines Konkurrenten auf 700.000 EUR angestiegen war, berechnet er die USt ab dem 1.1.02 nach vereinbarten Entgelten. Zum 31.12.01 waren noch nicht der USt unterworfene Forderungen i. H. v. 59.500 EUR offen. Von diesen offenen Forderungen erhält S in den Monaten Januar bis Mai 02 jeweils 11.900 EUR. S gibt monatliche Voranmeldungen ab.

S muss in den Voranmeldungen für Januar bis Mai 02 jeweils (netto) 10.000 EUR als Umsatz aus den vereinnahmten Entgelten für die in 01 erbrachten Leistungen anmelden und jeweils 1.900 EUR USt für diese Monate abführen. Eine sofortige Nachversteuerung der noch nicht besteuerten Forderungen in der Voranmeldung für Januar 02 hat nicht zu erfolgen.

 

Rz. 146

Hat der Unternehmer eine Leistung ausgeführt, als er noch die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten vorgenommen hatte und stellt sich nach Wechsel zur Regelbesteuerung heraus, dass das Entgelt uneinbringlich wird, ergibt sich keine Notwendigkeit für eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

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