Rz. 106

Hat die Finanzverwaltung dem Unternehmer die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten gestattet, bleibt der Verwaltungsakt nach § 124 Abs. 2 AO wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Auch der Widerruf des Verwaltungsakts muss dem Unternehmer von der Finanzverwaltung bekannt gegeben werden. Der Widerruf der erteilten Genehmigung muss innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem das FA Kenntnis von der Tatsache erhalten hat, die den Widerruf rechtfertigen.[1]

 

Rz. 107

Die Gestattung zur Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten kann für die Zukunft widerrufen werden, es kann aber unter bestimmten Voraussetzungen auch eine rückwirkende Rücknahme der Gestattung erfolgen.

 

Rz. 108

Als begünstigender Verwaltungsakt kann die Gestattung zur Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten nur (für die Vergangenheit) zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO vorliegen. Danach kann die Rücknahme des Verwaltungsakts erfolgen, wenn

  • er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
  • er durch unlautere Mittel wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
  • ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
  • seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
 

Rz. 109

Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 131 Abs. 2 AO – auch nachdem er unanfechtbar geworden ist – ganz oder teilweise für die Zukunft widerrufen werden,

  • wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
  • wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat,
  • wenn die Finanzbehörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
 

Rz. 110

Regelmäßig wird die Finanzverwaltung die Gestattung dann widerrufen, wenn der Unternehmer nicht mehr eine der alternativen Voraussetzungen nach § 20 S. 1 UStG erfüllt, am häufigsten wird dies bei Überschreitung der Gesamtumsatzgrenzen des § 20 S. 1 Nr. 1 UStG vorliegen. Ein Widerruf kann aber auch dann erfolgen, wenn die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten missbräuchlich erfolgt, um zwischen nahestehenden Personen durch Ausnutzung des Vorsteuerabzugsrechts des Abrechnungsempfängers Liquiditätsvorteile zu erlangen, indem die Steuerzahlung durch solche Gestaltungen hinausgeschoben werden. Indizien für eine solche Hinausschiebung der Besteuerung sollen nach Auffassung der OFD Karlsruhe[2] vage Vereinbarungen über die Fälligkeit der Rechnungsbeträge, die Nichteinhaltung konkreter Zahlungsziele und eine Fortführung der Umsätze, obwohl erhebliche Außenstände nicht beglichen werden, sein. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass das Auseinanderfallen von Steuerentstehung und Vorsteuerabzugsberechtigung in diesen Fällen auf einer unzutreffenden Umsetzung des Unionsrechts beruht, vgl. dazu auch Rz. 125a. Darüber hinaus kann der Widerruf erfolgen, wenn eine Änderung in der Rechtsauffassung eintritt; dies erfolgte z. B. durch das BMF[3] im Zusammenhang mit der freiwilligen Führung von Büchern von Freiberuflern (Rz. 88a f.).

 

Rz. 111

Grundsätzlich bleibt eine Gestattung nach § 124 Abs. 2 AO gültig, solange sie nicht widerrufen wird. Es ist aber auch möglich, eine Gestattung der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten in der Weise zu formulieren, dass sie bei Wegfall bestimmter – in der Gestattung erwähnter – Voraussetzungen automatisch ohne weitere Erklärung erlischt.[4] Regelmäßig wird dies der Fall sein, wenn das zuständige FA die Gestattung mit der Nebenbestimmung versehen hat, dass die Gestattung mit Ablauf des Kalenderjahres fortfällt, in dem der Gesamtumsatz die maßgebliche Grenze überschritten hat; es bedarf dann keines förmlichen Widerrufs.[5]

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