Rz. 1

Die umfassende Steuervergünstigung für alle gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Einrichtungen ist ähnlichen Vorschriften in anderen Steuergesetzen nachgebildet.[1] Sie hat auch im früheren Umsatzsteuerrecht bereits Vorläufer gehabt. So waren z. B. nach § 3 UStG 1918[2] die Umsätze von "Unternehmen, deren Zwecke ausschließlich gemeinnützige und wohltätige sind, soweit es sich nicht um solche Umsätze handelt, die auf Gewinnerzielung gerichtet sind", von der USt befreit. Die Vorschrift enthält zwei verschiedene Tatbestände der Steuerermäßigung. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen die Leistungen der Körperschaften dem ermäßigten Steuersatz, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. b UStG unterliegen auch die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 1 UStG bezeichneten Körperschaften dem ermäßigten Steuersatz, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt besteuert würden.

 

Rz. 2

Die Körperschaften müssen die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke ausschließlich und unmittelbar verfolgen. Durch die Bezugnahme auf die §§ 51 bis 68 AO bzw. §§ 66 bis 68 AO in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG wird deutlich, dass sich die Zwecke und die Art und Weise, wie sie verfolgt werden, nach diesen Vorschriften der AO bestimmen und abzugrenzen sind. Das ergibt sich auch unmittelbar aus § 51 AO. Danach sind die Bestimmungen der §§ 52ff. AO anzuwenden, wenn das Gesetz eine Steuervergünstigung gewährt, weil eine Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt. Die Voraussetzung des § 51 AO ist gegeben, weil § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG eine Steuerermäßigung gewährt, die den genannten Körperschaften vorbehalten ist.

 

Rz. 3

Unter Körperschaften i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG sind die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. KStG zu verstehen. Funktionale Untergliederungen (Abteilungen) von Körperschaften gelten nicht als selbstständige Steuersubjekte.[3]

 

Rz. 4

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 2 UStG gilt die Steuerermäßigung nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Daraus ergibt sich zunächst, dass die Steuerermäßigung im Übrigen grundsätzlich für alle Leistungen der begünstigten Körperschaften (und damit wohl auch für unentgeltliche Wertabgaben, Rz. 20 und 21) gilt. Auch wenn die ausdrückliche Bezugnahme auf § 14 AO an dieser Stelle fehlt, ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb i. S . dieser Vorschrift gemeint. Für Umsätze im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gilt der allgemeine Steuersatz, es sei denn, dass die Voraussetzungen einer Befreiungsvorschrift[4] oder einer anderen Ermäßigungsvorschrift[5] erfüllt sind.

 

Rz. 5

Die Steuerermäßigung ist nicht ausgeschlossen, soweit Leistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden, der einen Zweckbetrieb i. S. d. §§ 6568 AO darstellt. Denn nach § 64 Abs. 1 AO verliert die Körperschaft eine Steuervergünstigung nur, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb ist. Allerdings gilt nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 3 UStG für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, die Steuerermäßigung nur, wenn alternativ folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Der Zweckbetrieb dient nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden;
  • die Körperschaft verwirklicht mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst.
 

Rz. 6

Handelt die Körperschaft lediglich im Rahmen einer Vermögensverwaltung (d. h. geht der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nicht über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinaus), ist die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ebenfalls nicht ausgeschlossen. Eine Vermögensverwaltung liegt i. d. R. vor, wenn Vermögen genutzt, z. B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird.[6]

 

Rz. 7

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. b UStG unterliegen auch die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 1 UStG bezeichneten Körperschaften dem ermäßigten Steuersatz, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt besteuert würden.

 

Rz. 8

Die Regelung begünstigt also insbesondere die Tätigkeiten steuerbegünstigter Körperschaften, wenn sie sich für vorübergehende Zwecke zusammenschließen (z. B. bei gemeinsamen Sportveranstaltungen oder Lotterien). Auch we...

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