Rz. 442

Die Übertragung des Unternehmens oder des in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebs muss an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgen. Die Unternehmereigenschaft bestimmt sich dabei nach den allgemeinen Grundsätzen des § 2 UStG; nicht von Bedeutung ist, ob der Erwerber ein Einzelunternehmen, eine Personengemeinschaft oder eine juristische Person ist. Der Erwerber muss aber nicht schon vor Erwerb des Unternehmens die Unternehmereigenschaft begründet haben, es ist ausreichend, dass die unternehmerische Tätigkeit des Erwerbers auch erst mit dem Erwerb des Unternehmens oder des Unternehmensteils beginnen kann.[1] Mit der Übertragung des Betriebs oder des Teilbetriebs wird aber nicht automatisch die Unternehmereigenschaft begründet, der Erwerber muss aus eigener Tätigkeit heraus die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 UStG erfüllen. Er muss dazu die Absicht haben, nachhaltig Umsätze ausführen zu wollen und damit Einnahmen zu erzielen.[2] Die Entnahme sämtlicher Unternehmensgegenstände aus dem Unternehmen in den nichtunternehmerischen Bereich kann keine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG darstellen.

 

Rz. 443

Beabsichtigt der Erwerber eines gesamten Unternehmens, dieses nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen zu verwenden, indem er die bisherige Tätigkeit fortzusetzen beabsichtigt, ist die unternehmerische Betätigung gegeben und kann auch nicht infrage gestellt werden, wenn aus wirtschaftlichen Gründen dann keine Einnahmen erzielt werden. So hatte der BFH[3] bei der Übernahme eines verpachteten Grundstücks, bei dem aus wirtschaftlichen Gründen dann auf die Pachtzinszahlungen verzichtet wurde, diese Zahlungen aber bei wirtschaftlicher Verbesserung wieder aufgenommen werden sollten, die Unternehmereigenschaft des Übernehmers bejaht und die Übertragung des verpachteten Grundstücks als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG beurteilt. Die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit muss allerdings bei einer mehrfachen Übertragung (sog. Kettenerwerb) nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen.[4]

Der Erwerber muss aber auf jeder Stufe Unternehmer i. S. d. § 2 UStG sein.[5]

 

Rz. 444

Ist der Erwerber des gesamten Unternehmens (Teilbetriebs) nicht Unternehmer und wird er nach dem Erwerb des Unternehmens auch nicht unternehmerisch tätig, kann die Veräußerung nicht unter die Nichtsteuerbarkeit des § 1 Abs. 1a UStG fallen. Soweit der Erwerber beabsichtigt, das erworbene Unternehmen weiterzuführen (schädlich für eine Geschäftsveräußerung wäre das Ziel, das Unternehmen sofort einzustellen[6]), wird sich durch die dann in der Person des Erwerbers ausgeführten Umsätze die Unternehmereigenschaft begründen. Wird aber ein Unternehmen z. B. an eine hoheitlich tätige juristische Person des öffentlichen Rechts übertragen, die auch mit dem übertragenen Unternehmen nicht unternehmerisch tätig werden wird, ist die Veräußerung steuerbar. Damit wird im Ergebnis ein unbesteuerter Letztverbrauch verhindert.[7]

 
Praxis-Beispiel

Verkauf an juristische Person des öffentlichen Rechts

V besitzt als einziges Immobilienobjekt ein Verwaltungsgebäude, das er an die Stadt für deren hoheitliche Zwecke vermietet hat. Da V das Gebäude veräußern möchte, beschließt die Stadt, die Immobilie zu erwerben und weiterhin für ihre hoheitlichen Zwecke zu nutzen.

Die Veräußerung der Immobilie fällt nicht unter § 1 Abs. 1a UStG, da zwar das gesamte Unternehmen des V veräußert wird, der Erwerber aber weder Unternehmer ist, noch Unternehmereigenschaft erwirbt. Darüber hinaus würde auch nicht die Voraussetzung erfüllt sein, dass der Erwerber "das Unternehmen" des Veräußerers fortsetzt, da V ein Vermietungsunternehmen betrieb und die Stadt nicht als Vermieter mit dem Objekt tätig wird.

 

Rz. 445

Die Übertragung des Unternehmens oder des in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebs muss an einen "anderen" erfolgen ("Rechtssubjektwechsel"); ohne eines solchen Rechtssubjektwechsels fehlt es i. d. R. sowieso an einem steuerbaren Umsatz (mit Ausnahme der Entnahmetatbestände).[8] So kann die Übertragung eines Teilbetriebs innerhalb eines umsatzsteuerrechtlich einheitlichen Unternehmens im Organkreis nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG nicht zu einer Geschäftsveräußerung führen, die Übertragung ist als Innenumsatz grundsätzlich nicht steuerbar[9], sodass für die Anwendung der Sonderregelung des § 1 Abs. 1a UStG keine Notwendigkeit besteht. Die Übertragung muss aber an "einen" Erwerber ausgeführt werden. Soweit Übertragungen an verschiedene Erwerber durchgeführt werden, kann keine Geschäftsveräußerung vorliegen[10]; etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn die zivilrechtlich eigenständigen Erwerber umsatzsteuerrechtlich in einem Organkreis als einheitliches Unternehmen verbunden sind.[11]

Überträgt aber die frühere Organträgerin ein ihr gehörendes Grundstück im Rahmen der Beendigung der Organschaft auf die frühere Organgesellschaft ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge