Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG bei Organschaften

In bestimmten Fällen ist die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger von den Ausgangsumsätzen des Leistungsempfängers abhängig (z. B. bei Bauleistungen). Die Finanzverwaltung stellt klar, dass nicht steuerbare Innenumsätze innerhalb des Organkreises dabei nicht zu berücksichtigen sind.

Das neue BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 13b.3, 13b.3a und 13b.7b UStAE.

Liegen die Voraussetzungen der Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG im Inland vor, gilt nach der momentanen nationalen Rechtsauffassung der Organträger als der Unternehmer, die Organgesellschaften sind unselbstständige Teile dieses Organkreises.

Wichtig: Zu beachten sind hier allerdings zwei Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH, in denen es u.a. darum geht, ob tatsächlich der Organträger der Unternehmer und damit der Träger aller umsatzsteuerrechtlichen Rechte und Pflichten ist oder ob nicht der Organkreis als eigenständiges Gebilde die Unternehmereigenschaft innehat (BFH Beschluss vom 11.12.2019 - XI R 16/18 – beim EuGH C-141/20 (Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie) – sowie BFH Beschluss vom 07.05.2020 - V R 40/19, – beim EuGH C-269/20 (S)).

Liegt ein einheitliches Unternehmen vor, können zumindest im Inland innerhalb dieses Unternehmens nur nicht steuerbare Innenumsätze ausgeführt werden.

Art der Ausgangsumsätze

Die Art der Ausgangsumsätze eines Unternehmens kann nun aber wieder einen Einfluss auf die Bestimmung der Steuerschuldnerschaft haben. So wird bei der Ausführung von Bauleistungen der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung, wenn er selbst ein "bauleistender Unternehmer" ist (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG).  Bei der Lieferung von Gas oder Elektrizität (§ 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b i. V. m. Abs. 5 Satz 3 und Satz 4 UStG) oder – seit dem 01.01.2021 – auch bei der Ausführung von Telekommunikationsdienstleistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 12 i. V. m. Abs. 5 Satz 6 UStG) wird der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner, wenn er bezüglich der ihm gegenüber ausgeführten Umsätze "Wiederverkäufereigenschaft" inne hat.

Die Anweisung des BMF

Die Finanzverwaltung hat jetzt unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BFH (Urteil vom 23.07.2020 - V R 32/19) im UStAE klargestellt, dass für die Beurteilung der Ausgangsleistungen des Leistungsempfängers bei Organschaften auf die Außenumsätze des Organkreises abzustellen ist und die nicht steuerbaren Innenumsätze bei der Beurteilung der Eigenschaft des Leistungsempfängers unbeachtlich sind. Dies bedeutet, dass z. B. bei der Beurteilung, ob eine Organgesellschaft für ihr gegenüber ausgeführte Bauleistungen die Eigenschaft "bauleistender Unternehmer" inne hat, nur auf die Außenumsätze (weltweit ausgeführte Umsätze der Organgesellschaft) abzustellen ist. Die nicht steuerbaren Innenumsätze gegenüber anderen Organgesellschaften bzw. gegenüber dem Organträger sind in diese Prüfung nicht mit einzubeziehen. Dies gilt vergleichbar bei den Gebäudereinigungsleistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 8 i. V. m. Abs. 5 Satz 5 UStAE) oder der Wiederverkäufereigenschaft bei der Lieferung von Gas, Elektrizität oder den Telekommunikationsdienstleistungen.

Hinweis: Die Entscheidung des BFH war zur Rechtslage des § 13b UStG vor dem 01.10.2014 (Altfassung) ergangen, nach der die Eigenschaft des Leistungsempfängers nach anderen Kriterien zu beurteilen war. Die Finanzverwaltung geht aber zurecht davon aus, dass die in dem Urteil dargestellt Konsequenz insoweit auch auf die aktuelle Rechtslage anzuwenden ist.

Konsequenzen für die Praxis

Von der Grundaussage her sind die Feststellungen der Finanzverwaltung zutreffend. Aus der sehr verkürzten Aussage im UStAE, dass nicht steuerbare Innenumsätze für die Beurteilung der Eigenschaft des Leistungsempfängers (Organgesellschaft) unbeachtlich sind, ergeben sich jetzt aber wieder neue Fragen.

Offensichtlich ist nach Auffassung der Finanzverwaltung die (mittelbar) mit dem nicht steuerbaren Innenumsatz bewirkte Ausgangsleistung nicht der Organgesellschaft zuzurechnen. Dem ist dem Grunde nach zuzustimmen.

Es ergeben sich dann aber wiederum Probleme, wenn für die Eigenschaft "bauleistender Unternehmer" nur auf die tatsächlichen Ausgangsumsätze der Organgesellschaft abgestellt wird. Wenn eine Organgesellschaft selbst für 10 Mio. EUR Bauleistungen bezieht, gegenüber anderen Organgesellschaften und dem Organträger Bauleistungen als nicht steuerbare Innenumsätze für 12 Mio. EUR ausführt und Dritten gegenüber noch für 100.000 EUR Leistungen erbringt, die nicht als Bauleistungen nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG einzuordnen sind, würden nach Auffassung des BMF für die isolierte Beurteilung der Organgesellschaft als "bauleistender Unternehmer" nur die unmittelbar Dritten gegenüber ausgeführten Leistungen heranzuziehen sein. Die Organgesellschaft wäre insoweit nicht bauleistender Unternehmer, da keine "Bauleistungen" am Markt ausgeführt werden. In diesem Fall stößt die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, die einzelnen Elemente des einheitlichen Organkreises isoliert zu betrachten, an systematische Grenzen.

Die Regelungen sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

BMF, Schreiben v. 27.9.2021, III C 3 - S 7279/19/10005 :003