Rz. 48

Problematisch ist aber die Zuordnungsmöglichkeit von Leistungen, die der Unternehmer nicht ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet. Früher war klar, dass bezogene sonstige Leistungen, soweit sie auch für unternehmerische Zwecke verwendet wurden, dem Unternehmen voll zugeordnet werden konnten. Bei Gegenständen galt dies entsprechend, mit der Einschränkung der 10 %-Grenze (Rz. 44). Dazu hatte der EuGH[1] schon früh festgestellt, dass ein einheitlicher Gegenstand, der sowohl zu unternehmerischen als auch zu privaten Zwecken verwendet wird, ganz, gar nicht oder auch nur teilweise dem Unternehmen zugeordnet werden kann. Mit verschiedenen Urteilen zur sog. "Sphärentheorie" hat der EuGH dann allerdings für zusätzliche Verunsicherung gesorgt, da das Spannungsverhältnis zwischen Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen und der Vorsteuerabzugsberechtigung nur unzureichend beachtet wurde.[2]

 

Rz. 49

Während in Deutschland bei der Frage der Zuordnung von Leistungen und dem damit verbundenen Vorsteuerabzug von den zwei Sphären "unternehmerisch" und "nichtunternehmerisch" ausgegangen wurde, kam der EuGH in seinen Entscheidungen zu einem anderen Ergebnis. In seiner Entscheidung "Securenta"[3] stellte der EuGH fest, dass der Steuerpflichtige auch nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausführen würde, die insoweit nicht in den Anwendungsbereich der USt fallen würden. Damit im Zusammenhang stehende Eingangsleistungen sind grundsätzlich vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Soweit Eingangsleistungen sowohl mit der unternehmerischen als auch mit der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen, ist eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorzunehmen.

 

Rz. 50

Ein Jahr später konkretisierte der EuGH in seiner Entscheidung "VNLTO"[4] diese Grundsätze und stellte im Ergebnis fest, dass ein Unternehmer – gleich welcher Rechtsform – im Ergebnis drei Sphären haben kann: die unternehmerische, die "private" und die nichtwirtschaftliche Sphäre. Dieses Urteil war im Ergebnis nicht überraschend. Es hatte sich aus der Entscheidung im Fall Securenta schon abgezeichnet, denn das Vorabentscheidungsersuchen im Verfahren VNLTO war beim EuGH schon vor dem Urteil im Securenta-Verfahren eingereicht worden. In dem Verfahren ging es um einen niederländischen Verband, der nach der Auffassung der niederländischen Finanzverwaltung einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bereich hatte. Aus Leistungsbezügen, die im Zusammenhang mit beiden Bereichen standen, machte VNLTO den vollen Vorsteuerabzug geltend. Während das vorlegende Gericht der Niederlande[5] wie auch die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Stellungnahme[6] in dem Verfahren davon ausgingen, dass auch juristische Personen solche gemischt verwendeten Leistungsbezüge voll zum Vorsteuerabzug zulassen können, um dann eine unentgeltliche Ausgangsleistung nach § 3 Abs. 9a UStG der Besteuerung zu unterwerfen, stellte der EuGH klar, dass die nichtwirtschaftliche Tätigkeit nicht in den Anwendungsbereich der USt fallen würde und insoweit schon bei Leistungsbezug den Vorsteuerabzug ausschließt. Keine unmittelbare Aussage hat der EuGH aber zu der Frage der Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen getroffen, es blieb insoweit offen, ob der Unternehmer die bezogene Leistung in vollem Umfang seinem Unternehmen zuordnen kann, dann aber nur anteilig zum Vorsteuerabzug berechtigt ist oder ob die Leistung von Beginn an nur anteilig dem Unternehmen zugeordnet werden kann. Diese Rechtsfrage erscheint zwar im Zusammenhang mit der Vorsteuerabzugsberechtigung im Moment des Leistungsbezugs vernachlässigbar, hat aber bei einer späteren Änderung des Umfangs der Nutzung entscheidenden Einfluss auf die Anwendung der Regelungen sowohl zur Vorsteuerberichtigung als auch bei der umsatzsteuerrechtlichen Erfassung im Falle eines Verkaufs. Offensichtlich ist aber der EuGH davon ausgegangen, dass die Leistung bei einer auch nichtwirtschaftlichen Mitverwendung insgesamt dem Unternehmen zugeordnet werden kann, da er in der Zusammenfassung seiner Rechtsaussage feststellt, dass "… Art. 6 Abs. 2 Buchst. a und Art. 17 Abs. 2 (der 6. EG-)Richtlinie dahin auszulegen sind, dass sie auf die Verwendung von Gegenständen und Dienstleistungen nicht anwendbar sind, die dem Unternehmen für die Zwecke anderer als der besteuerten Umsätze des Steuerpflichtigen zugeordnet sind …".[7]

 

Rz. 51

Bei der derzeitigen Ausgestaltung der Regelungen zur Vorsteuerabzugsberichtigung muss mit beachtet werden, ob und in welchem Umfang der Unternehmer eine bezogene Leistung seinem Unternehmen zuordnen kann oder muss. Hier scheinen der EuGH und der BFH die systematischen Grundsätze unterschiedlich zu interpretieren. Der EuGH scheint davon auszugehen, dass der Unternehmer eine bezogene Leistung, die er auch für nichtwirtschaftliche Leistungen bezieht, dennoch insgesamt seinem Unternehmen zuordnen kann (Rz. 50). Zumindest der XI. Senat des BFH scheint dagegen die Rechtsprechung des EuGH dahingehend zu interpretieren, dass der Unternehmer ...

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