1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 3 PStTG definiert die Begriffe der Plattform (Abs. 1), des Plattformbetreibers (Abs. 2), des freigestellten Plattformbetreibers (Abs. 3) und des meldenden Plattformbetreibers (Abs. 4). Die Vorschrift legt fest, wer nach dem PStTG verpflichtet ist, und stellt damit klar, dass das PStTG ausschließlich digitale Plattformen zum Regelungsgegenstand hat.[1]

[1] Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 19.9.2022, BT-Drs. 20/3436, 47.

2 Plattform (Abs. 1)

2.1 Allgemeines

 

Rz. 2

Abs. 1 beinhaltet für die Zwecke des PStTG die Definition des Begriffs der Plattform und setzt damit die Begriffsbestimmung in Anhang V, Abschn. I, Unterabschn. A, Nr. 1 der Richtlinie 2011/16/EU um.[1]

 

Rz. 3

Abs. 1 legt damit in wesentlicher Hinsicht den sachlichen Anwendungsbereich des PStTG fest, indem er den Begriff der Plattform legal definiert.[2]

 

Rz. 4

Voraussetzung für die Anwendung des PStTG ist zunächst, dass eine Plattform vorliegt. Die Subsumtion unter den Plattformbegriff ist im Einzelfall alles andere als trivial. Dies gilt insbesondere in verzweigten Konzernstrukturen, in denen verschiedene Konzerngesellschaften unterschiedliche Produkte digital vermarkten. In diesen Fällen ist die zutreffende Identifizierung und ggf. Abgrenzung der jeweiligen System- und Softwarearchitektur entscheidend, um das Bestehen einer oder mehrerer Plattformen beurteilen zu können.[3]

 

Rz. 5

Ein Anhaltspunkt für das Bestehen einer Plattform kann dabei eine zentrale Datenbank zur Registrierung der Nutzer sowie zur Erfassung und Abwicklung der abgeschlossenen Rechtsgeschäfte sein, auf welche die verschiedenen Vermarktungsinstrumente zugreifen. Unerheblich ist hingegen, ob die Buchungsplattform von verschiedenen Endgeräten aus abgerufen werden kann – etwa über eine mobile App oder eine Internetseite.[4] Denn hierbei handelt es sich lediglich um die zur Registrierung und Nutzung der Plattform erforderlichen Benutzeroberflächen, ohne die eine Interaktion auf der Plattform schlechthin nicht möglich wäre.[5]

 

Rz. 6

 
Hinweis

Praxishinweis: Die Auskunft nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PStTG ermöglicht, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 PStTG verbindlich zu klären. Dies sollte im Zweifelsfall in Anspruch genommen werden, um Haftungsrisiken zu minimieren.[6]

 

Rz. 7

Der Gesetzgeber hat die Definition bewusst weit gefasst.[7] Zum einen soll der sachliche Anwendungsbereich des PStTG dadurch gängige Transaktions-Plattformen (auch als multi-sided platforms, peer-to-peer-platforms oder digital matchmakers bezeichnet) erfassen.[8] Diese ermöglichen einen Leistungsaustausch zwischen den Teilnehmern der Plattform. Der Leistungsaustausch kann durch das Zurverfügungstellen von Nutzungsrechten (sog. sharing economy, bspw. in Form der Vermietung von Wohnraum oder Fahrzeugen), von Arbeitskraft (gig economy; bspw. in Form von Fahr- oder Lieferdiensten) oder durch den Warenhandel erfolgen. Auf diese Weise werden in der Plattformökonomie anzutreffende Geschäftsmodelle erfasst, die eine Vielzahl von Personen nutzt und deren Einkünfte bislang typischerweise keiner Meldung an die Steuerbehörden durch Dritte unterlagen, wie insbesondere Arbeitgeber. Zum anderen soll die weite Definition der sich stetig verändernden und sich fortentwickelnden Wirtschaft gerecht werden und bislang unbekannte, erst künftig anzutreffende Geschäftsmodelle einbeziehen können.[9]

 

Rz. 8

§ 5 PStTG schränkt den sachlichen Anwendungsbereich auf sog. relevante Tätigkeiten[10] ein. Außerdem wird für die Zwecke des PStTG[11] vorausgesetzt, dass die Tätigkeit gegen Vergütung erbracht wird.[12]

[1] Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 19.9.2022, BT-Drs. 20/3436, 47f.
[2] Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 19.9.2022, BT-Drs. 20/3436, 47.
[3] Oldiges/Reiners, DStR 2023, 1291, 1292.
[4] Diese Wertung steht nicht nur im Einklang mit den nationalen Gesetzeserwägungen (vgl. BT-Drs. 20/3436, 48). Auch die DAC-7-Richtlinie schließt die zum bloßen Zugriff auf die Plattform genutzten Internetseiten und (mobilen) Anwendungen in den Software- und damit den Plattformbegriff ein (vgl. ABl EU L 104/18 v. 25.3.2021).
[5] Oldiges/Reiners, DStR 2023, 1291, 1292.
[6] Oldiges/Reiners, DStR 2023, 1291, 1292.
[7] Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 19.9.2022, BT-Drs. 20/3436, 48.
[8] Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 19.9.2022, BT-Drs. 20/3436, 48.
[9] Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 19.9.2022, BT-Drs. 20/3436, 48.
[11] Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 19.9.2022, BT-Drs. 20/3436, 48.

2.2 Einzelmerkmale (Abs. 1 S. 1)

 

Rz. 9

Die Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 PStTG versteht unter einer Plattform ein auf digitalen Technologien beruhendes System, welches verschiedenen Personengruppen über das Internet mittels einer Software die Kontaktaufnahme sowie den Abschluss bestimmter Rechtsgeschäfte ermöglicht, die auf die Erbringung relevanter Tätigkeiten[1] gerichtet sind. Neben digitalen Technologien fallen unter den Begriff der "digitalen Plattform" weitere Kompo...

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