Rz. 41
Das Vorliegen eines Verfahrensmangels, auf dem die FG-Entscheidung beruhen kann, muss ebenfalls "dargelegt", d. h. substanziiert begründet werden. Zum Begriff des Verfahrensmangels vgl. § 115 FGO Rz. 46ff. Die Verfahrensrüge ist im Gegensatz zur Rüge der grundsätzlichen Bedeutung einzelfallbezogen.
Eine ausreichende Bezeichnung des Verfahrensmangels ist nur dann gegeben, wenn in der Nichtzulassungsbeschwerde die Tatsachen angegeben werden, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben. Es muss somit außer der Angabe der Tatsachen dargelegt werden, dass das FG-Urteil, ausgehend vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG, auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen kann, d. h., dass die Möglichkeit besteht, dass die FG-Entscheidung ohne den Verfahrensverstoß anders, und zwar günstiger, ausgefallen wäre, dass dieser also entscheidungserheblich ist. Für die Entscheidungserheblichkeit ist der materiell-rechtliche Standpunkt des FG maßgebend, auch wenn dieser vom BFH nicht geteilt wird. Schlüssigkeit ist gegeben, wenn die vorgetragenen Tatsachen – ihre Richtigkeit unterstellt – den behaupteten Verfahrensmangel begründen. Der BFH soll dadurch in die Lage versetzt werden, allein anhand der Beschwerdeschrift – ohne Prüfung der Akten – das Vorliegen eines Verfahrensmangels zu prüfen.
Die Verfahrensrüge muss nicht nur schlüssig sein. Der Verfahrensfehler muss zur Zulassung der Revision auch tatsächlich vorliegen.
Rz. 42
Die Anforderungen an eine mit der Nichtzulassungsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge decken sich mit denen nach § 120 Abs. 2 S. 2 FGO für eine entsprechende Rüge im Revisionsverfahren; vgl. i. E. § 120 FGO Rz. 40ff. Ergeben sich die einen angeblichen Verfahrensverstoß begründenden Tatsachen bereits aus dem Urteil selbst, ist ihre Angabe in der Beschwerdeschrift nicht erforderlich. Hat das FG selbst im Urteil begründet, weshalb es von der Erhebung beantragter Beweise abgesehen hat, genügt bereits die schlichte Rüge der Nichtbefolgung des Beweisantritts den Darlegungsanforderungen an eine Aufklärungsrüge; zur Rüge absoluter Revisionsgründe s. Kommentierung zu § 119 FGO.
Wichtig ist, dass auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, auf deren Einhaltung verzichtet werden kann, nur dann schlüssig ist, wenn dargelegt wird, dass der Verfahrensfehler vor dem FG rechtzeitig gerügt wurde bzw. aus welchen Gründen die Rüge nicht möglich war. Die unterlassene rechtzeitige Rüge hat den endgültigen Rügeverlust zur Folge.
Mit der – in der Praxis bedeutenden – Rüge mangelnder Sachaufklärung hat der Beschwerdeführer daher auch darzulegen, warum er das Recht, das Unterbleiben einer weiteren Sachaufklärung vor dem FG zu rügen, nicht durch das Unterlassen einer entsprechenden Rüge in der mündlichen Verhandlung verloren hat. Ferner ist vorzutragen, welche konkreten, vom FG nicht bereits als wahr unterstellten Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern diese Tatsachen auf der Grundlage des – ggf. auch unrichtigen – materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können. Darüber hinaus brauchen Beweisermittlungsanträge und Beweisausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, vom FG regelmäßig nicht befolgt zu werden.
Wird die Verletzung der das FG von Amts wegen treffenden Pflicht zur Sachaufklärung gerügt, muss dargelegt werden, weshalb sich auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG eine weitere Aufklärung des Sachverhalts für dieses auch ohne Antragstellung hätte aufdrängen müssen.
Dem FG-Urteil vorangegangene Entscheidungen, die nach der FGO unanfechtbar sind und nicht der revisionsrechtlichen Beurteilung unterliegen, können nicht im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren mit dem Verfahrensmangel angegriffen werden.