Rz. 3

Als Haftender kommt der Eigentümer eines Gegenstands in Betracht, der einem Unternehmen dient und nicht im Eigentum des Unternehmers steht. Steht der Gegenstand im Eigentum des Unternehmers, so schuldet dieser, sodass eine Haftung ausscheidet. Als Eigentümer i. S. d. Vorschrift ist der Vollrechtsinhaber hinsichtlich des Gegenstands zu verstehen, also auch der Gläubiger von Rechten. In der nicht eindeutigen Formulierung der Vorschrift "Eigentümer der Gegenstände" ist der Begriff des Eigentümers zu eng gewählt, nicht dagegen der Begriff des Gegenstands zu weit. Zu den Gegenständen gehören neben den Sachen[1] auch die Rechte.[2] Dazu kann auch das Teileigentum zählen.[3] Da auch diese einem Unternehmen dienen können, ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift davon auszugehen, dass sie in den Haftungsbereich fallen.

Wer als Eigentümer oder Gläubiger (Vollrechtsinhaber) anzusehen ist, richtet sich nach bürgerlichem Recht, § 39 AO ist hier nicht anwendbar.[4] Der Sicherungseigentümer und der Sicherungsgläubiger können daher Eigentümer i. S. d. Vorschrift sein.[5] Die Haftungsvorschrift soll nämlich gerade die die Vollstreckung hindernden Einwendungen ausschalten. Da sicherungsübereignete Sachen in aller Regel dem Unternehmen des Sicherungsgebers weiter dienen, sind sie für die Haftung praktisch auch besonders wichtig. Umgekehrt ist nicht Eigentümer i. S. d. Vorschrift, wer den Gegenstand unter Eigentumsvorbehalt erworben hat und deshalb bisher nur ein Anwartschaftsrecht besitzt.[6]

 

Rz. 3a

Die Vorschrift verlangt kein Alleineigentum des Haftenden. Wenn sie von einer am Unternehmen wesentlich beteiligten Person spricht, so ist dieses Wort nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmter Artikel gemeint.[7] Bei Miteigentum[8] sind alle Miteigentümer Haftende, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen, vor allem wesentlich beteiligt sind.[9] Sind nicht alle Miteigentümer wesentlich beteiligt, so kommt die Haftung nur mit ihrem Bruchteil am Gegenstand in Betracht. Bei Gesamthandseigentum muss nicht die Gesamthandsgemeinschaft die sonstigen Voraussetzungen wie die wesentliche Beteiligung erfüllen. Es genügt, wenn die einzelnen ­Gesamthänder dies tun, die Träger des Gesamthandsvermögens sich also ausschließlich aus den am Unternehmen wesentlich beteiligten Personen zusammensetzen.[10] Zu beachten ist, dass eine Vollstreckung in den Gegenstand einen vollstreckbaren Verwaltungsakt gegen die Gesamthandsgemeinschaft oder BGB-Gesellschaft voraussetzt.[11] Ein solcher ist beim Vorhandensein eines oder mehrerer nicht wesentlich beteiligter Personen in der Gestalt eines Haftungsbescheids nach § 74 AO nicht zulässig.[12]

[1] § 90 BGB: körperliche Gegenstände.
[2] A. A. AEAO, zu § 74 Nr. 1.
[3] FG Nürnberg v. 6.7.1993, II 38/93, EFG 1993, 759; BFH v. 14.6.1994, VII B 239/93, BFH/NV 1995, 89.
[4] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 74 AO Rz. 3; Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 74 AO Rz. 11.
[5] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 74 AO Rz. 3; a. A. Blesinger, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 74 AO Rz. 6.
[6] BFH v. 27.6.1957, IV 298/56 U, BStBl III 1957, 279; Klein/Rüsken, AO, 14. Aufl. 2018, § 74 Rz. 4.
[7] FG Rheinland-Pfalz v. 12.12.1978, II 347/77, EFG 1979, 158.
[9] Vgl. zur Haftung bei Miteigentum BFH v. 14.6.1994, VII B 239/93, BFH/NV 1995, 89.
[10] BFH v. 10.11.1983, V R 18/79, BStBl II 1984, 127; FG Rheinland-Pfalz v. 12.12.1978, II 347/77, EFG 1979, 158.
[12] Ebenso Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 74 AO Rz. 13; a. A. Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 74 AO Rz. 4.

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