1 Geschütztes Rechtsgut und praktische Bedeutung

1.1 Geschütztes Rechtsgut

 

Rz. 1

§ 372 AO ist – wie § 370 AO – eine Blankettnorm. Blankettstrafgesetze sind förmliche Gesetze, die (nur) Art und Maß der Strafe und i. Ü. bestimmen, dass diese Strafe denjenigen trifft, der durch ausfüllende Vorschriften (Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsakt) festzusetzende Unterlassungs- oder Handlungsverpflichtungen verletzt.[1] Der Zweck des § 372 AO besteht in dem Schutz der nicht nach den Monopolgesetzen eigenständig geschützten Einfuhrverbote[2], wobei wiederum die Monopolgesetze vornehmlich dem Schutz von Menschen und Tieren, dem Pflanzenschutz, der öffentlichen Sicherheit, aber auch der Außenwirtschafts- und Verteidigungspolitik dienen.[3]

[1] Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 1 Rz. 9ff.
[2] Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 372 AO Rz. 4.
[3] Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 372 AO Rz. 2.

1.2 Praktische Bedeutung

 

Rz. 2

§ 372 AO gilt zwar sowohl für nationale als auch für Ein-, Aus- und Durchführverbote nach dem europäischen Recht, doch ist die praktische Bedeutung des § 372 AO insbes. aus zwei Gründen gering:

  • Subsidiaritätsklausel des § 372 Abs. 2 AO: Subsidiarität bedeutet, dass § 372 AO zurücktritt und erkennbar nur hilfsweise gelten soll, wenn kein anderes Gesetz die Strafbarkeit ausspricht.[1]
  • Deutsche Verbringungsverbote hat der Gesetzgeber mittlerweile ausnahmslos mit besonderen Buß- und Straftatbeständen ausgestattet, sodass § 372 AO hier jeweils subsidiär ist.[2] Nur für gemeinschaftsrechtliche Verbringungsverbote gilt der Bannbruch weiterhin.
[1] Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, Vor § 52 Rz. 42.
[2] § 372 Abs. 2 AO. Zeitweise war der Anwendungsbereich des § 372 AO bei den nationalen Verbringungsverboten auf § 3 Abs. 1 S. 1 BranntwMonG beschränkt, doch hat der Gesetzgeber seit 2003 dieses auf die Übernahme des im Monopolgebiet hergestellten Branntweins aus den Brennereien sowie dessen Verwertung beschränkt, sodass auch dies entfallen ist; BGBl I 2003, 2924, 2926.

2 Gesetzessystematik – § 372 AO als Steuerstraftat

 

Rz. 3

Der Gesetzgeber hat § 372 AO systematisch gem. § 369 Abs. 1 Nr. 2 AO als Steuerstraftat eingeordnet und dadurch zentral die Zuständigkeit für eine einheitliche Verfolgung aller Bannverstöße dem Zoll bzw. der Zollfahndung zugewiesen.[1] Zu den sich daraus ergebenden Besonderheiten im Ermittlungsverfahren s. unter Rz. 22.

[1] Fehn, ZfZ 1998, 70–71; Wamers, ZfZ 1998, 287–288.

3 Objektiver Tatbestand – § 372 Abs. 1 AO

3.1 Objekt des Bannbruchs

 

Rz. 4

Gegenstand des Bannbruchs sind ausschließlich körperliche, bewegliche Sachen.[1]

[1] BGH, v. 7.9.1956, 1 BJs 182/55 – StB 28/56, BGHSt 9, 351, 355; Ebner, in MüKoStGB, 4. Aufl. 2023, § 372 AO Rz. 20.

3.2 Tathandlungen – Verbringungsverbote

 

Rz. 5

Der Begriff des Verbringens stellt den Oberbegriff zu den Definitionen der Ein-, Aus- und Durchfuhr dar.

3.2.1 Einfuhr

 

Rz. 6

Der Begriff der Einfuhr umfasst das Verbringen eines Gegenstands aus einem fremden Gebiet in das durch § 372 AO bzw. durch andere Normen geschützte Gebiet (sog. Banngebiet).[1] Da es sich bei § 372 AO um eine Blankettvorschrift (vgl. Rz. 1) handelt, ist im Übrigen durch Auslegung des ausfüllenden Gesetzes zu ermitteln, ob eine Einfuhr vorliegt bzw. ein Verbringen als Einfuhr gilt.[2] Teils – z. B. in § 2 Abs. 11 AWG – wird der Begriff der Einfuhr legal definiert. Als Legaldefinition bezeichnet man die Definition eines Rechtsbegriffs im Gesetz.

[1] Ausführlich Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 372 AO Rz. 16 – 20.
[2] BGH v. 21.1.1983, 2 StR 698/82, BGHSt 31, 215.

3.2.2 Ausfuhr

 

Rz. 7

Der Begriff der Ausfuhr umfasst das Verbringen eines Gegenstands aus einem durch § 372 AO oder andere Normen geschützten Gebiet in ein fremdes Gebiet.[1] Da es sich bei § 372 AO um eine Blankettvorschrift (vgl. Rz. 1) handelt, ist im Übrigen durch Auslegung des ausfüllenden Gesetzes auch hier zu ermitteln, ob eine Ausfuhr vorliegt bzw. ein Verbringen als Ausfuhr gilt.[2] Teilweise – z. B. in § 2 Abs. 3 AWG – wird der Begriff der Ausfuhr legal definiert (vgl. zum Begriff der Legaldefinition Rz. 6).

[1] Ausführlich Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 372 AO Rz. 21.
[2] BGH v. 21.1.1983, 2 StR 698/82, BGHSt 31, 215.

3.2.3 Durchfuhr

 

Rz. 8

Der Begriff der Durchfuhr bezieht sich auf das Verbringen eines beweglichen Gegenstands durch geschütztes Gebiet (sog. Banngebiet) in ein fremdes Gebiet, ohne dass der Gegenstand in den freien Verkehr des geschützten Gebietes gelangt[1], für die Definition im Einzelfall ist auch hier das blankettausfüllende Gesetz (vgl. Rz. 1). entscheidend.

[1] Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 372 AO Rz. 22.

3.3 Verbot

 

Rz. 9

Verbringungsverbote i. S. d. § 372 AO müssen durch Gesetz oder Rechtsverordnung oder durch Rechtsakte des Rates oder der Kommission der EG angeordnet sein.[1]

[1] Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 372 AO Rz. 40.

3.3.1 Verbote nach deutschem Recht

 

Rz. 10

In der Praxis wichtige – strafbewehrte – Verbringungsverbote sind z. B. § 29 BtMG, § 143 MarkenG und § 52 WaffenG. Eine ausführliche Liste mit den wegen § 372 Abs. 2 AO (Subsidiaritätsklausel – vgl. Rz. 2) in der Praxis für § 372 AO nicht bedeutsamen Verbringungsverboten nach deutschem Recht findet sich z. B...

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