Rz. 6

Der Tatbestand des § 173a AO setzt voraus, dass dem Stpfl. bei der Erstellung der Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb rechtserhebliche Tatsachen der Finanzbehörde nicht mitgeteilt hat. Der Begriff der "Tatsache" ist der gleiche wie bei § 173 AO.[1] Der Schreib- oder Rechenfehler muss nicht in der Steuererklärung selbst unterlaufen sein. Er kann auch in vorbereitenden Unterlagen eingetreten sein, muss dann aber Eingang in die Steuererklärung gefunden haben.[2] Es muss sich um Schreib- oder Rechenfehler handeln, die der Finanzbehörde nicht zuzurechnen sind, weil sie sie nicht erkennen konnte. Sind die Schreib- oder Rechenfehler in den Unterlagen enthalten, die der Finanzbehörde übermittelt worden sind, macht sie sich diese Fehler bei Übernahme in die Steuerfestsetzung zu eigen. Diese Fehler sind daher nach § 129 AO als offenbare Unrichtigkeiten zu berichtigen. § 173a AO ist daher nur anwendbar, wenn dem Stpfl. ein Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen ist und dieser aus den der Finanzbehörde übersandten Unterlagen nicht erkennbar ist.

 

Rz. 7

Es müssen Schreib- oder Rechenfehler vorliegen. Im Unterschied zu § 129 AO ist die Regelung nicht allgemein auf "offenbare Unrichtigkeiten" ausgedehnt worden.[3] Dies beruht auf einer eindeutigen und bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, sodass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt, die durch Analogie geschlossen werden könnte.[4] Offenbare Unrichtigkeiten, die keine Schreib- oder Rechenfehler, sondern "ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" sind, rechtfertigen daher nicht die Anwendung des § 173a AO. Unterlässt der Stpfl. versehentlich in einem Jahr den Ansatz der AfA, liegt kein Schreib- oder Rechenfehler vor, sondern eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit, die nicht von § 173a AO erfasst wird. Es kann daher keine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173a AO erfolgen.[5] Ein Schreibfehler liegt vor bei Rechtschreibfehlern, Wortverwechslungen oder Wortauslassungen. Schreibfehler können beim Schreiben von Buchstaben und von Zahlen vorkommen. Rechenfehler sind insbesondere Fehler bei der Ausführung der vier Grundrechenarten sowie bei der Prozentrechnung, aber auch bei sonstigen Rechenoperationen.[6] Hinsichtlich eines falschen Übertrags ist zu unterscheiden. Wird ein Übertrag durch den Stpfl. mit einem falschen Wert übernommen, handelt es sich um einen Schreibfehler. Wird dagegen ein Übertrag oder eine sonstige Eingabe vom Stpfl versehentlich nicht in die Steuererklärung vorgenommen, liegen weder ein Schreib- noch ein Rechenfehler vor.[7] § 173a AO ist daher nicht anwendbar. Es kann sich aber um eine "neue Tatsache" nach § 173 AO handeln.[8] Keine Schreib- oder Rechenfehler i. d. S. sind auch Fehler bei der elektronischen Übertragung. Wenn bei einer solchen Übertragung Daten "verlorengehen", z. B. durch Abbruch der Internetverbindung oder Fehler in der benutzten Software, ist § 173a AO nicht anwendbar.[9] In Betracht kommt nur eine Änderung nach § 173 AO.

 

Rz. 8

Das Gesetz verwendet hinsichtlich der Schreib- und Rechenfehler nicht den Ausdruck "offenbar". Trotzdem muss angenommen werden, dass ein Schreib- oder Rechenfehler nur vorliegt, wenn dieser in objektivem Sinne "offenbar" ist. Der Schreib- oder Rechenfehler muss durchschaubar, eindeutig oder augenfällig sein.[10] Schreibfehler sind aufgrund der anerkannten grammatikalischen Regeln für jeden erkennbar, z. B. weil ein Wort ausgelassen wurde und der Satz daher unvollständig ist. Entsprechendes gilt für Rechenfehler. Auf Grund der mathematischen Regeln ist ein Rechenfehler regelmäßig sicher feststellbar. Hieraus folgt andererseits, dass § 173a AO nicht anwendbar ist, wenn die Möglichkeit eines Sachverhalts- oder Rechtsfehlers besteht, und zwar selbst dann nicht, wenn eine Rechtsansicht, auf der die Angaben in der Steuererklärung beruhen, offenbar unrichtig und unhaltbar ist. Dies ist auch der Fall, wenn der Stpfl. eine falsche Rechenmethode angewandt, innerhalb dieser Methode aber keinen Rechenfehler begangen hat.[11] Dies entspricht der Rechtslage bei § 129 AO.[12] Das bedeutet, dass Schreibfehler, die trotz des Fehlers einen vollständigen, wenn auch sinnentstellten Satz ergeben, oder auch sonst nicht als offenbarer Fehler zu erkennen sind, nicht unter § 173a AO fallen. Beispiele sind etwa das Vergessen des Wortes "nicht" oder die Verwendung des Wortes "kein" anstelle von "ein" oder umgekehrt.

 

Rz. 9

Die Änderung aufgrund von Schreib- oder Rechenfehlern nach § 173a AO ist nicht davon abhängig, dass den Stpfl. bei Änderungen zu seinen Gunsten kein grobes Verschulden trifft. Die Änderung ist unabhängig von einem Verschulden des Stpfl. oder eines Bearbeitungsfehlers der Finanzbehörde möglich. Es ist für den Stpfl. daher günstiger, Schreib- oder Rechenfehler bei der Eingabe geltend zu machen als eine Änderung wegen neuer Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu beantragen. Ob dieser Unterschied in den Tatbeständen der §§ 173, 173a AO zu vermehrten Rechtsstreitigkeiten führen wird ble...

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