Rz. 17

Nach § 4 Abs. 3 S. 2 ImmoWertV wird die Restnutzungsdauer i. d. R. auf der Grundlage des Unterschiedsbetrags zwischen der Gesamtnutzungsdauer und dem Alter der baulichen Anlage am maßgeblichen Stichtag unter Berücksichtigung individueller Gegebenheiten des Wertermittlungsobjekts ermittelt.

Die Regelung, dass die Restnutzungsdauer i. d. R. auf der Grundlage des Unterschiedsbetrags zwischen der Gesamtnutzungsdauer und dem Alter der baulichen Anlage am maßgeblichen Stichtag zu ermitteln ist, wird durch das typisierte Ertragswertverfahren nach den §§ 252ff. BewG aufgegriffen. Nach § 253 Abs. 2 S. 3 BewG ist die Restnutzungsdauer grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die sich aus der Anlage 38 zum BewG ergibt (Rz. 20) und dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt (Rz. 22). Aus Vereinfachungsgründen bestehen hierbei keine Bedenken, das Alter des Gebäudes durch Abzug des Jahres der Bezugsfertigkeit des Gebäudes (Baujahr) vom Jahr des Hauptfeststellungszeitpunkts zu bestimmen.[1]

Individuelle Gegebenheiten des Wertermittlungsobjekts, die sich auf die Restnutzungsdauer auswirken können, wie z. B. durchgeführte Modernisierungen oder unterlassene Instandhaltungen, werden in dem steuerlichen Massenverfahren zur Feststellung der Grundsteuerwerte hingegen nur mit wenigen Ausnahmen berücksichtigt (Rz. 16 und 24ff.).

 

Rz. 18-19

einstweilen frei

4.1.2.1.1 Gesamtnutzungsdauer

 

Rz. 20

Die Gesamtnutzungsdauer wird im BewG nicht explizit definiert. Nach § 4 Abs. 2 ImmoWertV bezeichnet die Gesamtnutzungsdauer die Anzahl der Jahre, in denen eine bauliche Anlage bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung vom Baujahr an gerechnet üblicherweise wirtschaftlich genutzt werden kann.

Für das Ertragswertverfahren nach den §§ 252ff. BewG richtet sich die typisierte (wirtschaftliche) Gesamtnutzungsdauer grundsätzlich nach der Grundstücksart i. S. d. § 249 BewG und den in der Anlage 38 zum BewG ausgewiesenen Gebäudearten. Für alle Wohngrundstücke (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum) ist hiernach von einer wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren auszugehen. Dies gilt unabhängig davon, ob im Gebäude enthaltene Räume (z. B. Verkaufsräume oder Büros) für Zwecke genutzt werden, für die eine abweichende wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer anzunehmen wäre.[1]

Bei der Festlegung der gesetzlichen Gesamtnutzungsdauern im Rahmen des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26.11.2019[2] erfolgte eher eine Orientierung an den Obergrenzen der in Anlage 3 der Sachwertrichtlinie vom 5.9.2012[3] angegebenen Orientierungswerte für die übliche Gesamtnutzungsdauer bei ordnungsgemäßer Instandhaltung. Zwischenzeitlich wird für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Wohnhäuser mit Mischnutzung auch in der Anlage 1 der ImmoWertV eine Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren für die Ableitung der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten vorgegeben.[4]

Nach der Verwaltungsauffassung gilt bei Wohngrundstücken für alle Gebäude und Gebäudeteil – unabhängig von ihrer Nutzung – eine Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren. Dies gilt auch für Garagen und Nebengebäude. Liegen keine anderweitigen Erkenntnisse vor, so bestehen darüber hinaus keine Bedenken, bei Garagen und Nebengebäuden die Bezugsfertigkeit im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit des Hauptgebäudes zu unterstellen.[5]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:[6]

Von einem Mietwohngrundstück mit einer Wohn- und Nutzfläche von insgesamt 1.500 m² dienen 1.300 m² Wohnzwecken und ein Gebäudeteil mit 200 m² Nutzfläche wird als Büroeinheit genutzt.

Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer beträgt für Mietwohngrundstücke nach der Anlage 38 zum BewG 80 Jahre. Ein gesonderter Ansatz der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer für den Gebäudeteil Büroeinheit von 200 m² (z. B. 60 Jahre für Bürogebäude) ist ausgeschlossen.

Zur Vorgehensweise, wenn sich bei einer wirtschaftlichen Einheit aus mehreren selbständigen Gebäuden oder Gebäudeteilen unterschiedliche Restnutzungsdauern ergeben, s. Rz. 31.

 

Rz. 21

einstweilen frei

[2] Grundsteuer-Reformgesetzes v. 26.11.2019, BGBl I 2019, 1794.
[3] Richtlinie zur Ermittlung des Sachwerts (Sachwertrichtlinie – SW-RL) v. 5.9.2012, BAnz AT 18.10.2012 B1.
[4] Nach § 53 Abs. 2 ImmoWertV gilt insoweit noch eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2024.

4.1.2.1.2 Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt

 

Rz. 22

Im Rahmen des Fondsstandortgesetzes vom 3.6.2021 wurde klargestellt, dass im Rahmen der Ermittlung der Restnutzungsdauer im Ertragswertverfahren das Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt maßgeblich ist. Dies soll auch bei einer bestehenden Abbruchverpflichtung nach § 253 Abs. 2 S. 6 BewG gelten (Rz. 4).

Hierdurch wird insbesondere vermieden, dass infolge des Fortschreitens des Gebäudealters während des Hauptfeststellungszeitraums Wertfortschreibungen i. S. d. § 222 Abs. 1 BewG zu prüfen und durchzuführen sind.[1]

  1. Nach der Verwaltungsauffassung bestehen keine Bedenken,...

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