Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskehrung des vom Bedachten erzielten Weiterveräußerungserlöses bei späterer Bedürftigkeit des unentgeltlich Zuwendenden und mangelnder Leistungsfähigkeit des Veräußerers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erfolgt die unentgeltliche Grundstücksübertragung mit der Abrede, dass der Erwerber bei einer Weiterveräußerung verpflichtet ist, den Übertragenden im Notfall aus dem Erlös zu unterstützen, findet § 529 Abs. 2 BGB keine Anwendung, wenn die Vertragsauslegung ergibt, dass es sich nicht um eine echte Schenkung gehandelt hat.

2. Die Verjährung des Zahlungsanspruchs des Übertragenden beginnt in einem derartigen Fall nicht mit der Weiterveräußerung, sondern erst mit Eintritt der Bedürftigkeit.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 195, § 199 ff., §§ 516, 529, 818; ZPO § 323

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 03.06.2011; Aktenzeichen 1 O 112/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Mainz vom 3.6.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Zahlungspflicht der Beklagten gem. Nr. 1 und 2 des Urteilstenors, die an Nr. I.1. des Notarvertrags Dr. H. UR Nr. 1631/2000 anknüpft, auf einen Gesamtbetrag von jeweils 25.000 EUR beschränkt.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Den Beklagten ist nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des Vollstreckungsbetrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in entsprechender Höhe stellt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger lebt in einem Altersheim. Er steht seit 27.12.2002 unter der Obhut einer Betreuerin, zu deren Aufgaben insbesondere die Vermögenssorge und die Gesundheitsfürsorge gehören.

Die monatlichen Heimkosten übersteigen nach dem Vorbringen des Klägers seit Anfang 2009 dessen Einkünfte, die sich aus seiner gesetzlichen Altersrente, einer Betriebsrente und Pflegeversicherungsleistungen der Stufe 1 zusammensetzen. Zur Schließung der behaupteten Deckungslücke wurde ab Mai 2010 Sozialhilfe gewährt.

Vor diesem Hintergrund nimmt der Kläger die beiden Beklagten auf finanzielle Unterstützung in Anspruch. Die Beklagte zu 1. ist seine Nichte, der Beklagte zu 2. sein Neffe. Das Verlangen knüpft an einen notariellen Vertrag vom 7.12.2000 an, durch den der Kläger das ehemals von ihm bewohnte Hausgrundstück auf die Beklagten übertragen hatte. Dabei hieß es in Nr. 1 der Regelungen: "Die Übertragung erfolgt schenkweise. Der Veräußerer behält sich keine Rechte vor. Sollten jedoch die Erwerber das Haus verkaufen und der Veräußerer Geldbetrag dringend benötigen (beispielsweise wenn andernfalls Sozialhilfe gezahlt werden müsste), so sind die Erwerber verpflichtet, den Kauferlös (anteilig) ihm zur Verfügung zu stellen."

Am 12.5.2004 verkauften die Beklagten das Anwesen für 50.000 EUR; ihrem Vortrag nach wurde der Kläger davon kurzfristig informiert. Deshalb sind sie ihrer Inanspruchnahme mit der Verjährungseinrede begegnet. Außerdem haben die mangelnde eigene Leistungsfähigkeit eingewandt.

Das LG hat dem Begehren des Klägers, die Beklagten zum Ausgleich einer bis Ende Januar 2009 aufgelaufenen Unterdeckung von 1.909,72 EUR und für die Folgezeit zu fortlaufenden monatlichen Zahlungen von 200 EUR zu verurteilen, unter Abweisung im Übrigen in Höhe eines bis Juni 2010 ermittelten rückständigen Kapitalbetrags von 1.565,06 EUR und nachfolgender Monatsraten von 111,79 EUR stattgegeben. Aus seiner Sicht sind die Beklagten im Umfang der dem Kläger zustehenden Sozialhilfe leistungspflichtig; diese belaufe sich seit Mai 2009 kontinuierlich auf 119,79 EUR im Monat. Grundlage für die Ansprüche des Klägers seien die am 7.12.2000 getroffenen Vertragsregelungen. Danach sei allein dessen Notlage maßgeblich, ohne dass die wirtschaftliche Situation der Beklagten eine Rolle spiele. Eine Verjährung sei nicht eingetreten. Die behauptete frühzeitige Kenntnis des Klägers vom Weiterverkauf des Hauses sei ohne Belang, weil es auf den Wissensstand der Betreuerin ankomme. Außerdem sei die Klageforderung erst mit Eintritt der Bedürftigkeit des Klägers fällig geworden.

Das greifen die Beklagten mit der Berufung an und erstreben die Abweisung der Klage. Ihrer Meinung nach gewährt der Vertrag vom 7.12.2000 dem Kläger keinen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen, sondern allenfalls das Recht auf eine Einmalzahlung. Zudem beschränke sich ihre Verpflichtung auf den jeweils erlösten Entgeltanteil aus dem Grundstücksverkauf. Indessen sei bereits die erforderliche Bedürftigkeit des Klägers zweifelhaft, und ihre eigene prekäre Lage begründe entsprechend § 529 Abs. 2 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht. Darüber hinaus stehe ihnen die Verjährungseinrede zur Seite; entscheidend für den Verjährungslauf sei der Kenntnisstand des Klägers, dessen mangelnde Geschäftsfähigkeit durch nichts belegt sei.

II. Die Berufung hat nur einen geringfügigen Erfolg. Im Wesentlichen scheitert sie.

1. Die angefochtene Entscheidung geht zutreffend von ein...

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