Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung nach erfolgloser Vaterschaftsfeststellung

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn beide (potentielle) Eltern zur Unklarheit der Vaterschaft beigetragen haben, entspricht es nach erfolgloser Vaterschaftsfeststellung regelmäßig der Billigkeit, die Gerichtskosten zwischen ihnen aufzuteilen und keine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen. Es entspricht dem Grundsatz des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu übernehmen hat.

 

Verfahrensgang

AG Lörrach (Beschluss vom 24.06.2015; Aktenzeichen 12 F 1114/14)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Lörrach vom 24.06.2015 in Ziffer 2 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die weiteren Beteiligten jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

2. Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 324,50 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand der Beschwerde ist die Kostenentscheidung in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren. Die minderjährige Antragstellerin, vertreten durch das Jugendamt als Beistand, beantragte mit Schreiben vom 14.11.2014 die Feststellung, dass der weitere Beteiligte Ziff. 2 ihr Vater ist. Die Mutter habe während der gesetzlichen Empfängniszeit mit mehreren Männern geschlechtlichen Verkehr gehabt u.a. mit ihm. Die anderen in Frage kommenden Männer seien jedoch durch Abstammungsgutachten ausgeschlossen.

Bei ihrer persönlichen Anhörung am 08.01.2015 erklärte die Mutter, dass sie nicht wüsste, dass noch jemand anderes als Vater in Betracht käme. Der weitere Beteiligte Ziff. 2 erklärte bei seiner Anhörung am 11.03.2015, dass er möglicherweise der Vater sei, da er mit der Mutter ein intimes Verhältnis in der Empfängniszeit gehabt habe. Ihm sei nicht bekannt, dass die Mutter in dieser Zeit auch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr gehabt hätte.

Das eingeholte Abstammungsgutachten vom 11.05.2015 schloss den weiteren Beteiligten Ziff. 2 als Vater aus. Die Antragstellerin nahm daraufhin mit Schreiben vom 23.06.2015 ihren Antrag auf Vaterschaftsfeststellung zurück.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 24.06.2015 sprach das Familiengericht aus, dass die Kosten "der Antragsteller" trägt. Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 01.07.2015 zugestellt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich das "zulässige Rechtsmittel" der Antragstellerin, das mit Schreiben vom 01.07.2015, eingegangen beim Familiengericht am 03.07.2015, eingelegt wurde. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass nach § 81 Abs. 3 FamFG einem minderjährigen Beteiligten keine Kosten auferlegt werden könnten.

Die anderen Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

1. Die Beschwerde ist nach §§ 58 ff. FamFG zulässig.

a. Gegen die nach streitloser Hauptsacheregelung ergangene isolierte Kostenentscheidung des Familiengerichts in vorliegender Familiensache ist die Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft (vgl. BGH vom 28.09.2011 - XII ZB 2/11, juris Rn. 15).

b. Unerheblich ist, dass vorliegend der Beschwerdewert des § 61 Abs. 1 FamFG nicht erreicht ist; die Antragstellerin ist durch die angefochtene Entscheidung lediglich mit Kosten in Höhe von 324,50 EUR belastet (eine 0,5 Gerichtsgebühr gem. Ziff. 1321 Nr. 2 KV FamGKG sowie die Kosten des Gutachtens, zur Berechnung siehe unten). Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich nicht um eine vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne dieser Vorschrift. § 61 Abs. 1 FamFG findet keine Anwendung, wenn es sich bei der Hauptsache um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handelt und nur die Kostenentscheidung angefochten wird. Insofern richtet sich die Frage, ob die Kostenbeschwerde als vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG zu qualifizieren ist, jeweils nach der Hauptsache (BGH vom 27.11.2013 - XII ZB 597/13, juris; BGH, Beschluss vom 25.09.2013 - XII ZB 464/12, juris). Hauptsache ist hier jedoch die Vaterschaftsfeststellung.

2. Die Beschwerde ist in der Sache auch begründet.

a. Da die Spezialregelung des § 183 FamFG bei Anträgen auf Feststellung der Vaterschaft nach § 169 Nr. 1 FamFG nicht eingreift, richtet sich die Kostenentscheidung nach § 81 FamFG (vgl. BGH vom 19.02.2014 - XII ZB 15/13, juris Rn. 6). Diese Vorschrift ist gem. § 83 Abs. 2 FamFG auch dann anzuwenden, wenn wie hier der Antrag zurückgenommen worden ist.

b. § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG räumt dem Gericht einen weiten Gestaltungsspielraum dahingehend ein, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Das Gericht kann beispielsweise die Kosten ganz oder teilweise zwischen den Beteiligten aufteilen, die Kosten gegeneinander aufheben oder die Kostenregelung getrennt in Bezug auf die ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge