Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenverteilung im Verfahren zur Anerkennung der Vaterschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der vorgerichtlich erfolglos zur Anerkennung seiner Vaterschaft aufgeforderte Mann auf Antrag des Kindes als dessen Vater festgestellt, entspricht es billigem Ermessen, ihm die Gerichtskosten allein aufzuerlegen, wenn er sich zur Sache nicht eingelassen hat und auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für einen Mehrverkehr der Kindesmutter in der Empfängniszeit vorliegen.

 

Normenkette

FamFG § 80 S. 1, § 81 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 19.08.2015; Aktenzeichen 68 F 4010/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 19.8.2015 hinsichtlich der Kostenentscheidung im zweiten und dritten Absatz des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Gerichtskosten trägt der Beteiligte zu 3.; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu EUR 500 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am [...] 2014 geborene Beteiligte zu 1. hat, vertreten durch das Jugendamt als Beistand, am 7.10.2014 beim Familiengericht die Feststellung beantragt, dass der Beteiligte zu 3., den sie vorgerichtlich erfolglos zur Anerkennung der Vaterschaft aufgefordert hatte, ihr Vater sei. Der Beteiligte zu 3. habe innerhalb der für sie maßgeblichen gesetzlichen Empfängniszeit zu ihrer Mutter, der Beteiligten zu 2., "intime Beziehungen gehabt".

Nach Einholung eines Abstammungsgutachtens (Kosten: EUR 595) ohne vorherige Durchführung eines Erörterungstermins hat das Familiengericht mit Beschluss vom 19.8.2015 festgestellt, dass der Beteiligte zu 3. der Vater der Beteiligten zu 1. ist. Die Gerichtskosten hat es den Beteiligten zu 2. und 3. jeweils zur Hälfte auferlegt und im Übrigen angeordnet, dass jeder Beteiligte seine zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen selbst trägt.

Gegen diesen Beschluss, der ihr am 10.10.2015 zugestellt worden ist, wendet sich die Beteiligte zu 2. mit ihrer Beschwerde vom 9.11.2015, mit der sie unter Hinweis darauf, dass sie in der maßgeblichen Empfängniszeit ausschließlich geschlechtlichen Verkehr mit dem Beteiligten zu 3. gehabt habe, beantragt, "die Gerichtskosten sowie die entstandenen Sachverständigenkosten des Abstammungsgutachtens" dem Beteiligten zu 3. aufzuerlegen.

Der Beteiligte zu 3. hat sich weder in erster Instanz noch im Beschwerdeverfahren zur Sache eingelassen.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit - hierzu zählen die Abstammungssachen - ist die isolierte Anfechtung der in einer Endentscheidung (§ 38 Abs. 1 S. 1 FamFG) getroffenen Kostenentscheidung zulässig (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 58 Rn. 95). Dass die Beschwerdeführerin durch die angefochtene Kostenentscheidung in Höhe von weniger als EUR 600 beschwert ist (insgesamt sind in erster Instanz bei einem Verfahrenswert von EUR 2.000 an Gerichtskosten 2 Gebühren zu je EUR 89 sowie Auslagen für das Abstammungsgutachten in Höhe von EUR 595 angefallen, wovon die Beschwerdeführerin nach der erstinstanzlichen Entscheidung die Hälfte tragen müsste), steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen, da die in § 61 Abs. 1 FamFG für vermögensrechtliche Angelegenheiten vorgesehene Mindestbeschwer von über EUR 600 auf eine Kostenbeschwerde in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit keine Anwendung findet (BGH, FamRZ 2013, 1876).

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Anders als vom Familiengericht erkannt, sind die erstinstanzlichen Gerichtskosten von dem Beteiligten zu 3. allein zu tragen.

Da § 183 FamFG eine spezielle Kostenregelung nur für erfolgreiche Vaterschaftsanfechtungsbegehren (§ 169 Nr. 4 FamFG) enthält, richtet sich die hier im Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 1 FamFG) zu treffende Kostenentscheidung nach den allgemeinen Regeln der §§ 80 ff. FamFG. Die Kosten des Verfahrens - gemäß § 80 S. 1 FamFG sind dies zum einen die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen), zum anderen die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Auslagen der Beteiligten - kann das Gericht nach § 81 Abs. 1 FamFG den Beteiligten nach billigem Ermessen ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch von der Erhebung der Kosten absehen (§ 81 Abs. 1 S. 2 FamFG). In § 81 Abs. 2 FamFG sind Regelbeispiele für Sachverhalte aufgeführt, in denen das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen soll, z.B. dann, wenn der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat (§ 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG).

Die Überprüfung von Ermessensentscheidungen im zweiten Rechtszug beschränkt sich grundsätzlich auf die Frage, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der...

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