Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung Aufwendungen für ein Arbeitszimmer unbegrenzt abzugsfähig

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff des häuslichen Arbeitszimmers.
  2. Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach einem Büro nicht entsprechen, sind auch dann nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen, wenn sie ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Stpfl. verbunden und insoweit in die häusliche Sphäre eingebunden sind.
  3. Aufwendungen für ein Arbeitszimmer, das nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, sind nur begrenzt abziehbar. Insoweit kommt es weniger auf den zeitlichen Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers an; maßgeblich ist vielmehr der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Betätigung.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b

 

Streitjahr(e)

2001, 2002, 2003

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.05.2010; Aktenzeichen X B 207/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in vollem Umfang steuermindernd zu berücksichtigen sind.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Moderator von Radiosendungen … und gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Agentur unter der Firma X, die Event-Organisation, Pressearbeit, Marketing und die Durchführung von PR-Maßnahmen anbietet.

Eine „Rahmenvereinbarung” des Klägers mit dem Radiosender sieht vor, dass der Kläger als „programmgestaltender Mitarbeiter”, und zwar als Autor, Moderator und Reporter eingesetzt werden soll. Für jede Produktion usw. muss zusätzlich eine Einzelvereinbarung geschlossen werden. Dies geschieht mündlich und wird durch den Dienstplan dokumentiert. Weder ist der Radiosender zur Beschäftigung des Klägers verpflichtet noch ist der Kläger gehalten, über die jeweilige Einzelvereinbarung hinaus tätig zu werden. Die Rahmenvereinbarung gilt für jeweils 3 Jahre und wird nach 15 Jahren nicht mehr verlängert. Seine gewerblichen Einkünfte ermittelte der Kläger durch Einnahmeüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Kläger ist Eigentümer eines 1920 errichteten Gebäudes, das ursprünglich landwirtschaftlichen Zwecken diente. Es hatte im Zeitpunkt des Erwerbs eine Wohnfläche von 199 qm im Erd- und Obergeschoss, seit den Streitjahren werden zusätzlich weitere 98 qm (Grundfläche ohne Abzug für Schrägen, laut Kläger nutzbar 60 qm), offenbar der frühere Dach- und Heuboden über einer Remise, im Obergeschoss und Spitzboden als Büro genutzt. Der Zugang zum Büro erfolgt durch eine Tür von einem kleinen Stichflur des Obergeschosses aus. Das Obergeschoss ist von dem Wohnflur des Erdgeschosses über eine Treppe erreichbar.

Das Büro erstreckt sich über drei, nicht gegeneinander abgeschlossene Ebenen, die mit Holztreppen verbunden sind. Auf der ersten Ebene befanden sich in den Streitjahren die „Schnittstelle”, von der aus Sendungen auch per Internet übermittelt werden können, Fax- und Kopiergerät und ein Regal mit Literatur und Aktenordnern, auf der zweiten zwei Schreibtischarbeitsplätze mit PC sowie eine Sitzecke (Couch mit zwei Sesseln und Couchtisch) und auf der dritten eine Unterschrankkonstruktion, in der Videos und CDs aufbewahrt werden, sowie das ehemalige – in den Streitjahren nicht funktionstüchtige – Studio mit Bandmaschine usw. von …, einem früheren Auftraggeber des Klägers.

In den Streitjahren machte der Kläger die Kosten für das Büro im Rahmen der gewerblichen Einkünfte als Betriebsausgaben in Höhe von 16.506,74 DM (2001), 16.262,12 EUR (2002) und 5.207,18 EUR (2003) geltend.

Die Steuererklärungen des Klägers enthalten folgende Angaben:

nichtselbständige Arbeit

Einnahmen

Einkünfte

2001 (DM)

104.114

94.810

2002 (EUR)

47.267

42.557

2003 (EUR)

53.997

49.291

Gewerbebetrieb

Einnahmen

Einkünfte

2001 (DM)

238.548

16.135

2002 (EUR)

41.873

5.080

2003 (EUR)

66.598

./. 11.606

Der Beklagte (das Finanzamt) besichtigte das Büro im Rahmen einer betriebsnahen Veranlagung (BNV) am 27. Mai 2004. Dabei erklärte der Kläger, das Büro zu 99 v. H. für seinen Gewerbetrieb und für die Tätigkeit beim Radiosender überhaupt nicht zu nutzen. In einem Schreiben vom 30. Juli 2004 führte der damalige Bevollmächtigte des Klägers aus, das Büro werde nur „gelegentlich” für die Tätigkeit beim Radiosender genutzt. In dem Schreiben vom 17. Dezember 2004 heißt es, das Büro werde überwiegend für die gewerbliche Tätigkeit, aber „auch” für die Tätigkeit beim Radiosender genutzt. Der Kläger betreue mehrere Sendereihen im Radiosender, was umfangreiche Vorarbeiten erfordere. Beim Radiosender stehe kein Arbeitsplatz zur Verfügung. Die Bescheinigung des Radiosenders vom 19. November 2004 bestätige, dass für den Kläger kein persönlicher Arbeitsplatz vorgehalten werde. Die Tätigkeit im Radiosender beschränke sich auf die Moderation der Sendung. Für die Rundfunktätigkeit sei die Archivierung umfangreicher Unterlagen (Manuskripte, Tonbänder, CDs usw.) erforderlich, wofür das Büro genutzt werde.

Das...

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