Entscheidungsstichwort (Thema)

außerordentliche Kündigung wegen unerlaubter Konkurrenztätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unerlaubte Konkurrenztätigkeit im selben Handelszweig/Gewerbe wie der Arbeitgeber ist „an sich” geeignet, eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB zu rechtfertigen. Dies gilt selbst dann, wenn die Konkurrenztätigkeit vom Arbeitnehmer unentgeltlich ausgeführt wird.

2. Eine verbotene Wettbewerbstätigkeit des Arbeitnehmers liegt jedoch erst dann vor, wenn sie durch den Umfang und die Intensität der Tätigkeit auch grundsätzlich geeignet ist, das Interesse des Arbeitgebers unbeeinflusst von Konkurrenztätigkeiten des Arbeitnehmers in seinem Marktbereich auftreten zu können, spürbar beeinträchtigt ist.

3. Einmalige oder nur ganz sporadisch ausgeübte reine Freundschaftsdienste im Marktbereich des Arbeitgebers muss der Arbeitgeber i. d. R. hinnehmen, wenn diese den arbeits- und wertmäßigen Umfang einer geringfügigen Gefälligkeit nicht übersteigen und unentgeltlich durchgeführt wurden. In solchen Fällen kann mangels spürbarer Beeinträchtigung der Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers nicht von einer verbotswidrigen Wettbewerbstätigkeit ausgegangen werden.

 

Normenkette

BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 23.05.2002; Aktenzeichen 1 Ca 238/02)

 

Tenor

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 23.05.2002, Az.: 1 Ca 238/02 wird abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 24.12.2001 noch durch die fristlose Kündigung vom 31.01.2002 beendet worden ist.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.

Nr. 46

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit zweier fristloser Kündigungen.

Der Kläger ist seit dem 15.03.2000 aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags als Gas-, Wasser- Installateur-Meister bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Betriebsleiter und Konzessionsträger. Im Arbeitsvertrag ist eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende vereinbart. Die Beklagte beschäftigt weniger als 5 Arbeitnehmer.

Mit Schreiben vom 14.11.2001 beantragte der Kläger Ausgleich von Überstunden u.a. für die Zeit vom 27.12.2001 bis 04.01.2002 wegen einer von ihm beabsichtigten Dänemarkreise (Bl. 34 d.GA.). Die Beklagte lehnte die Freistellung für diesen Zeitraum aus betrieblichen Gründen ab.

Am 24.12.2001 erhielt die Beklagte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers für den Zeitraum vom 24.12.2001 bis 04.01.2002. Diese wurde am 21.12.2001 vom Facharzt für Allgemeinmedizin M. H. in L. ausgestellt und trug einen Praxisstempel mit einer seit ca. 2 Jahren überholten Adresse.

Der Kläger hielt sich ab dem 27.12.2001 bis zum 03.01.2002 mit seiner Familie in Dänemark auf. Mit dem dem Kläger am 28.12.2001 zugegangenen Schreiben kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos (Bl. 4 d.GA.).

Im Anschluss an die fristlose Kündigung händigte der Kläger der Beklagten das ihm zur Verfügung gestellte Mobiltelefon aus. Die Beklagte erlangte durch entsprechendes Abrufen Kenntnis von verschiedenen SMS-Nachrichten, die der Kläger in der Vergangenheit erhalten hatte. Diese lauteten:

„…

WEGEN DES TERMINS – KLEMPNERARBEIT W.STRAßE … ERBITTE ICH IHREN RÜCKRUF … K.

Gesendet am 29.09.2001, 14.25 Uhr

WANN WERDEN SIE – NUR WERKTAGS – KOMMEN ? ABFLUß ETC. FUNKTIONIEREN NOCH IMMER NICHT. K. MIETER W.STRASSE …

Gesendet am 27.10.2001, 18.56 Uhr

ABERMALS SMS. VEREINBARUNGEN WEGEN IHREN ERNEUTEN KOMMENS TREFFEN!!! ERWARTE IHREN RÜCKRUF HEUTE AB 21.15 UHR ODER MORGEN VORMITTAG. K.

gesendet am 29.10.2001, 18.21 Uhr„

Auf Vorhalt des Geschäftsführers der Beklagten am 08.01.2002 erklärte der Kläger, er kenne keinen Herrn K.. Im Gütetermin am 26.02.2002 räumte der Kläger ein, er habe Arbeiten in der W.straße … ausgeführt. Es habe sich um eine entfernte Bekannte gehandelt, deren Namen er nicht kenne.

Mit Schreiben vom 25.01.2002 teilte der Kläger den Vereinigten Stadtwerken GmbH mit, dass er seit 24.12.2001 nicht mehr als Konzessionsträger für die Beklagte tätig sei und bat um schriftliche Bestätigung der Löschung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitgegenstandes, wie er in der ersten Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen; hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M. H. und G. B.. Hinsichtlich des Inhalts der Aussagen wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2002.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht einge...

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