Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht - Verpflichtung des Arbeitgebers, einem Arbeitnehmer Rechtsschutz für Ansprüche gegen den Schadenverursacher zu gewähren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht ist keine Nebenpflicht des Arbeitgebers herzuleiten, für seine Arbeitnehmer eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen.

2. Sofern eine Rechtsschutzversicherung besteht, ist es dem Arbeitgeber freigestellt, ob er diese seinen Arbeitnehmern für deren Rechtsverfolgung zur Verfügung stellen will.

3. Sofern den Arbeitgeber kein Verschulden an der Verletzung des Arbeitnehmers trifft, besteht auch unter Haftungsgesichtspunkten keine Verpflichtung zur Gewährung von Rechtsschutz.

4. Selbst wenn man aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine Pflicht zur Rechtsschutzgewährung herleiten würde, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, zugunsten des Arbeitnehmers eigene überwiegende Interessen zu vernachlässigen. Es kann für den Arbeitnehmer ein unzumutbarer Nachteil sein, wenn der Rechtsschutzversicherer für den Fall weiterer Rechtsschutzgewährung die Vertragskündigung wegen Schadenhäufigkeit angedroht hat. Der Arbeitgeber ist unter diesen Umständen nicht verpflichtet, in die Inanspruchnahme der Rechtsschutzversicherung durch den Arbeitnehmer einzuwilligen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden, Kammer Schwandorf, vom 10.05.1999 - 4 Ca 248/98 C - wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, der während einer Dienstfahrt im Pkw der Beklagten infolge eines Verkehrsunfalls verletzten Klägerin für die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen den Unfallverursacher Versicherungsschutz durch die von ihr abgeschlossene Rechtsschutzversicherung zu gewähren.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt:

Die Beklagte sei weder aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht noch aus einem anderen Rechtsgrund verpflichtet, der Klägerin für die Durchsetzung ihrer Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 24.05.1992 gegen den Unfallverursacher Rechtsschutz in Form der Inanspruchnahme der von ihr abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung bei der C Rechtsschutz-Versicherungs-AG zu gewähren. Ein solcher Anspruch lasse sich schon deshalb nicht auf die arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht stützen, da den Arbeitgeber keine Nebenpflicht zum Abschluss einer Rechtsschutzversicherung für seinen Arbeitnehmer treffe. Andererseits begründe das Bestehen eines derartigen Versicherungsschutzes noch keine Verpflichtung des Arbeitgebers, diesen Rechtsschutz auf seinen Arbeitnehmer für dessen Rechtsverfolgung zur Verfügung zu stellen. Keine andere rechtliche Beurteilung folge auch aus dem Umstand, dass die Klägerin während einer Dienstfahrt in einem von der Beklagten geführten Pkw bei einem Verkehrsunfall verletzt worden sei. Nachdem zwischen den Parteien unstreitig sei, dass die Beklagte den Verkehrsunfall nicht verschuldet habe, bestehe für sie auch nicht unter Haftungsgesichtspunkten die Pflicht, der Klägerin Rechtsschutz für die Geltendmachung der auf den Verkehrsunfall zurückzuführenden Schäden zu gewähren. Die Klage aber wäre selbst für den Fall unbegründet, wenn man, der Auffassung der Klägerin folgend, aus der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht eine dem Grunde nach bestehende Verpflichtung der Beklagten zur Rechtsschutzgewährung herleiten wollte. Denn die nur im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bestehende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verpflichte diesen nicht, zugunsten des Arbeitnehmers eigene überwiegende und schutzwürdige Interessen zu vernachlässigen. Vorliegend sei ein solcher der Beklagten nicht zuzumutender Nachteil bereits dadurch gegeben, dass diese für den Fall einer weiteren Rechtsschutzgewährung an die Klägerin durch ihren Rechtsschutzversicherer die Kündigung des Versicherungsvertrages wegen Schadenshäufigkeit gemäß § 19 Abs. 2 ARB angedroht worden sei. Ob der Rechtsschutzversicherer tatsächlich von einem derartigen Kündigungsrecht Gebrauch mache, sei ebenso wenig von Bedeutung, wie die Möglichkeit der Beklagten, bei einem anderen Rechtsschutzversicherer zu gleichen Konditionen erneut eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen. Der Beklagten sei es nicht zuzumuten, im Interesse der Klägerin eine Auseinandersetzung mit ihrer Rechtsschutzversicherung über die weitere Inanspruchnahme des Versicherungsschutzes zu führen. Auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Rechtsschutzversicherung bei einem anderen Versicherungsunternehmen müsse sich die Beklagte nicht verweisen lassen.

II.

Die am 11.10.1999 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und am 03.11.1999 begründete Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden, Kammer Schwandorf, vom 10.05.1999 - der Klägerin am 26.10.1999 zugestellt - bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urt...

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