Leitsatz (amtlich)

1. Der in Nr. 15 a MTS normierte volle Lohnausgleich anläßlich der Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit bedingt nicht nur die Erhöhung des Tarifstundenlohnes, sondern auch die Erhöhung der Tarifzulage des § 11 Nr. 1 LTV.

2. Der in Nr. 15 a MTV normierte volle Lohnausgleich ist keine Tariflohnerhöhung im Sinne des § 11 Nr. 1 LTV.

 

Normenkette

Lohntarifvertrag Sägeindustrie Niedersachsen vom 20.01.1994 (LTV) § 11 Nr. 1; Nr. 15 a Manteltarifvertrag Sägeindustrie Niedersachsen/Bremen vom 08.03.1945 (MTS)

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 20.03.1998; Aktenzeichen 7 Ca 646/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.08.2000; Aktenzeichen 4 AZR 466/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 20.03.1998 – 7 Ca 646/97 – teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 24,78 brutto zu zahlen nebst 4 % Zinsen auf den sich aus DM 21,55 brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 28.07.1997 und 4 % Zinsen auf den sich aus DM 3,23 brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 15.08.1997.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 6/7 und die Beklagte zu 1/7. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 12/17 und die Beklagte zu 5/17.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in einem Musterverfahren, weswegen auf die Einhaltung von tariflichen Ausschlußfristen verzichtet worden ist, über die Anrechenbarkeit einer Tariflohnerhöhung auf eine Lohnzulage, wobei die Erhöhung auf einer Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich beruht. In der Berufungsinstanz stehen für die Lohnabrechnungszeiträume Oktober 1996 bis Juni 1997 noch 0,02 DM × 1.239 Stunden = 24,78 DM im Streit, nachdem der Kläger vor Beginn der mündlichen Verhandlung seine Berufung gegen das klagabweisende Urteil insoweit zurückgenommen hat, als er bei seiner Klageberechnung Nachzahlungen der Beklagten für die Monate Oktober und November 1996 und März und April 1997 nicht berücksichtigt hatte.

Der Kläger war seit dem 02.03.1964 Arbeiter im Spanplattenwerk der Beklagten in Sassenburg. Die Beklagte hatte mit der Gewerkschaft Holz und Kunststoff Haustarifverträge abgeschlossen. Nachdem die Beklagte dem Verband der Säge- und Holzindustrie in Niedersachsen und Schleswig-Holstein beigetreten war, nahmen sie und die tarifschließende Gewerkschaft einen Schlichtungsspruch vom 05.05.1992 an, nach dem die Haustarifverträge bis zum 28.02.1994 weiterhin Anwendung fanden und die Lohngruppen des Verbandslohntarifvertrags überprüft und neu gestaltet werden sollten. Zum 01.03.1994 trat ein neugestalteter Verbandslohntarifvertrag (LTV) in Kraft, nach dem der Kläger in die Lohngruppe 7 eingruppiert war. § 11 LTV enthält Übergangsvorschriften und lautet auszugsweise:

Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, daß aus Anlaß der Eingruppierung aufgrund des neuen Lohngruppentarifvertrages der Effektivlohn des einzelnen Arbeitnehmers nur nach Maßgabe der folgenden Vorschriften verändert werden soll.

Ziffer 1

Übertarifliche Lohnbestandteile (Differenzbeträge), die dadurch entstehen, daß nach Abschluß des Lohntarifvertrages der Sägeindustrie Niedersachsen der neue tarifliche Stundenlohn eines Arbeitnehmers unter dem tariflichen Stundenlohn vor der Neueingruppierung (tatsächlicher tariflicher Stundenlohn) (Betrachtungszeitpunkt vor Tariflohnänderung 1994) liegt, werden wie folgt behandelt:

Bei Tariflohnerhöhungen werden 20 % des Erhöhungsbetrages angerechnet.

Durch Betriebsvereinbarung können von dieser Tarif Vorschrift abweichende Regelungen zugunsten der Arbeitnehmer getroffen werden.

Bis zum 30.09.1996 betrug der Tariflohn des Klägers in der Lohngruppe 7 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden 22,70 DM und die Lohnzulage nach § 11 LTV 3,86 DM. Zum 01.10.1996 verminderte sich nach Nr. 15 a des Manteltarifvertrags der Sägeindustrie Niedersachsen/Bremen vom 08.03.1995 (MTS) die Wochenarbeitszeit. Nr. 15 a MTS lautet auszugsweise:

Sie beträgt ab 1. Oktober 1996 36 Stunden und ab 1. Januar 1999 35 Stunden pro Woche.

Die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 36 bzw. 35 Stunden pro Woche erfolgt jeweils mit vollem Lohnausgleich (2,78%/2,86%).

Der Lohntarifvertrag wies infolge der Arbeitszeitverkürzung ab 01.10.1996 für die Lohngruppe 7 einen Stundenlohn von 23,33 DM aus.

Die Beklagte berechnete den effektiven Stundenlohn des Klägers ab Oktober 1996 zunächst mit 27,06 DM, nämlich 23,33 DM Tarifstundenlohn zuzüglich einer Zulage nach § 11 LTV in Höhe von 3,73 DM. Die Zulage in Höhe von 3,86 DM hatte sie dabei um 20 % der Differenz zwischen dem alten und dem neuen Tariflohn gekürzt (0,63 DM: 5 = 0,13 DM). Abweichend von ihren vier anderen niedersächsischen Werken revidierte sie im Werk Sassenburg die Berechnung der Zulage, indem sie die um 20 % des Erhöhungsbetrags gekürzte Zulage wieder um den Prozentsatz des Lohnausgleichs erhöhte (3,73 DM zuzüglich 2,78 % = 3,84 DM), so daß sie den Lohn des Klägers für die Zeit von Oktober 1996 bis...

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