Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Ungleichbehandlung von Schwangeren in der Kurzarbeit. Kein Beschäftigungsverbot für Schwangere bei Kurzarbeit wegen Corona

 

Leitsatz (amtlich)

Entfällt in der Coronakrise die Beschäftigung, endet für die Schwangere das Beschäftigungsverbot. Es gelten die allgemeinen Regeln zur Kurzarbeit oder zum Annahmeverzug.

 

Normenkette

AGG § 15 Abs. 2; MuSchG §§ 16, 18

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 10.11.2020; Aktenzeichen 5 Ca 4411/20)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.11.2020, Az.: 5 Ca 4411/20 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen.

Die Beklagte ist ein Unternehmen, das sich insbesondere mit Firmen- und Event-Catering befasst. Die Klägerin ist bei ihr seit dem 01.09.2018 als Assistentin für Organisation beschäftigt. Ihre zuletzt bezogene Bruttomonatsvergütung belief sich auf 2.400,00 €.

Die Klägerin war schwanger. Der ausgerechnete Geburtstermin war der 25.06.2020. Unter dem 12.12.2019 erging ein ärztliches Beschäftigungsverbot.

Die Beklagte war vom Lock-Down auf Grund der Coronakrise in der Weise betroffen, dass durch das Verbot von Zusammenkünften und Veranstaltungen, bei denen in der Regel Speisen verzehrt werden, sämtliche Aufträge für die Beklagte entfielen. Alle Mitarbeiter mit Ausnahme der Klägerin wurden von der Beklagten um ihre Zustimmung zur Einführung von Kurzarbeit gebeten. Sämtliche Mitarbeiter mit Ausnahme der Klägerin stimmten der Kurzarbeit zu. Mit Bescheid vom 20.03.2020 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld mit Wirkung vom 01.03.2020 an.

Für die Monate März und April 2020 kürzte die Beklagte die Vergütung der Klägerin auf die Höhe des den anderen Mitarbeitern gewährten Kurzarbeitergeldes. In der Kommunikation mit der Klägerin verwies die Beklagte darauf, dass nach Auskunft der Krankenkasse das Beschäftigungsverbot nicht mehr maßgeblich sei und die Klägerin mit den anderen Mitarbeitern gleichbehandelt werden müsse. Die Klägerin teilte durch Anwaltsschreiben vom 23.04.2020 mit, dass sie kein Einverständnis zur Kurzarbeit gebe. Mit Anwaltsschreiben der Beklagtenprozessbevollmächtigten vom 04.05.2020 wurde sie aufgefordert, sich solidarisch zu zeigen und gemeinsam mit den anderen Beschäftigten der Kurzarbeit zuzustimmen. Die Zustimmung wurde nicht erteilt. Darauf zahlte die Beklagte die fehlenden Gehaltsbestandteile nach und vergütete die Klägerin in vertraglich vereinbarter Höhe.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, ihr stehe unabhängig von der Frage, ob sie im Betrieb beschäftigt werden könne, Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG zu. Sowohl der kurzfristige Verzug mit der Lohnzahlung als auch die Tatsache, dass sie nicht gemeinsam mit den anderen Mitarbeitern, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt um ihre Zustimmung zur Kurzarbeit gebeten worden sei, stelle eine Diskriminierung im Sinne der §§ 2 i. V. m. 15 AGG dar. Hieraus folge ihr Entschädigungsanspruch, der mit wenigstens 4.800,00 € zu beziffern sei.

Die Beklagte behauptet, nach der Anfrage bei der Krankenkasse habe sie lediglich übersehen, dass die Zustimmung der Klägerin zur Kurzarbeit noch nicht vorliege. Sie sei davon ausgegangen, dass wegen des Entfalls der Arbeitsmöglichkeit, die Grundsätze für die Kurzarbeit auf alle Arbeitsverhältnisse anwendbar gewesen seien. Nach anwaltlicher Beratung habe sie unverzüglich die Nachzahlung eingeleitet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat dies damit begründet, der kurzzeitige Zahlungsverzug habe darauf beruht, dass die Beklagte übersehen habe, dass die Zustimmung der Klägerin zur Kurzarbeit nicht vorliege. Die Schwangerschaft sei deshalb nicht kausal für die Ungleichbehandlung.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie vertritt weiterhin die Rechtsansicht, ihr habe während der gesamten Dauer der Schwangerschaft bis zum Beginn der Mutterschutzfristen Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG zugestanden. Der Zahlungsverzug stelle damit eine Diskriminierung wegen ihrer Eigenschaft als Frau bzw. der bestehenden Schwangerschaft dar. Zudem stelle es auch eine Diskriminierung dar, dass die Klägerin anders als die im Betrieb anwesenden Mitarbeiter/innen nicht zur gleichen Zeit um die Zustimmung zur Kurzarbeit gebeten wurde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.11.2020 - Az. 5 Ca 4411/20 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung, die 4.800,00 € nicht unterschreitet, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, das Beschäftigungsverbot habe seine Wirkung verloren, nachdem für keinen Mitarbeiter des Betriebes eine Beschäftigung in der Coronakrise mehr möglich gewesen sei. Die fehlende Zustimmung der Klägerin zur Kurzarbeit sei erst später im Rahmen der streitigen Auseinandersetzung aufg...

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