Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdestelle nach AGG: Mitbestimmung des Betriebsrats

 

Leitsatz (redaktionell)

Unterrichtet der Arbeitgeber die Beschäftigten lediglich i.S.v. § 12 Abs. 5 AGG über die für die Behandlung von Beschwerden nach § 13 AGG zuständigen Stellen ohne diese auszugestalten, bestehen keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1; AGG §§ 13, 12 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 13.03.2008; Aktenzeichen 7 BV 12/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. März 2008 – 7 BV 12/07 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Gesamtbetriebsrat bei der Errichtung und Bestellung eine Beschwerdestelle nach § 13 AGG ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Die Arbeitgeberin (Antragstellerin) betreibt bundesweit textilen Einzelhandel in über 300 Filialen mit Sitz in Hamburg. Bundesweit sind zurzeit im Unternehmen mehr als 60 Betriebsräte gebildet. Es existiert ein Gesamtbetriebsrat.

Während des Monatsgespräches am 8. Februar 2007 wurde dem Antragsgegner, dem Gesamtbetriebsrat, der zuvor gefasste Beschluss der Geschäftsführung bekannt gegeben, die jeweiligen Filialleitungen vor Ort als betriebliche Beschwerdestelle zu installieren. Sollte sich eine Beschwerde gegen eine Filialleiterin richten, könne sich diese auch an den Personalbereich (sog. Area-Verantwortliche) der jeweiligen Region wenden. Mit der Gehaltsabrechnung für den Monat März 2007 wurde ein entsprechendes Informationsschreiben an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verteilt (Anl. Ast 2, Bl. 10 d.A.).

Im Zuge der vorgerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten hat der Antragsgegner, der von mehreren örtlichen Betriebsräten in dieser Angelegenheit gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG beauftragt wurde (Anl. Bl. 69 ff d.A.), für sich ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in Anspruch genommen.

Die zwischenzeitlich gerichtlich eingesetzte Einigungsstelle hat am 30. April 2008 entschieden (Anl. Bg. 1, Bl. 116 d.A.):

„Die Einigungsstelle ist zur Regelung des Beschwerdeverfahrens nach § 13 AGG sowie für die Errichtung einer Beschwerdestelle hinsichtlich ihrer organisatorischen Anbindung und personellen Besetzung nicht zuständig. Das Einigungsstellenverfahren wird eingestellt.”

Über die vom Antragsgegner vorliegenden Verfahrens betriebene Anfechtung dieses Spruches ist noch nicht entschieden.

Die Antragstellerin hat beantragt,

festzustellen, dass ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Antragsgegners bei der Errichtung und Bestellung einer Beschwerdestelle nach § 13 AGG nicht besteht.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen

und im Wege des Gegenantrags festzustellen, dass bei der Errichtung, insbesondere bei der personellen Besetzung, der organisatorischen Anbindung der Beschwerdestelle und den Einzelheiten des Beschwerdeverfahrens ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht.

Die Antragstellerin hat beantragt,

den Gegenantrag zurückzuweisen.

Durch den dem Antragsgegner am 20. März 2008 zugestellten Beschluss vom 13. März 2008, auf den zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben und den Gegenantrag zurückgewiesen. Hierbei hat es im Wesentlichen auf § 13 Abs. 2 AGG verwiesen, wonach keine Änderungen der Rechte der Arbeitnehmervertretungen durch die Einführung des AGG herbeigeführt werden sollen. Angesichts der identischen Formulierungen in § 84 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und § 13 Abs. 1 Satz 1 AGG in Bezug auf „die zuständigen Stellen” könne die Rechtslage hinsichtlich der Auswahl und Besetzung der Beschwerdestelle keine andere sein als nach § 84 BetrVG. Da insoweit kein Mitbestimmungsrecht bestehe, gelte dies auch für die Beschwerdestelle des AGG. Hinsichtlich der Einzelheiten des Beschwerdeverfahrens lasse die Regelung des § 86 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nicht zu, dies gelte somit auch für das Beschwerdeverfahren nach dem AGG.

Hiergegen richtet sich die am Montag, 21. April 2008 eingelegte und mit am 13. Mai 2008 beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz begründete Beschwerde des Antraggegners.

Der Antragsgegner beantragt,

unter Abänderung Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. März 2008 – 7 BV 12/07 –

den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen und

festzustellen, dass bei der Einrichtung von Beschwerdestellen nach § 13 AGG, insbesondere bezüglich der personellen Besetzung, der organisatorischen Anbindung und der Einzelheiten des Beschwerdeverfahrens ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Rechtsausführungen der Beteiligten wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 87 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge