Ergänzender Hinweis: Nr. 32–36 AStBV (St) 2020 (s. AStBV Rz. 32 ff.).

Schrifttum:

S. das Schrifttum vor § 392 Rz. 1.

 

Rz. 152

[Autor/Stand] Der Beschuldigte hat ein Recht, sich in jeder Lage des Verfahrens zu verteidigen (vgl. im Einzelnen die Darstellung zu § 392). Dies kann er tun – wie bereits ausgeführt – durch Erhebung von Einwänden (§ 136 Abs. 2, § 163a Abs. 3 StPO), insb. aber

  • durch Stellung von Beweisanträgen (s. Rz. 725 ff.) und
  • durch Einschaltung eines Verteidigers bzw. Steuerberaters (s. die Erl. zu § 392).
 

Rz. 153

[Autor/Stand] Das Recht, Beweiserhebungen zu beantragen, ergibt sich aus § 163a Abs. 2 StPO. Allerdings ist die Ermittlungsbehörde nur zur Erhebung der Beweise verpflichtet, wenn diese für das Verfahren "von Bedeutung" sind (§ 163a Abs. 2 StPO). Ob die Entscheidung hierüber im Ermessen der Behörde liegt oder ob der Beschuldigte nicht einen Beweiserhebungsanspruch hat, ist umstritten[3].

 

Rz. 154

[Autor/Stand] Der Beschuldigte hat die Möglichkeit, sich jederzeit der Hilfe eines Verteidigers zu bedienen (§§ 137 ff. StPO). Als Verteidiger kommen im Steuerstrafverfahren nicht nur Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer deutschen (Fach-)Hochschule (§ 138 Abs. 1 StPO), sondern auch Steuerberater und andere ihnen gleichgestellte Personen (§ 392 AO) in Betracht (s. dazu die Darstellung bei § 392).

Die frühzeitige Beauftragung eines Verteidigers (m.E. jedenfalls nach Mitteilung einer Einleitungsverfügung durch die BuStra oder nach, wenn möglich noch während einer Durchsuchung) ist in fast jedem Verfahren ratsam, und zwar nicht nur wegen der gewährleisteten Sachkunde, sondern auch im Hinblick auf die dem Verteidiger zustehenden besonderen Verfahrensrechte (z.B. Recht auf Akteneinsicht). Eine verspätete Hinzuziehung, etwa erst nach einer Vernehmung oder Anklageerhebung, hat für das weitere Verfahren fatale Folgen.

 

Rz. 155

[Autor/Stand] In den Fällen der notwendigen Verteidigung gem. § 140 StPO ist dem Beschuldigten von Amts wegen ein Pflichtverteidiger beizuordnen (s. dazu näher § 392 Rz. 31 ff.).

 

Rz. 155.1

[Autor/Stand] Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom10.12.2019[7] wurde der Katalog des § 140 Abs. 1 StPO erweitert und die Auffangregelung des § 140 Abs. 2 StPO konkretisiert. So wurde Nr. 1 um zu erwartende erstinstanzliche Hauptverhandlungen beim Schöffengericht erweitert (s. Rz. 512). Nr. 4 regelt nunmehr bereits die Fälle der Vorführung vor ein Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung. Nr. 5 enthält die Fälle, in denen sich der Beschuldigte aufgrund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet (unter Streichung der zeitlichen Beschränkung von drei Monaten). Nr. 10 betrifft richterliche Vernehmungen, bei denen die Mitwirkung eines Verteidigers aufgrund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint. In die Auffangregelung des § 140 Abs. 2 StPO wurde zusätzlich zur Schwere der Tat und zur Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die "Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge" aufgenommen.

 

Rz. 155.2

[Autor/Stand] Im Steuerstrafverfahren kommt eine Beiordnung eines Pflichtverteidigers wegen Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage in Betracht, insbesondere dann, wenn nicht abschließend geklärte Rechtsfragen namentlich aus dem steuerlichen Bereich entscheidungserheblich sind; z.B. bei rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit der Bilanzerstellung oder wenn in dem vorausgegangenen Besteuerungsverfahren vier voneinander abweichende Wertgutachten eingereicht worden sind, auf deren Bewertung es im Strafverfahren ankommt[9]. Notwendig ist eine Verteidigung jedenfalls (auch) dann, wenn sich die Frage eines Beweisverwertungsverbots aufdrängt[10]. Eine Bestellung soll auch erfolgen, wenn in dem Verfahren eine Verständigung nach § 257c StPO stattfindet oder stattgefunden hat oder auch nur erörtert wird, da die gesetzlichen Regelungen hierzu kompliziert und fehleranfällig sind (s. dazu näher Rz. 1237 ff.)[11].

 

Rz. 155.3

[Autor/Stand] Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist auch dann geboten, wenn im Strafbefehlsverfahren eine kurze Freiheitsstrafe zur Bewährung beantragt oder verhängt werden soll (so nun explizit § 408b StPO n.F. i.V.m. § 407 Abs. 2 Satz 2 StPO; Nr. 84 Abs. 3 Satz 1 AStBV (St) 2020; s. § 400 Rz. 83, AStBV Rz. 84) oder der Beschuldigte aufgrund eines Haftbefehls oder vorläufiger Festnahme dem Haftrichter zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorgeführt wird (s. Rz. 512).

Die einzelnen Anlässe für eine Beiordnung im Steuerstrafverfahren sind bei § 392 Rz. 35 aufgelistet.

 

Rz. 156

[Autor/Stand] Zum BVV bei Verweigerung der Verteidigerkonsultation bzw. unterlassener Hinzuziehung s. Rz. 1092; speziell zum Pflichtverteidiger s. Rz. 1093, 1130, wobei die Rspr. bei unterlassener Bestellung im Ermittlungsverfahren allein ein relatives BVV anerkennt[14].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch,...

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