Zusammenfassung

 
Überblick

Die Hinzurechnungsbesteuerung ist ein wichtiger Baustein der deutschen "Abwehrgesetzgebung" gegen die unerwünschte Nutzung internationaler Steuergestaltungen – vorrangig durch die Verlagerung von Einkunftsquellen auf ausländische verbundene Unternehmen. Sie beseitigt – einmalig im deutschen Steuerrecht – die Abschirmwirkung von ausländischen Kapitalgesellschaften, indem die im Ausland von einem eigentlich eigenständigen Steuersubjekt – der verbundenen ausländischen Kapitalgesellschaft – erzielten spezifischen Einkünfte der inländischen Muttergesellschaft bzw. dem Anteilseigner als eigene fikive inländische Einkünfte (wirtschaftlich: ausschüttbare Dividenden) zugerechnet werden.

Hinweis: Es wird ausschließlich die ab 2022 geltende Rechtslage nach dem ATAD-UmsG dargestellt. Bei einer unveränderten Norm können die Aussagen jedoch auch für die Vorjahre herangezogen werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung im AStG wurden 1972 ursprünglich erlassen, um inländische Steuerausfälle zu vermindern, die bis dahin dadurch erreicht wurden, dass Einkünfte auf ausländische, von Inländern beherrschte Kapitalgesellschaften in Niedrigsteuerländern, verlagert und von diesen thesauriert wurden, ohne dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 42 AO (seinerzeit: § 6 StAnpG) vorgelegen hätten.

Da jedoch Ende der 1980er-Jahre zunehmend Gestaltungen von Steuerpflichtigen und auch anderen Staaten (sog. "Maltamodell" (vgl. hierzu Tz. 7) bekannt wurden, in denen die Anwendung der §§ 7–14 AStG u. a. dadurch umgangen wurde, dass eine Beherrschung der ausländischen Kapitalgesellschaft durch Steuerinländer vermieden wurde, sah der Gesetzgeber sich genötigt, die Zugriffsbesteuerung mehrmals zu verschärfen und z. B. Sonderregelungen für sog. Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter oder Steuerrückerstattungen anderer Staaten zu treffen.

Die aktuellen Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung gehen auf die am 12. 7. 2016 verabschiedete BEPS-Richtlinie (oder auch ATAD-1-Richtlinie genannt) zurück. Diese vom Rat der Europäischen Union verabschiedete RL (Richtlinie 2016/1164, Anti Tax Avoidance Directive, Abl. 2016 I L 193, 1) enthält (u. a.) einen Mindeststandard für eine Hinzurechnungsbesteuerung. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, bestimmte niedrig besteuerte Einkünfte eines beherrschten ausländischen Unternehmens dem beherrschenden Unternehmen zuzurechnen (Art. 7 und 8 ATAD). Die Vorgaben der ATAD waren grundsätzlich nach Art. 288 AEUV als sekundäres Gemeinschaftsrecht mit Ablauf zum 31.12.2018 umzusetzen und ab dem 1.1.2019 anzuwenden (Art. 11 ATAD).

Diese RL reiht sich explizit in die von der OECD im Rahmen des BEPS-Prozesses formulierte politische Zielrichtung ein, dem Bemühen um Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung wirksame legislative Maßnahmen entgegenzusetzen (so die Erwägungsgründe der EU-Kommission). Nach Art. 7 der BEPS-RL sind die Mitgliedstaaten zur Einführung eines Hinzurechnungsbesteuerungssystems verpflichtet, um der künstlichen Verlagerung von Gewinnen in niedrig besteuerte ausländische Gesellschaften entgegenzuwirken.

In Deutschland erfolgte erst mit dem ATADUmsG (Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie, ATAD-Umsetzungsgesetz – ATADUmsG v. 25.6.2021, BGBI 2021 I S. 2035) die Umsetzung.

Erweitert wird die Hinzurechnungsbesteuerung durch das Steueroasengesetz (Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb – StAbwG – v. 25.6.2021, BGBl 2021 I S. 2056, zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes v. 20.12.2022, BGBl 2022 I S. 2730).

Neben dem Gesetzestext ist als wichtige Arbeitsunterlage auf das Anwendungsschreiben (ASAStG) der Finanzverwaltung zu verweisen. Das aktuelle ASAStG (BMF, Schreiben v. 14. 5. 2004, IV B 4 – S 1340 – 11/04, BStBl 2004 I S. 3) berücksichtigt die diversen Gesetzesänderungen ab 2004 und insbesondere die Neufassung des AStG 2021 grundsätzlich noch nicht. Bei unveränderter Normierung kann es jedoch zur Auslegung herangezogen werden.

Das Anwendungsschreiben folgt in seiner Gliederung streng dem Aufbau des Gesetzes, so dass bspw. in Tz. 7.6 Erläuterungen zu § 7 Abs. 6 AStG enthalten sind. Fehlende Textziffern sind kein redaktionelles Versehen, sondern dadurch zu erklären, dass zu dem entsprechenden Absatz des Gesetzes keine Aussagen getroffen worden sind (z. B. keine Aussage zu § 7 Abs. 5 AStG, daher auch keine Tz. 7.5).

Die dem Anwendungsschreiben als Anlage 3 beigefügten Schemata verdeutlichen, in welcher Reihenfolge die einzelnen Berechnungsschritte zur Ermittlung der nach den §§ 712, 14 AStG maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen durchzuführen sind und welche Besteuerungsgrundlagen im Rahmen der Feststellung nach § 18 AStG gesondert festzustellen sind.

Dieses Anwendungssschreiben steht aktuell zur Überarbeitung an. Ein Anhörungsentwurf wurde vom BMF am 19.7.2023 versandt und am 20.7.2023 per BMF-Newesletter veröffentlicht (vgl. BMF-Homepage). Der Entwurf wird nachfolgend mit AEAStG-E ...

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