Tz. 608

Stand: EL 79 – ET: 12/2013

§ 7 – Bestimmung des Einigungsbereichs

(1) 1Für ein verlagerndes Unternehmen, das aus der Funktion Gewinne zu erwarten hat, ergibt sich die Untergrenze des Verhandlungsrahmens (Mindestpreis des Einigungsbereichs) iSd § 1 Abs 3 S 6 AStG aus dem Ausgleich für den Wegfall oder die Minderung des Gewinnpotenzials zuz der ggf anfallenden Schließungskosten. 2Tats bestehende Handlungsmöglichkeiten, die das verlagernde Unternehmen als vom übernehmenden Unternehmen unabhängiges Unternehmen hätte, sind zu berücksichtigen, ohne die unternehmerische Dispositionsbefugnis des verlagernden Unternehmens in Frage zu stellen.

(2) In Fällen, in denen das verlagernde Unternehmen aus rechtlichen, tats oder wirtsch Gründen nicht mehr dazu in der Lage ist, die Funktion mit eigenen Mitteln selbst auszuüben, entspr der Mindestpreis dem Liquidationswert.

(3) 1Verlagert ein Unternehmen eine Funktion, aus der es dauerhaft Verluste zu erwarten hat, wird der Verhandlungsrahmen für das verlagernde Unternehmen durch die zu erwartenden Verluste oder die ggf anfallenden Schließungskosten begrenzt; maßgeblich ist der niedrigere absolute Betrag. 2In solchen Fällen kann es dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entspr, zur Begrenzung von Verlusten ein Entgelt für die Funktionsverlagerung zu vereinbaren, das die anfallenden Schließungskosten nur tw deckt, oder eine Ausgleichszahlung an das übernehmende Unternehmen für die Übernahme der Verlustquelle zu leisten.

(4) 1Das Gewinnpotenzial des übernehmenden Unternehmens aus der übernommenen Funktion ist regelmäßig die Obergrenze des Verhandlungsrahmens (Höchstpreis des Einigungsbereichs). 2Tats bestehende Handlungsmöglichkeiten, die das übernehmende Unternehmen als vom verlagernden Unternehmen unabhängiges Unternehmen hätte, sind zu berücksichtigen, ohne die unternehmerische Dispositionsbefugnis des übernehmenden Unternehmens in Frage zu stellen.

(5) Auch in den Fällen der Abs 2 und 3, in denen der Mindestpreis des verlagernden Unternehmens bei Null oder darunter liegt, ist nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu prüfen, ob ein unabhängiger Dritter nach § 1 Abs 3 S 9 iVm § 1 Abs 3 S 7 AStG bereit wäre, einen Preis für die Übernahme der Funktion zu bezahlen.

 

Tz. 609

Stand: EL 79 – ET: 12/2013

Der hypothetische Fremdvergleich nach § 1 Abs 3 S 5 AStG hat nach S 6 (mittels Funktionsanalyse und innerbetrieblicher Planrechnungen) den Mindestpreis des Leistenden und den Höchstpreis des Leistungsempfängers zu ermitteln.

Das Prinzip des doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nach § 1 Abs 3 S 6 AStG führt damit iRd Transferpaketbetrachtung bei einer betriebswirtsch Unternehmensbewertung zu folgenden Rechenschritten:

 
Abgebendes Unternehmen: Aufnehmendes Unternehmen:
Gewinnprognose vor Funktionsabgabe Gewinnprognose vor Funktionsübernahme
Gewinnprognose nach Funktionsabgabe
Gewinnprognose nach Funktionsübernahme
Minderung/Zuwachs Ertragswert Zuwachs Ertragswert
(= Differenz Reingewinn nach St)
(= Erhöhung Reingewinn nach St)
× Kapitalisierungsfaktor
× Kapitalisierungsfaktor
(grds unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum) (grds unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum)
= Kaufpreisvorstellung
= Kaufpreisvorstellung
(Preisuntergrenze) (Preisobergrenze)

Die Verordnung bestimmt in § 3 FVerlV als Ausgangspunkt die Gewinnerwartungen, wobei angemessene Kapitalisierungszinssätze (entspr Funktion) und im Regelfall ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum zu Grunde zu legen ist. Die regelmäßig vorhandene Differenz zwischen diesen Preisvorstellungen bezeichnet S 6 mit "Einigungsbereich". Im Einigungsbereich soll dann nach § 1 S 7 AStG der Preis mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zugrunde gelegt werden; soweit kein anderer Wert glaubhaft gemacht werden kann, soll der Mittelwert gelten

Wassermeyer (DB 2007, 525) weist darauf hin, dass die Vorstellung, dass ein solcher Bereich gar nicht entsteht, sondern der Höchstpreis des Übernehmens sogar den Mindestpreis des Übertragenden unterschreiten kann, nicht gesehen wurde.

 

Tz. 610

Stand: EL 79 – ET: 12/2013

Der gesetzgeberische Ansatz mit seiner Bezugnahme auf die Wahrscheinlichkeit wird in der Lit massiv kritisiert; diese Vorschrift sei nicht durchdacht, denn beim Begriff der "Wahrscheinlichkeit" handele es sich um einen statistischen Begriff, der die beobachtbare Häufigkeit einer Ausprägung bei im Prinzip beliebig oft wiederholbaren Vorgängen wiedergibt. Im Rahmen des relevanten hypothetischen Fremdvergleichs gelänge es aber nicht, eine höhere Wahrscheinlichkeit – also eine größere Häufigkeit einer Ausprägung – darzustellen, weil Ausprägungen gerade nicht beobachtbar sind. Diese könnten allenfalls "erdacht" werden (s Baumhoff/Dietz/Greinert, DStR 2008, 1945). Auch ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot wird gesehen.

 

Tz. 611

Stand: EL 79 – ET: 12/2013

Insoweit bleibt abzuwarten, welche Gründe einer Abweichung vom Mittelwert zugänglich sind. Hierzu besteht keine Aussage in der FVerlV. Es blei...

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