Leitsatz

Ein gemeinsames Wirtschaften i.S.v. § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG kann sowohl darin bestehen, dass die andere volljährige Person zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beiträgt, als auch in einer Entlastung durch tatsächliche Hilfe und Zusammenarbeit.

 

Normenkette

§ 24b Abs. 2 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger lebte in seiner Wohnung mit seinen zwei volljährigen Söhnen N und A; alle drei sind dort auch mit Hauptwohnung gemeldet. N befand sich in Berufsausbildung und ist als Kind zu berücksichtigen. A übte eine Vollzeitbeschäftigung aus und hat bekundet, dass er ohne jegliche wirtschaftliche Beteiligung im Haus seines Vaters wohne, keine Miete zahle und sich auch nicht an den sonstigen Kosten der Haushaltsführung (Energie, Reinigung, Verpflegung usw.) beteilige. Er trage seine persönlichen Kosten (Verpflegung, Kleidung, Auto und Freizeit) selbst und entlaste den Kläger nicht bei der Erfüllung der Aufgaben eines Alleinerziehenden.

Das FA veranlagte den Kläger für das Streitjahr einzeln zur Einkommensteuer und lehnte die Gewährung eines Entlastungsbetrags für Alleinerziehende ab, weil zwischen ihm und A eine Haushaltsgemeinschaft bestehe.

Das Niedersächsische FG (Urteil vom 11.3.2010, 5 K 197/09, Haufe-Index 2330175, EFG 2010, 1035) sah die Vermutung der Haushaltsgemeinschaft als nicht widerlegt an und wies daher die Klage ab.

 

Entscheidung

Die Revision wurde als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende i.H.v. 1.308 EUR dient der Wahrung des Besitzstandes der ehemals vom verfassungswidrigen Haushaltsfreibetrag begünstigten Steuerpflichtigen. Er ist trotz erheblicher Zweifel an seiner Sachgerechtheit verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom 22.5.2009, 2 BvR 310/07, BFH/NV 2009, 1578).

Der Entlastungsbetrag setzt voraus, dass zum Haushalt des Steuerpflichtigen mindestens ein Kind gehört, für das ihm ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht, und dass er keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet, es sei denn, dass diese bei ihm als Kind berücksichtigt wird oder ein Kind i.S.d. § 63 Abs. 1 Satz 1 EStG ist, das einen Dienst nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG leistet oder eine Tätigkeit nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG ausübt.

2. Die Haushaltsgemeinschaft wird gesetzlich definiert als gemeinsames Wirtschaften des Steuerpflichtigen mit einer anderen volljährigen Person in einer Wohnung; bei übereinstimmenden Meldeverhältnissen wird sie widerleglich vermutet. Bei der anderen volljährigen Person kann es sich um einen nicht ehelichen Lebensgefährten, einen eingetragenen Lebenspartner, aber auch um einen sonstigen Dritten oder um einen Verwandten wie z.B. das volljährige Kind des Steuerpflichtigen handeln.

3. Was kennzeichnet eine Haushaltsgemeinschaft: Ist dafür die Teilung finanzieller Lasten und ein "Wirtschaften aus einem Topf" erforderlich oder genügt die Zusammenarbeit bei der Haushaltsführung oder der Fürsorge für das dem Haushalt angehörende Kind?

Das BSG versteht unter einer Haushaltsgemeinschaft ein "Wirtschaften aus einem Topf". Im Sozialrecht mindert das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft jedoch Ansprüche auf soziale Leistungen, was auf der Vermutung einer (teilweisen) Bedarfsdeckung des Anspruchstellers z.B. durch Unterhaltsleistungen beruht.

§ 24b EStG soll dagegen fehlende Synergieeffekte aufgrund einer gemeinsamen Haushaltsführung mit einer anderen erwachsenen Person ausgleichen. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Doppelbelastung durch Erwerbstätigkeit und die alleinige Verantwortung für die Kinder die Gestaltungsspielräume bei der Alltagsbewältigung einenge und zu höheren Kosten für den alltäglichen Einkauf, die Deckung von Informations- und Kontaktbedürfnissen sowie Dienstleistungen Dritter führe.

Aus dem Gesetzeszweck hat der BFH abgeleitet, dass eine Haushaltsgemeinschaft nicht nur durch gemeinsame Kostentragung, sondern auch durch die Teilung häuslicher Aufgaben begründet werden kann, z.B. der Küchen- und Gartenarbeit oder der Beaufsichtigung des Kindes sowie der in der Wohnung tätigen Handwerker oder Verbrauchsableser. Würde eine Haushaltsgemeinschaft stets die finanzielle Entlastung des Elternteils durch die andere volljährige Person voraussetzen, dann müsste der Entlastungsbetrag auch Elternteilen gewährt werden, die mit einer weiteren von ihnen finanziell unterhaltenen Person (z.B. einem Großelternteil ohne hinreichende eigene Einkünfte) zusammen­leben, sowie Elternteilen in einer eheähnlichen ­Gemeinschaft oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, in der der andere Partner keine finanziellen Beiträge zu leisten vermag. Letzteres ist indessen ausdrücklich ausgeschlossen (§ 24b Abs. 2 Satz 3 EStG).

4. Das Fazit lautet: An einer Haushaltsgemeinschaft mit einer in derselben Wohnung lebenden volljährigen Person fehlt es grundsätzlich nur dann, wenn

  • diese einen vollständig getrennten Haushalt führt oder
  • jedwede Unterstützungsleistungen durch den Dritten ausgeschlossen erscheinen, wie z.B. beim...

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