Leitsatz

Klauenpflege ist keine Leistung, die unmittelbar der Förderung der Tierzucht dient.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 UStG, Art. 98 i.V.m. Anhang III Nr. 11 MwStSystRL

 

Sachverhalt

Der Kläger erbrachte Leistungen als Klauenpfleger und wendete auf diese Leistungen den ermäßigten Steuersatz an. Demgegenüber ging das FA davon aus, dass die Leistungen dem Regelsteuersatz unterlägen. Einspruch und Klage vor dem FG (FG München, Urteil vom 16.4.2013, 2 K 990/10, Haufe-Index 5062882, EFG 2013, 1179) hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.

 

Hinweis

1. Ermäßigt zu besteuern sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen. Das Erfordernis des unmittelbaren Dienens bezieht sich auf alle Tatbestände der Vorschrift.

Für die Unmittelbarkeit kommt es darauf an, dass die von der Vorschrift begünstigten Zwecke durch die jeweilige Leistung selbst gefördert oder begünstigt werden. Leistungen, die demgegenüber nicht selbst den begünstigten Zweck erreichen, sondern eine hierauf gerichtete Leistung erst vorbereiten oder lediglich begünstigen, reichen nicht aus. Danach dient z.B. die Klauenpflege nicht unmittelbar der Förderung der Tierzucht, sondern ist eine allgemeine Gesundheitsmaßnahme für die Nutztierhaltung.

2. Unionsrechtlich beruht § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG auf Art. 98 MwStSystRL in Verbindung mit Anhang III Nr. 11. Danach können die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz auf die "Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind, mit Ausnahme von Investitionsgütern wie Maschinen oder Gebäuden" anwenden.

Zwar steht es dem nationalen Gesetzgeber danach frei, weiter gehend als nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG einen ermäßigten Steuersatz für (fast) alle sonstigen Leistungen i.S.v. § 3 Abs. 9 UStG und damit für alle Dienstleistungen (Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL), "die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind", anzuordnen, wozu auch die Klauenpflege gehört.

Für die Mitgliedstaaten besteht dabei aber keine Verpflichtung, sondern nur das Recht, auf die im Anhang III zur MwStSystRL genannten Leistungen einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Zudem sind die Mitgliedstaaten befugt, die in Anhang III zur MwStSystRL aufgeführten Ermächtigungen auch nur selektiv auszuüben und auf einzelne konkrete und spezifische Aspekte der jeweiligen Kategorie von Dienstleistungen zu beschränken, sofern dabei der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird. Diesen Anforderungen für eine nur selektive Ausübung der Befugnis zur Schaffung eines ermäßigten Steuersatzes genügt § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG.

3. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerrechtlichen Neutralität ergibt sich auch nicht daraus, dass andere Mitgliedstaaten für dieselbe Leistung einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Denn der Neutralitätsgrundsatz richtet sich bei der Gesetzgebung nur an den jeweiligen Mitgliedstaat, sodass unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Regelungen, die auf in der Richtlinie vorgesehenen Ermächtigungen für die Mitgliedstaaten beruhen, nicht zu beanstanden sind.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.1.2014 – V R 26/13

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