Rz. 181

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG begünstigte Versorgungsleistungen sind wiederkehrende Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung – in der Regel zur vorweggenommenen Erbfolge – geleistet werden. Voraussetzung ist die Übertragung des in Rz. 180 genannten Vermögens aufgrund vertraglicher Regelung unter Lebenden mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge. Der Übergeber behält sich in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vor, die nun allerdings vom Übernehmer erwirtschaftet werden müssen[1]. Somit ist eine Versorgung insoweit gewährleistet, als der Vermögensübergeber durch die jeweilige Übertragung von begünstigtem Vermögen nicht länger selbst die Erträge aus diesem übertragenen Vermögen erwirtschaftet. Soweit im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung Versorgungsleistungen zugesagt werden, sind diese weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten.

 

Rz. 182

Eine nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG begünstigte Vermögensübertragung ist unter Angehörigen sowie unter Fremden möglich[2]. Bei der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen soll der Übernehmer nach dem Willen der Beteiligten – wenigstens teilweise – eine unentgeltliche Zuwendung erhalten. Bei der Vermögensübertragung auf Angehörige ist anzunehmen, dass die wiederkehrenden Leistungen nicht nach dem Wert des übertragenen Vermögens, sondern nach dem Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bemessen worden sind[3].

 

Rz. 183

Das Merkmal der Versorgung ist nur bei der Übertragung von Vermögen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG erfüllt, das ausreichend Ertrag bringt, um die Versorgung des Übergebers aus dem übernommenen Vermögen zumindest teilweise zu sichern[4].

 

Rz. 184

Versorgungsleistungen sind nur wiederkehrende Leistungen, die lebenslang auf die Lebenszeit des Empfängers gezahlt werden[5].

 
Praxis-Beispiel

V ist zu 80 % an der X-GmbH beteiligt und deren Geschäftsführer. V überträgt am 10.01.01 einen Anteil von 20 % an der X-GmbH auf seinen Sohn S. S verpflichtet sich im Gegenzug, wiederkehrende Leistungen i. H. v. monatlich 200 EUR an V zu zahlen. Am 01.01.04 überträgt V die restlichen 60 % an der X-GmbH auf S. S wird anstelle von V Geschäftsführer der X-GmbH. Er verpflichtet sich im Zuge dieser Übertragung, V zusätzlich monatliche Versorgungsleistungen i. H. v. 2.000 EUR zu zahlen[6].

Die wiederkehrenden Leistungen, die S im Zusammenhang mit der ersten Teil­übertragung an V zu zahlen hat, sind nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 Buchst. c EStG begünstigt, weil der übertragene GmbH-Anteil nicht mindestens 50 % betragen und S die Geschäftsführertätigkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht übernommen hat. Die Übertragung des Anteils von 60 % ist hingegen begünstigt, weil isoliert betrachtet alle Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 Buchst. c EStG erfüllt sind. S kann daher ab dem 01.01.04 jährlich 24.000 EUR als Sonderausgaben geltend machen. Im Gegenzug hat V ab 01.01.04 Einkünfte nach § 22 Nr. 1b EStG zu versteuern.

 

Rz. 185

Der sachliche Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit der Vermögensübertragung endet nicht, wenn der Übernehmer das übernommene Vermögen seinerseits im Wege der vorweggenommenen Erbfolge weiter überträgt. Geht die Versorgungsverpflichtung dabei nicht mit über, können die Versorgungsleistungen weiterhin abgezogen werden, wenn der Übernehmer diese aus ihm im Rahmen der weiteren Vermögensübertragung seinerseits eingeräumten Versorgungsleistungen oder aus einem an dem weiter übertragenen Vermögen vorbehaltenen Nießbrauchsrecht bewirken kann[7].

 
Praxis-Beispiel

Der 65-jährige V hat sein Einzelunternehmen im Jahr 01 gegen lebenslänglich zu erbringende wiederkehrende Leistungen von monatlich 5.000 EUR an seinen Sohn S übergeben. Im Jahr 21 überträgt S das Einzelunternehmen an seinen Sohn E. S erhält hierfür von E lebenslang monatlich 10.000 EUR. S ist aber weiterhin verpflichtet, an den inzwischen 85-jährigen V wiederkehrende Leistungen zu erbringen, die zwischenzeitlich in steuerlich anzuerkennender Weise auf 8.000 EUR monatlich angepasst wurden[8].

Die von S an V zu leistenden Zahlungen bleiben auch im Jahr 21 und in den folgenden Jahren Versorgungsleistungen und können von S als Sonderausgaben abgezogen werden. Korrespondierend muss V die von S erhaltenen wiederkehrenden Leistungen ebenso als sonstige Einkünfte versteuern, wie dies für S hinsichtlich der von E gezahlten Versorgungsleistungen der Fall ist.

 

Rz. 186

Nach dem Korrespondenzprinzip sind Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung vom Berechtigten als Einkünfte nach § 22 Nr. 1b EStG zu versteuern[9], wenn der Verpflichtete zum Abzug der Leistungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG berechtigt ist. Dabei ist unerheblich, ob sich die Sonderausgaben auch tatsächlich steuermindernd ausgewirkt haben[10].

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