Rz. 211

Als dritte Möglichkeit, die Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen sicherzustellen, sieht Nr. 3 eine Betriebsvermögenszuführung vor. Danach werden die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten, wenn der Körperschaft wesentliches Betriebsvermögen zugeführt wird. Systematisch ist hier eine gewisse Widersprüchlichkeit festzustellen. Wenn der Körperschaft in der Krise wesentliches neues Betriebsvermögen zugeführt wird, bedeutet dies, dass die wesentlichen Betriebsstrukturen gerade nicht erhalten, sondern durch die Betriebsvermögenszuführung verändert werden. Dies sieht das Gesetz aber offensichtlich als unschädlich an. Eine Grenze ist nur die Regelung in S. 4, wonach der Geschäftsbetrieb nicht eingestellt worden sein und kein Branchenwechsel vorliegen darf (Rz. 235).

 

Rz. 212

Die Betriebsvermögenszuführung muss grundsätzlich (zur Ausnahme Rz. 226) durch Einlagen erfolgen. "Einlage" ist die Einlage i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 7 bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Es kann sich also um Einlagen auf das Nennkapital handeln (Kapitalerhöhung) oder um Einlagen i. S. d. § 27 KStG, die in das steuerliche Einlagekonto einzustellen sind, also Einlagen in die Kapitalrücklagen oder steuerliche verdeckte Einlagen. Erforderlich ist die Zuführung neuen Aktivvermögens (Anlage- oder Umlaufvermögen; Bar- oder Sacheinlagen). Einlagefähig sind nur Wirtschaftsgüter, allerdings auch selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter (einschließlich eines Firmenwerts bei Einlage eines Betriebs oder Teilbetriebs). Nicht einlagefähig sind Nutzungsvorteile. Die Einlage kann als Kapitalerhöhung oder als (verdeckte) Einlage in die Rücklagen erfolgen. Fremdkapitalzuführungen, auch durch Gesellschafter, genügen nicht.[1] Bei einer Kapitalerhöhung muss die Einlage tatsächlich geleistet werden; ausstehende Einlagen werden daher nicht berücksichtigt. Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln führen nicht zu Einlagen, da der Körperschaft hierdurch kein neues Vermögen zugeführt wird. Auch die Aufnahme von Gesellschafterdarlehen ist keine Einlage.

 

Rz. 213

M. E. sind auch Vorgänge begünstigt, die keine Einlage sind, aber die gleiche Wirkung haben. Dies sind Verschmelzungen und Spaltungen, wenn die zu sanierende Körperschaft aufnehmender Rechtsträger ist. Für den Zeitpunkt der Zuführung ist dabei auf den steuerlichen Übertragungsstichtag abzustellen, also ggf. die Rückwirkung nach § 2 UmwStG zu berücksichtigen.[2] Nach § 2 Abs. 1 UmwStG ist das Vermögen der übernehmenden Körperschaft so zu ermitteln, als wäre es mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags übergegangen. Da es bei § 8a Abs. 1a KStG um die Zuführung von Vermögen geht, ist die Rückwirkung anwendbar. Dieses Ergebnis lässt sich auch damit begründen, dass für die Anwendung des Abs. 1 S. 7 die Berücksichtigung rückwirkender Vorgänge durch Abs. 1 S. 8 ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Daraus ist zu schließen, dass rückwirkende Vorgänge zu berücksichtigen sind, soweit keine dem Abs. 1 S. 8 entsprechende Regelung besteht. Auch die Einschränkung des § 2 Abs. 4 UmwStG erfasst den hier behandelten Fall nicht; dort geht es nur um die Verrechnung des Übertragungsgewinns mit Verlusten.

 

Rz. 214

Kein einlageähnlicher Vorgang ist allerdings die Upstream-Verschmelzung (Verschmelzung der Tochter auf die Mutter), da der übernehmenden Körperschaft dadurch im wirtschaftlichen Ergebnis kein neues Vermögen zugeführt wird.[3] Die Downstream-Verschmelzung (Verschmelzung der Mutter auf die Tochter) und die Sidestream-Verschmelzung (Verschmelzung von Schwestergesellschaften) erhalten aber das Sanierungsprivileg.

 

Rz. 215

Keine Einlage in diesem Sinn ist die erstmalige Begründung des inländischen Besteuerungsrechts nach § 4 Abs. 1 S. 7 EStG[4], z. B. durch Überführung eines Wirtschaftsguts aus einer ausländischen Freistellungsbetriebsstätte in das inländische Stammhaus. Dadurch wird der Körperschaft kein neues Betriebsvermögen zugeführt und Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auch nicht beseitigt.

 

Rz. 216

Die Betriebsvermögenszuführung muss innerhalb von 12 Monaten nach dem Beteiligungserwerb erfolgen. Es handelt sich nicht um ein Kalenderjahr, sondern um einen Zeitraum von 12 Monaten (365 Tagen) ab dem Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen bzw. rechtlichen Eigentums an den Anteilen, der die Rechtsfolgen eines schädlichen Beteiligungserwerbs auslöst. Der 12-Monats-Zeitraum beginnt daher mit dem Erwerb von mehr als 25 % bzw. dem Erwerb von mehr als 50 % der Anteile. Soweit ein Erwerb von mehr als 25 % und ein Erwerb von mehr als 50 % als schädlicher Beteiligungserwerb zusammentreffen, ist nach Abs. 1 S. 2 jeder schädliche Beteiligungserwerb für sich zu behandeln; damit beginnt auch mit jedem schädlichen Beteiligungserwerb ein neuer 12-Monats-Zeitraum. Es kann also bei einem Erwerb von mehr als 25 % und späterer Aufstockung auf mehr als 50 % der Fall eintreten, dass hinsichtlich des schädlichen Beteiligungserwerbs von mehr als 25 % die 12-Monats-Frist überschritten ist, hinsichtlich des schädlichen Beteilig...

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