Rz. 366

Zu den Gewinnausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhen, gehören auch zulässige Vorabausschüttungen. Vorabausschüttungen dürfen nur den von einem ordentlichen und gewissenhaften Kaufmann voraussichtlich zu erwartenden Jahresgewinn erfassen. Sie können nach dem Ende des Wirtschaftsjahrs, aber vor der Aufstellung und Beschlussfassung der Bilanz beschlossen werden, also für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr oder während des laufenden Wirtschaftsjahrs. Ein Gesellschafter, bei dem die Beteiligung zum Betriebsvermögen gehört, hat den Anspruch auf die Vorabausschüttung bereits im Zeitpunkt des Beschlusses über die Gewinnausschüttung zu aktivieren. Für diese Bilanzierung ist nicht auf den Zufluss der Gewinnausschüttung abzustellen.[1]

 

Rz. 367

Bei der AG sind Vorabausschüttungen nach § 59 AktG erst nach dem Ablauf des Geschäftsjahrs zulässig. Die Entscheidung hierüber erfolgt durch den Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats. Da der Beschluss über die Vorabausschüttung in diesem Fall nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr erfolgt, bestehen steuerlich keine Besonderheiten gegenüber einem ordentlichen Gewinnverwendungsbeschluss. Bei der GmbH ist eine Vorabausschüttung auf den erwarteten Gewinn des laufenden Geschäftsjahrs auch während des Geschäftsjahrs möglich. Der Beschluss hierüber ist von den Gesellschaftern zu fassen. Es ist handelsrechtlich ein ordnungsgemäßer Gewinnverwendungsbeschluss.[2] Steuerlich handelt es sich um eine Gewinnausschüttung, die zwar auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverwendungsbeschluss beruht, die aber nicht für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr erfolgt.

 

Rz. 368

Eine Vorabausschüttung hat nur vorläufigen Charakter; es handelt sich um einen Vorschuss auf den endgültigen Anspruch aus der Gewinnverwendung. Sie steht unter der auflösenden Bedingung[3], dass in der Jahresbilanz ein entsprechender laufender oder aus der Auflösung von Rücklagen resultierender Gewinn ausgewiesen wird.[4] Soweit dies nicht der Fall ist, tritt die auflösende Bedingung ein, eine bereits ausgezahlte Vorabausschüttung ist zurückzuzahlen.[5]

 

Rz. 369

Der Anspruch auf die Vorabausschüttung kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn über die endgültige Gewinnausschüttung beschlossen worden ist; sie überlagert die Vorabausschüttung.[6] Steuerlich wird die Rückzahlung der Vorabausschüttung als Einlage behandelt.[7] Das bedeutet, dass die steuerlichen Wirkungen der Vorabausschüttung[8] durch die Rückzahlung unberührt bleiben.

[5] BGH geht hierbei von einem Eingreifen des § 812 Abs. 1 S. 2 BGB aus, BGH v. 22.9.2003, II ZR 229/02, GmbHR 2003, 1420 Rz. 13; BFH v. 17.2.1993, I R 21/92, BFH/NV 1994, 83 Rz. 11; s. a. zu dieser in der Literatur umstrittenen Frage Seidler, BB 2019, 2987, 2990 m. w. N.
[6] OLG Hamm v. 5.2.1992, 8 U 159/91, DB 1992, 985 Rz. 17; FG Berlin v. 8.11.1993, VIII 54/91, EFG 1994, 409.
[8] Im Anrechnungsverfahren Herstellung der Ausschüttungsbelastung; KapESt BFH v. 17.2.1993, I R 21/92, BFH/NV 1994, 83; Einkünfte aus Kapitalvermögen bei den Gesellschaftern.

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