Rz. 114

Eine Betriebsstätte ist gem. § 12 AO eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient.[1] Insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung, eine Zweigniederlassung, eine Geschäftsstelle, Fabrikations- oder Werkstätten, ein Warenlager, Ein- oder Verkaufsstellen, Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen und Bauausführungen oder Montagen von mehr als sechs Monaten gelten als Betriebsstätten.

 

Rz. 115

Eine Betriebsstätte setzt eine feste Geschäftseinrichtung voraus. Nach der Rechtsprechung beinhaltet die Festigkeit einer Geschäftseinrichtung ein örtliches und ein zeitliches Element. Örtlich fest ist eine Geschäftseinrichtung, wenn ein Bezug zu einem bestimmten Teil der Erdoberfläche besteht.[2] Das zeitliche Element erfordert eine gewisse Beständigkeit im Sinne einer örtlich festen Einrichtung von einer gewissen Dauer.[3] Der Begriff "Geschäftseinrichtung" ist dabei weit auszulegen, sodass grundsätzlich jeder körperliche Gegenstand eine Geschäftseinrichtung darstellen kann.[4] So können selbst ein Laptop, ein Orderblock, eine Mustermappe oder der Bauchladen eines reisenden Händlers nach der Rechtsprechung eine solche Geschäftseinrichtung bilden.[5] Die Gefahr einer ausufernden Auslegung besteht dennoch nicht, da für das Vorliegen einer Betriebsstätte die Geschäftseinrichtung fest im oben genannten Sinn sein muss.

 

Rz. 116

Eine Geschäftseinrichtung dient nur dann der gewerblichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen, wenn er eine nicht nur vorübergehende Nutzungsmöglichkeit hat.[6] Ihm muss die tatsächliche Sachherrschaft zustehen, die ihm nicht ohne Weiteres entzogen werden kann.[7] Eine solche Verfügungsmacht, die über die bloße tatsächliche Möglichkeit der Nutzung hinausgeht, kann sich aus einer behördlichen Zuweisung oder rechtlichen Verfügungsmacht ergeben. Neben die Möglichkeit der Nutzung aufgrund behördlicher Zuweisung oder Rechtsgeschäft muss auch die tatsächliche Sachherrschaft treten. Diese fehlt z. B. bei den Anlagen eines Kehrbezirks eines Schornsteinfegers.[8]

Die Verfügungsmacht darf sich nicht nur auf eine einmalige, kurzfristige oder nur vorübergehende Ausübung beschränken. Erforderlich ist eine für eine gewisse Dauer bestehende Verfügungsmacht des Unternehmers.

 

Rz. 117

Die bloße Belegenheit von Vermögen begründet noch keine Betriebsstätte.[9] Dies gilt auch dann, wenn dieses Vermögen durch eine Kapitalgesellschaft genutzt wird, die kraft Fiktion nur gewerbliche Einkünfte erzielt. Dient das Wirtschaftsgut allerdings einer – kraft Fiktion – gewerblichen Tätigkeit und erfüllt es die anderen Voraussetzungen des § 12 AO, so liegt eine Betriebsstätte vor, auch wenn die Tätigkeit nicht originär gewerblich ist.[10] Dies gilt auch, wenn es sich bei dem Unternehmer um eine ausländische Kapitalgesellschaft handelt. Anders als im Bereich der beschränkten Steuerpflicht gem. § 49 EStG gilt für die GewSt die isolierende Betrachtungsweise gem. § 49 Abs. 2 EStG nicht. Die isolierende Betrachtungsweise dient bei der ESt bzw. KSt dazu, eine beschränkte Steuerpflicht im Inland unter den gleichen tatsächlichen Voraussetzungen herzustellen. Da Anknüpfungspunkt für die beschränkte Steuerpflicht der im Inland verwirklichte Sachverhalt ist, ist für die Frage der beschränkten Steuerpflicht auch nur auf diesen abzustellen. Die isolierende Betrachtungsweise trägt damit im Wesentlichen dem Umstand Rechnung, dass für unterschiedliche Einkunftsarten i. S. d. § 2 EStG unterschiedliche Anknüpfungspunkte für die beschränkte Steuerpflicht bestehen. Solche unterschiedlichen Anknüpfungspunkte bestehen im Bereich der GewSt nicht. Die GewSt erfasst nur gewerbliche Einkünfte. Der erforderliche Anknüpfungspunkt im Inland besteht stets in einer inländischen Betriebsstätte. Eine Unterscheidung zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht, die die Anwendung der isolierenden Betrachtungsweise rechtfertigt, besteht daher nicht.[11] Die Tätigkeit einer ausländischen Kapitalgesellschaft ist daher – unabhängig von ihrer originären Qualifikation – als gewerblich anzusehen.

Besteht eine Betriebsstätte, so gehören dazu alle Wirtschaftsgüter, die ihr zugeordnet sind, auch wenn diese momentan nicht betrieblich genutzt werden.[12] Dies hat insbesondere dann Auswirkungen, wenn sich z. B. ein Grundstück einer Betriebsstätte in einer anderen Gemeinde befindet. In diesem Fall liegt eine mehrgemeindliche Betriebsstätte vor.

Keine Betriebsstätte stellen Einrichtungen dar, die nicht unmittelbar der gewerblichen Tätigkeit des Unternehmers dienen.[13]

 

Rz. 118

Eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte gem. § 12 S. 2 Nr. 1 AO besteht an dem Ort, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet. Dies ist der Ort, an dem die für das Tagesgeschäft maßgeblichen Entscheidungen getroffen werden. Dieser kann sich im Büro des Geschäftsführers oder, wenn ein solches nicht besteht, auch in dessen Wohnung befinden.[14]

Ob eine Zweignied...

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